Review Saltatio Mortis – Sturm aufs Paradies

Mit „Sturm aufs Paradies“ melden sich SALTATIO MORTIS zwei Jahre nach „Wer Wind Sät“ mit einem neuen Studioalbum zurück. Doch auch in der Zwischenzeit blieben die Karlsruher nicht untätig: Zum zehnjährigen Bandjubiläum 2010 veröffentlichten sie ihre erste Live-DVD namens „Wild und Frei“. Dieser Titel bzw. Ansatz lässt sich bedenkenlos auf die neue CD übertragen. Allerdings lauscht das Ohr auch manch bekannter Melodie und manch bekanntem Text.

Auf die Quintessenz reduzieren – so lautete der Ansatz der süddeutschen Mittelalterrocker. Und dieser ist bei „Sturm aufs Paradies“ deutlich hörbar. Die Songs marschieren mit Eigenleben und das Gesamtbild des Albums ist ein ungemein homogenes. Die 13 Stücke wirken wie aus einem Guss und schließen konsequent an „Aus der Asche“ und „Wer Wind sät“ an.
Im Gegensatz zu Subway to Sally verlieren Saltatio trotz zunehmender Rockausrichtung ihre Folkwurzeln nicht aus den Augen. Einen maßgeblichen Anteil daran dürfte auch das neue Bandmitglied Luzi das L (Ex-Schelmish) haben, der als markterprobter Spielmann mehrere Dudelsackspuren zu „Habgier und Tod“ und „Nach Jahr und Tag“ beisteuerte. Ob dem modernen SaMo-Soundbild unter dem Strich ein weiterer Sackpfeifenspieler gefehlt hat, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Einerseits werden die Klangspuren der Säcke nur gedoppelt, ohne dass einer der Musiker von der Melodiefolge abweicht. Andererseits wird der Sound dadurch wuchtiger.

Die Melodien wecken hingegen öfters Erinnerungen an bereits Vorhandenes: Bei „Ode an die Feindschaft“ zitieren Saltatio Mortis sogar „Wir säen den Wind“ vom letzten Album. Nur wird dieses Mal nicht „Lauter als erlaubt“, sondern „Merkt euch diesen Satz“ geschrien. Kein kreativer Meilenstein, aber zweckmäßig. Plattitüden wie „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“ oder „Die Zeit heilt alle Wunden“ sind jedoch gänzlich überflüssig und erinnern vom literarischen Nährwert verdächtig an In Extremos „Sterneneisen“. Live funktioniert beides anstandslos, doch im heimischen Wohnzimmer stutzt man vereinzelt und wundert sich.

Intelligenter ist der Ansatz bei „Habgier und Tod“. Dort wird mit „Nehmen ist seliger als Geben“ ein bekanntes Sprichwort einfach umgedreht und auf die gierigen Bänker umgemünzt, die die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 verursacht haben. Doch die Botschaft klickt nicht auf Anhieb: Es dauert, bis dieses und andere Stücke ihren Charme und langfristigen Nährwert offenbaren. So ist auch Lasterbalks Jeanny-Hommage „Hochzeitstanz“ ein ungewohnter Sound für SaMo-Fans, doch besonders in Verbindung mit dem Video entfaltet der Track beim wiederholten Hören sein volles Potential.

Leichter zugänglich ist das fröhliche „Eulenspiegel“ – ein marktgeeignetes Stück, das live potentiell zum Selbstläufer mutieren wird, so nicht bereits geschehen. Hier geht das einfach gehaltene Rockkonzept im Folkkontext voll auf. „Spiel mit dem Feuer“ schlägt in die gleiche Kerbe, weckt aber starke Erinnerungen an Subway to Sallys „Tanz auf dem Vulkan“.
Leider verkümmert der „Sturm aufs Paradies“ vereinzelt zu einem laueren Lüftchen und die schnellen Kompositionen gehen nicht mehr so in Fleisch und Blut über wie „Spielmannsschwur“ und „Uns gehört die Welt“.
Im Gegenteil: Die stimmliche Färbung von Alea schlägt in „Fiat Lux“ arg auf Trommelfell und Gemüt, während das Pianointro der Ballade „Gott würfelt nicht“ einen unnötig unheiligen Touch hat. „Orpheus“ schließt an „Salomé“ an, nur eben ohne Duettgesang und mit einem Hauch mehr Spielmannsfreiheit. Das unterhält kurzfristig sporadisch, auf mittlere Sicht länger – begeistert langfristig aber nicht. Ein Urteil, wie es mir für „Sturm aufs Paradies“ insgesamt passend erscheint.

Wertung: 6.5 / 10

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