Review Frozen Infinity – Fragments of I

„Die deutsche Antwort auf ‚Children of Bodom‘ und ‚In Flames'“ tönt es vollmundig vom Infoschrieb der jungen freiburger Band FROZEN INFINITY. Ob man die 2001 unter dem Namen Tears of Fate gegründete Band den Mund da nicht etwas voll nimmt, beziehungsweise Assoziationen heraufbeschwört, die sie lieber hätten ruhen lassen sollen, weil sie dem eigens angestellten Vergleich nicht standhalten können? Fragen über Fragen, auf die die Debut-CD „Fragments Of I“, bereits das dritte Werk der Jungs nach der Demo „The Damnation EP“ und der Single „Suicidal Seraphim“ (die übrigens auch auf dem Album enthalten ist) eine Antwort geben möchte. Na ob die eher positiv ausfällt?

Wenn ich nach den ersten sechs Tracks von „Fragments Of I“ gehen müsste, dann würde sie sehr positiv ausfallen, aber es kann auch damit zusammen hängen, dass ich In Flames seit ihrer zweiten CD nicht mehr leiden kann und auch Children of Bodom eher wenige Steine bei mir im Brett haben, dass ich behaupten würde, dass die knappe erste halbe Stunde des immerhin 65 minütigen Werks die finnischen und schwedischen Kollegen ganz gut in die Tasche steckt. Das Intro schlägt zwar noch ruhigere Töne an (erinnert mich ein wenig an Insomniums „The Gale“), wildert im Midtempo und hat ein paar nette Riffs und ein paar coole atmosphärische Keyboard-Arrangements zu bieten, macht auf jeden Fall laune. Und auch danach setzen FROZEN INFINITY sich noch nicht in die Nesseln, die Band besticht durch flinkes, melodisches Riffing, timingsichere Drums (wer dahinter saß, ich weiß es nicht, aber wenn’s ein Drumcomputer war, dann fällt’s absolut nicht auf), nette Keyboardeinwürfe, atmosphärische Breakdowns inklusive Akustikgeplänkel und… naja, der Gesang von Frontmann Michael ist dann leider nicht ganz so gelungen. Zwar recht voluminös aber doch eher eintönig growlt er sich durch die Landschaft, wann immer er Screams auspackt, dann wird die Sache cooler, aber allgemein würde ich seine Vocals nicht als Höhepunkt des Genres bezeichnen. Ist aber nicht schlimm, zum Fürchten sind sie nämlich auch nicht.

Und nach etwa zehn Minuten kommt dann auch schon der erste richtige Hammer um die Ecke: „For Those Who Died“. Die beiden Vorgängersongs „The Shattered Image“ und „To Betray“ sind zwar auch schon gut, aber der… woah. Die „großen Vorbilder“ In Flames und CoB höre ich da jetzt nicht so raus, viel mehr klingt das Ding nach einer starken Mischung aus SuidAkrA (auch wenn ich die Flöte im Intro etwas komisch finde) und Kalmah („Ready For Salvation“ oder aber auch „The Groan Of Wind“ kommen mir da ein wenig in den Sinn), auf jeden Fall extrem geil, macht viel Spaß und könnte bei mir quasi dauernd rotieren. Ich habe echt lange keinen so genialen Song mehr aus diesem doch etwas ausgelatschten Genre gehört.

Danach machen FROZEN INFINITY gewohnt weiter und mit „Nevermore“ kommt dann auch schon ein Song um die Ecke, der irgendwie klaren Rausschmeißercharakter hat. Was denn, schon vorbei die Scheibe? „Leider“ nicht, muss ich sagen, auch wenn ich das gar nicht so böse meine, wie es auf den ersten Lauscher klingt. „Nevermore“ hört sich wie gesagt wie ein schnieker Abschlusssong an und könnte damit prima eine halbstündige EP beenden, die „Fragments Of I“ hätte werden können, denn bis zu diesem Punkt ist die Scheibe noch eine sehr homogene Angelegenheit und das ohne zu langweilen. Aber halt, sie ist ja gerade erst halb rum. Und irgendwie fällt ab „Godless You“ irgendwie alles außeinander.

Coole Songs werden hier und da immer noch geboten, der „absolute Bandklassiker“ (so der Promozettel) und erste jemals geschriebene Song der Jungs „After The Storm“ zum Beispiel, oder das windschnittige „The Everwicked“ mit den coolen Gitarren-Leads. Auch der tatsächlich Abschluss „Dreaming Of Entropy“ hat seine starken Augenblicke, aber zwischen den coolen Titeln findet sich dann wieder langweiliges Füllwerk, zum Beispiel das ganz dreist bei Dark Tranquillity geklaute „Suicidal Seraphim“ (klingt fast identisch zu deren „UnDo Control“ vom „Projector“-Album) oder „The Fall Of Mankind“, das wirklich so gar keine eigenen Akzente setzen kann und im Refrain ziemlich kräftig nervt. Auch versprüht die CD in der zweiten Hälfte absolut keine Einheit mehr, es klingt alles wie zufällig aneinandergereiht, nicht so, als ob noch ein Konzept hinter der Trackliste gesteckt hätte.

Ganz anhörbar ist das Zeug dann trotzdem noch, FROZEN INFINITY finden einen sehr eigenen Mittelweg zwischen dem Melo-Death der Götheborger Schule und dem eher vom Power Metal inspirierten Zeug, das Children of Bodom, Norther oder auch Kalmah (mit Abstrichen) sich auf die Fahne geschrieben haben. Es hört sich weitestgehend schmerzfrei, aber die Großtaten, die die erste Hälfte der CD noch bestimmt haben, sind gegen Ende fast schon vergessen, ja man muss sich doch fragen, ob das denn noch dieselbe Band ist, oder einfach nur ein ideenloser Abklatsch, der einen ähnlichen Stil spielt.

„Fragments Of I“ ist also mitnichten eine schlechte CD, aber wenn man die Trackliste etwas ausgemistet und umgestellt hätte, dann wäre das Ding wesentlich kurzweiliger und besser geworden. Für Fans des Genres aber allemal antestenswert und wenn die Knaben den eingeschlagenen Weg weitergehen und bei der nächsten CD etwas fokussierter arbeiten, dann könnte die eine richtige Bombe werden, ich bin jedenfalls mal gespannt und vorsichtig optimistisch.

Wertung: 6.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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