Review Eisheilig – Eisheilig

Kurz nach der Jahrtausendwende ließ die Wittener Gothic-Combo EISHEILIG mit dem selbstbetitelten Debütalbum erstmals aufhorchen. Damals nur in absoluten Untergrundkreisen bekannt, ging es durch den Vertrag mit Napalm Records recht bald ziemlich bergauf, nicht zuletzt ausufernde Live-Aktivitäten brachten der Band um Sänger Dennis eine breite Fanschar ein.

Mit einigen Alben in der Folge untermauerten sie die Stellung, eine der hoffnungsvollen Düsterkapellen im deutschsprachigen Bereich zu sein. Aber auch auf „Eisheilig“ sollte der geneigte Hörer ab und an mal zurückgreifen, denn diese Platte zeigt sehr schön die Basis, von der aus die Nordrhein-Westfalen operieren. Im Großen und Ganzen langsame Songs, die in eine dunkle Atmosphäre getaucht sind, aber trotzdem an einer gewissen Wärme nicht sparen. Manchmal klingen EISHEILIG latent aggressiv, häufiger aber emotional, die der nordischen Edda angelehnten Texte driften hier und da vom Persönlichen ins Philosophische ab. Natürlich läuft man bei der deutschen Sprache dabei Gefahr, im kitschigen Sumpf zu landen, größtenteils umschifft man diese Problematik aber.
Gänzlich klischeefrei bleibt die Musik natürlich auch nicht, die Trademarks sind bereits genannt, dazu kommt ein angenehmer Sound, der allerdings eventuell nötige Ecken und Kanten vermissen lässt. Hier wäre etwas mehr Mut zum Risiko nicht verkehrt gewesen, wie man es noch etwas besser machen konnte, zeigte man schließlich auf dem harscheren „Elysium“ einige Jahre später.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die beständige Langsamkeit in den Songs. Aggressiv sind die teilweise schon, das wurde eingangs angesprochen, aber die Geschwindigkeit bleibt größtenteils auf der Strecke. So drohen viele gute Nummern in einer etwas einschläfernden Tempogestaltung zu versinken, denn auch inhaltlich ähneln sich viele Lieder einfach zu sehr. Daran ist meiner Meinung am deutlichsten die Findungsphase von EISHEILIG auf dem Debüt zu erkennen.
Um nicht zu negativ zu klingen, seien hier noch einige positive Aspekte genannt, denn davon gibt es glücklicherweise noch genug. Mit „Tanz mit mir“ hat man beispielsweise nicht nur eine Spitzenballade an Bord, sondern einen Song, der über die Jahre quasi zu einer Art Bandhymne wurde. Wie praktisch alle Lieder basiert es auf einer ziemlich simplen Gitarrenmelodie, die im Gegensatz zu anderen auf dem Album aber ausgesprochen effektiv daherkommt. Auch sonst schleppt man nicht zu viel Ballast mit sich herum und bemüht sich sogar, einige kleine Kniffe einzubauen, so präsentiert man auf „Vater unser“ eine nette weibliche Stimme, die das sonst eher durchschnittliche Lied noch einmal aufwerten kann. „Sünder“ überrascht mit einem massiven Basseinsatz am Anfang, welcher von einer mächtigen Gitarrenwand regelrecht platt gewalzt wird, zudem findet, wer nur lange genug dran bleibt, als Hidden-Track am Ende des Albums ein recht gelungenes The-Doors-Cover („Lovestreet“).

Ja, man hat viel schlechtere Debüts gehört, wenngleich es auch bessere gab, keine Frage. Wer ehrliche Musik mit dem Hang zur Tragik mag und das eine oder andere Klischee nicht scheut, sollte sich eingeladen fühlen, EISHEILIG mal in ihrer Kinderstube zu besuchen. Ein sehr angenehmes Album, welches hindernisfrei zu konsumieren ist, echtes easy-listening eben.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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