Review Fiddler’s Green – Acoustic Pub Crawl

Es ist kein Geheimnis: Bei vielen Bands, die sich bereits länger im Musikgeschäft halten können, ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem das Songrecycling einsetzt. Oftmals getarnt als Akustikalbum werden alte Kompositionen in neue Gewänder gesteckt, hin und wieder sogar mit neuen Elementen aufgepeppt und mit einem gewissen Nostalgie-Bonus mehr oder weniger erfolgreich auf den Markt gebracht. Die Qualitätsschwankungen der Ergebnisse sind dabei enorm, sind akustische Klänge besonders im Live-Umfeld nicht ohen Weiteres im Studio korrigierbar. Auch FIDDLER’S GREEN haben nun diesen Schritt gewagt und laden mit ihrem am 21. September erscheinenden „Acoustic Pub Crawl“ auf eine Zeitreise durch 22 Jahre vertonte Bandgeschichte ein.

17 ausgewählte Stücke fanden den Weg auf die Scheibe, die live an verschiedenen Orten auf der letztjährigen Akustik-Tour aufgenommen wurde: angefangen bei vor über 20 Jahren veröffentlichten Songs wie „The Creel“, „Days Of Yore“ oder „Don’t Come Again“ über Alltime-Favorites wie „Mary Mack“ und „Rose In The Heather“ bis hin zu aktuellerem Stoff wie „Highland Road“ und „Apology“. Doch wer glaubt, dass hier nur olle Kamellen mit einem Extraschuss Pepp aufgewärmt werden, hat sich getäuscht. Ganz so einfach haben es sich die alten Hasen des Irish Independent Speedfolks dann doch nicht gemacht: So fanden insgesamt drei neue Songs den Weg in die Clubs und auf den „Acoustic Pub Crawl“. Während das Traditional „Charlie“ mit seinem eingängigen Chorus die Feierlaune anheizt, beweist „Cripple Creek“ nicht nur Ohrwurmqualitäten, sondern auch, dass die sechs Musiker nach so langer Zeit des gemeinsamen Schaffens immer noch zu ungewöhnlichen wie begeisterungswürdigen Experimenten fähig sind. Der dritte unbekannte Titel mit dem tiefsinnigen Namen „Free Man“ erinnert durch seine Besinnlichkeit mehr an ein Stück von Sänger Albis Soloprojekt Albis Corner, stammt aber ursprünglich aus der Feder von Tim Wood. Geschickt am Ende des Albums platziert holt dieses Cover die irische Feierlaune wieder ein wenig auf den Boden der Tatsachen zurück.
Dadurch, dass alle Songs durchweg live aufgenommen wurden, geht der ein oder andere Song als Aufforderung zu einem akustischen Duell durch, bei dem schräge Töne und mehr als krachige Sounds gegen das feine Gehör antreten. Gerade die Ballade „Apology“ und das mehr als gewöhnungsbedürftige und durch das Megaphon äußerst breiig klingende „Mary Mack“ stellen auf dieser Platte zwei hartnäckige Gegner dar. Doch nichts wirkt unverfälschter und ehrlicher als schiefe Gesangspassagen und scheppernde Soundqualität. In gewisser Weise passen diese kleineren Qualitätsschwankungen sogar zum äußerst sympathischen Eindruck, den man besonders bei den Pausen und Ansagen zwischen den einzelnen Stücken erhält: Da arten kurze Geschichten von Pat vereinzelt in Zwiegesprächen mit den ersten Reihen aus. Gestärkt wird das ansprechende Konstrukt durch Anekdoten von übers Internet belegten Maultrommelkursen, vermeintlichen VHS-Lehrgängen im Triangelspielen und Lehrmeistern, die mit ihrem bewusstseinserweiternden Rauchwerk alten Stücken zu neuen Interpretationen verholfen haben (zu genießen ist das Endprodukt übrigens in „Highland Road“). Damit entsteht nicht nur eine gemütliche Pub-Atmosphäre, sondern auch eine gehörige Portion Unterhaltung abseits der irischen Akustikmusik.
Wirklich interessant wird das neue Werk durch diverse Spielereien mit unerwarteten Tempiwechseln sowie die akustische Umsetzung und die unterschiedlichen neuen Rhythmen, in die manche Songs gesteckt wurden. So wurde beispielswiese der unverblümte Songtext von „Bugger Off“ mit dem unschuldig klingenden traditionellen Walzertakt verschmolzen. Wie bereits zu vermuten ist, profitieren so manche Stücke vom „Unplugged“-Sound, bei anderen kann kaum ein Unterschied gehört werden (besonders bei den Traditionals wie „Irish Rover“ oder „Rose In The Heather“) und wieder andere wären besser in der ursprünglichen Version beibehalten worden, da sie etwas ihren mitreißenden Schwung verlieren, für den sie so geschätzt werden.

Einen Geniestreich darf man sich aufgrund der bereits angesprochenen in Teilbereichen eher mittelmäßigen Klangqualität insgesamt nicht erwarten. Doch auch wenn die Lieder zeitweise wie etwas höherwertige Kneipenmusik klingen, so bleibt die Absicht hinter diesem Album vom ersten bis zum letzten Ton erhalten: Altes und Neues im Akustikgewand fetzt! Mal mehr, mal weniger angenehm, aber: Es fetzt!

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Uschi Joas

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