Review Falkenbach – Ok Nefna Tysvar Ty

Nach sieben Demos und zwei Studioalben hat sich die in Düsseldorf ansässige Ein-Mann-Combo Falkenbach in der Szene einen beträchtlichen Ruf erspielt. Im Jahre 2003 veröffentlichte der Isländer – diesmal erstmalig mit Unterstützung einiger Gastmusiker der Band Vindsval, die bei seinem Label „Skaldic Art“ unter Vertrag steht – seinen dritten Geniestreich mit dem wie gehabt zungenbrecherischen Namen „Ok Nefna Tysvar Ty“, was soviel bedeutet wie „Und rufe zweimal Tyr“, der Herr zitiert hiermit wiederum die Edda.

Nordisch der Name, nordisch die Musik. Schon beim Opener „Vanadis“ erschallt Meeresrauschen und ein mächtiges Horn, worauf Streicher einsetzen und schon einen gigantischen wohligen Schauer versprühen. Nach knapp eineinhalb Minuten ertönt Vakyas‘ majestätische Stimme, getragen von langsam-bedächtigem Getrommel, leiser E-Gitarre und Bass sowie einem flötenähnlichen Keyboard. Sofort fühlt man sich in eine Welt lang vergangener Zeiten versetzt. Ein erstes Break kehrt die Stimmung um, unter bebenden Trommeln und Chören ertönt ein Schlachtruf. Nun liefert der Song Aggression und Vakyas gibt seine Growls zum Besten. Der Wechsel zwischen den episch-träumerischen Parts und den härteren Strophen vollzieht sich mehrmals und ist sehr gelungen. Schade, dass dieser Kontrast nur in diesem Song präsentiert wird, bei dem Rest des Albums beschränkt sich der Düsseldorfer auf die ruhigere Variante.
Eine leises, dezentes Gitarrensolo bringt den Song schließlich zum Ausklang, stets dominiert von den verspielten Keys. Nach neuneinhalb Minuten Bombast ist Schluss.

„…As Long As Winds Will Blow“ beginnt mit ebensolchen schönen Keyboardklängen, dazu wird im Wechsel eine Akustikgitarre eingestreut. Der Dreivierteltakt verleiht dem Stück etwas Tänzelndes, trotz des mittelschweren Tempos. Was hierbei noch auffällt, ist der im Gegensatz zu Vakyas‘ früheren Werken beinahe glasklare Sound der Scheibe, der bei diesen doch recht zarten Tönen sehr positiv erscheint. Die Keys schalten im Laufe des Songs zurück, und der hymnische Gesang tritt in den Vordergrund. Die Songstruktur bleibt simpel und nach etwa vier Minuten endet der zweitkürzeste Track dieser CD.
Hufgetrappel leiten „Aduatuza“ ein, was von einer Festung im tiefen Germanien erzählt. Etwas ruppiger legt das Lied los, kein Vergleich jedoch zu den Black Metal-lastigen Songs des ersten Albums. Vergleiche mit Bathory müssen sich Falkenbach insbesondere durch diesen Song, der merklich auf dominante Elektronik verzichtet, gefallen lassen. Genial ist jedoch bei beiden, wie simpelste Instrumentalisierung derartig gefallen kann. Besonders der Refrain ist sehr gänsehautverdächtig, die Strophen klingen dagegen etwas mau. Dennoch ein wirklich guter Song, auch wenn er nicht zu den Highlights des Albums zählt..

