Review Fiddler’s Green – Wall Of Folk

Der Titel der elften FIDDLER’S GREEN Studioscheibe macht unmissverständlich deutlich, was auf die Hörer zurollt: eine waschechte „Wall Of Folk“! Mit 14 kraftvollen Nummern rücken die Erlanger ihren Irish Independent Speedfolk auf ein Neues ins beste Licht. Weniger punkig-rotzig, dafür folkig-rockig und voller Lebensenergie präsentieren die Veteranen ihr neues Liedgut.

Bereits beim Titeltrack zu Beginn wird deutlich, dass bei den Fiddlers musikalisch eine kleine Wandlung stattgefunden hat. Während in den beiden Vorgängeralben „Drive Me Mad“ und besonders bei „Sportsday At Killaloe“ der wachsende Punkeinfluss nicht zu überhören war, so erinnert das neue Werk durch die stetig pulsierende Folkader an vergangene Zeiten. Unbeschwerte und leicht eingängige Melodien sorgen direkt beim ersten Hördurchgang für gute Laune und zuckende Gliedmaßen. Auch das bereits live-erprobte Instrumental „Tam Lin“ lädt ganz textfrei zum Tanzen und Springen ein. Die Songauswahl umfasst sowohl selbstgeschriebene Titel wie auch bekannte Traditionals in Form von „Irish Rover“, „Dirty Old Town“ oder „P Stands For Paddy“, von denen auf CD allerdings nur das letztgenannte einen wirklichen Mehrwert darstellt. Etwas schräg gerät die neue Clubhymne des 1. FC Nürnberg namens „Field Of Green / Nie Zu Spät“. Einen zweisprachigen Gesang aus Deutsch und Englisch gab es zuletzt vor vielen Jahren beim Livekracher „Shut Up And Dance“. Anno 2011 erinnert die neue Komposition an ein modernes „You Never Walk Alone“. Unterstützt wurden die Fiddlers dabei von Micha Rhein und Flex der Biegsame von In Extremo. Der Sprachenmix und Textzeilen wie „Mal sind wir down, mal sind wir top, you’ll never make us stop“ führen allerdings mehr zu ausgeprägtem Stirnrunzeln als kollektivem Gemeinschaftsgefühl.

Vereinzelt wird die irische Folkparty von ruhigen Momenten wie „Lost To The Moon“ unterbrochen, die sehr an Albis Soloprojekt Albi’s Corner erinnern. Dass Fiddler’s Green selbst im elften Anlauf nicht vor Experimenten zurückschrecken, beweist wiederum das countrylastige „Walking High“. Diese amerikanische Facette steht dem Sextett gut zu Gesicht, ist aber auf Dauer mäßig spannend. Gleiches gilt für „Greens And Fellows“, welches musikalisch zu sehr an „Dirty Old Town“ und Co. erinnert. In diesen Momenten rollt die „Wall Of Folk“ weniger gewaltig, doch die Arrangements der locker-flockigen bzw. balladesken Nummern entschädigen etwas für die fehlende Power. Ein bis zwei Stücke weniger hätten dem Album am Ende jedoch nicht geschadet, gerade im traditionell-irischen Bereich.

Abgesehen von der Anzahl der Songs überzeugt die sehr gute Produktion mit einem ganz klaren Fokus auf ausreichend Spielraum für alle Instrumente. Selten klang der irische Rock’n’Roll so dynamisch und spannend. Im Sangesbereich fällt auf, dass der Stimmanteil von Pat als Leadsänger angestiegen ist. Stand das neueste Bandmitglied früher sinnbildlich für die neuen Punkelemente, so überzeugt Pat dieses Mal mit seinem Klargesang u.a. bei „Victor And His Demons“.

Abschließend empfehlen möchte ich noch die Bonus-CD der Deluxe-Edition. Neben einer englischsprachigen Version von „Fields Of Green“ und dem Traditional „I’ll Tell Me Ma“ verbirgt sich dort mit „Yindy“ noch ein echtes Highlight. Ob in der Standard- oder Extended-Version, die „Wall Of Folk“ steht wie ein Fels in der Brandung, irisch-modern und dennoch mit traditionellen Wurzeln. Der Fiddler’s Sound lebt und bebt – auch die perfekte Einstiegsdroge.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Uschi Joas

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