Dagegen kann Stück Numero 4 mit dem Namen „Donar’s Oak“ auf ganzer Linie überzeugen. Akustikklampfe und Flöte (oder halt auch Keyboard), sowie Chöre leiten den Höhepunkt der Scheibe ein. Hier kommt der epische Gesang am Besten zur Geltung, die Melodien sind absolut genial, sogar der Text (den man zwar schwerlich versteht, aber ist ja im Booklet nachzulesen) ist wirklich fein. Der Refrain ist auf isländisch und ein Zitat der Original-Edda. Der Oberohrwurm schlechthin, auch ist hier die Songstruktur durch Interlude und Akustiksolo zwar nicht gerade progressiv, aber deutlich aufgelockerter als beim Rest. Nach knapp 5 Minuten ist der Spaß leider schon vorbei, und „…The Ardent Awaited Land“ beginnt.
Dieses Remake des beinahe gleichnamigen Songs vom Debütalbum „En Their Medh Riki Fara“ ist komplett akustisch gehalten und entwickelt sehr guten Lagerfeuercharakter. Das Getrommel und die subtilen Chöre erschaffen superbe nordische Atmosphäre, das Gitarrenspiel tut sein Übriges. Was Vakyas schon mit „…Into The Ardent Awaited Land…“ gut gelang, ist hier noch einmal getoppt worden: Ein großartiges Stück Musik.

„Homeward Shore“ packt wieder die Verstärker aus, nachdem Wellengeräusche und eine Akustikgitarre ein kleines Intro bilden. Der Riff der Akustikgitarre setzt sich fort, und Backgroundgesang erzeugt Spannung. Auch hier treten wieder Erinnerungen an Alben wie „Hammerheart“ von Bathory auf, wobei mir Falkenbach durch eine größere Verspieltheit noch um Einiges mehr zusagt. Was bei „Homeward Shore“ am Besten ins Ohr geht, sind die häufigen Breaks, die den Song etwas vorantreiben. Ansonsten eiert der vorletzte Track gemütlich und entspannend vor sich hin, ohne weiter aufzufallen.
Auf zum Finale, das passenderweise den Titel „Farewell“ trägt. Mit Akustiksechssaiter und Streichern beginnt’s, dann erschallt das übliche Gerüst aus Midtempo-Drums, unauffälligen E-Saiten und majestätischen Vocals und dezenten sphärischen Synthies.
Nach zweieinhalb Minuten erscheint etwas Ruhe, der Song baut sich erneut langsam und bedächtig auf, und ein Keyboard/Flöte/wasauchimmer übernimmt mit einer schönen Melodie die Führung, die bald darauf von der Akustikgitarre wieder abgelöst wird. Der Gesang kommt in diesem Lied am deutlichsten zur Geltung. Nach fünfeinhalb Minuten durchbricht noch einmal eine Ruhephase das bestehende Gerüst, und der Track klingt, gelegentlich wieder von Keyboard/Akustik geführt, langsam aus.

Bei Odin, was für ein Genuss liegt hinter mir. Gut, man muss zugeben, Abwechslung innerhalb der Songs ist nicht immer großgeschrieben, auch wird instrumental nicht viel experimentiert.
Aber: Es funktioniert perfekt. Noch nie habe ich eine CD gehört, die mich besser, schöner, intensiver in die Welt von Drachenbooten, Met, Asen & Vanen entführte. „Skaldic Art“, wahre Dichtkunst hat Vratyas Vakyas hiermit erschaffen, „episch“ genügt kaum, um Falkenbachs Sound zu beschreiben. Schade ist vor Allem eins: Warum nicht mehr von den genialen Gesang/Growl-Wechseln wie im Opener? Ein klein wenig mehr Variation (auch was das Tempo anbelangt) hätte manchem Song doch noch gut getan, wenn ich überhaupt wagen kann, etwas an diesem Epos zu kritisieren. Auch dass der Gesang recht leise abgemischt wird, stört kaum, dazu ist dieses ganze Gebilde in sich einfach zu stimmig, wie aus einem Guss. Mit „Ok Nefna Tysvar Ty“ hat sich Vakyas (oder sollte ich ihn schon Bragi nennen?) zwar weiter von seinen schwarzmetallischen Wurzeln entfernt, aber sich im Gegenzug direkt ins Walhalla des Metal gespielt. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Düsseldorfer Skalde seine Drohung wahr macht und in naher Zukunft ein paar Konzerte spielt. Um Songs wie „Donar’s Oak“ oder „Aduatuza“ auf der Bühne zu erleben, würde ich, wenn es sich einrichten lässt, ganz Deutschland bereisen.

Wertung: 9.5 / 10

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