Review Sun Of Sadness – Ghost

Ich muss zugeben, dass ich beim Hören der CD mehrfach überrascht worden bin. Zum ersten Mal gleich zu Beginn, als ich mich fragte, wie La Grande Popp auf die Idee kam, diese CD mir als altem Gotiker zur Rezension zu schicken. Mein erster Eindruck war, dass diese recht harsche Musik doch viel eher bei einem unserer „Blackies“ aufgehoben wäre.Die zweite Überraschung ereilte mich aber schon kurze Zeit später, als ich nach nur ca. 1,5 Durchläufen feststellen durfte, dass mir dieses Langeisen ziemlich zusagt. Doch bevor ich näher auf „Ghost“ eingehe, möchte ich kurz ein paar Infos zur Geschichte der Band loswerden, da sie möglicherweise noch nicht jeder kennt.

SUN OF SADNESS gibt es bereits seit 11 Jahren, aber aus diversen glücklichen und unglücklichen Umständen erschien das angesprochene „Ghost“ nach „Picture“ (2001 über M.O.S.Records/Novamedia, leider ging das Label bald pleite) als zweites offizielles Album erst kürzlich (zuvor hatte die Band bereits Kontakt zu unterschiedlichen anderen Labels, aber es klappte nie, so dass nach „Picture“ „nur“ ein Album über die Homepage veröffentlicht werden konnte („Forest“)). So gesehen haben wir es hier beinahe mit einem Debüt zu tun.

Wenden wir uns nun also der Platte an sich zu. Zunächst einmal fällt die schöne Homogenität zwischen Artwork, Texten und Musik auf, der Gedanke eines Konzeptalbums drängt sich schnell auf. Beim Betrachten der Titel und dem Lesen der Texte kommt es mir jedoch so vor, als wenn die Geschichte rückwärts erzählt würde: wenn man die Titel von hinten nach vorne nimmt, ergibt sich hier auch durchaus Sinn, denn am Anfang steht die Distanz zum Leben, gefolgt von einem Abschiedsbrief, Tod, Beerdigung und so weiter. Da jedoch wie die Musik die Texte einen gewissen Anspruch haben, lässt sich die Richtigkeit dieser Annahmen nicht verifizieren.

Ebenso ungewöhnlich wie das textliche Vorgehen ist oft auch die Musik. Okay, dem Hörer wird es nicht leicht gemacht; mit Riffs, mit denen andere Bands ein ganzes Album aufnehmen, machen SUN OF SADNESS nicht einmal einen Song. Abwechselungsreichtum wird hier ganz groß geschrieben, zarte Gedanken in Richtung Opeth kommen auf (mit dem Unterschied, dass die Songs bei SUN OF SADNESS maximal sieben Minuten lang sind). So wird beispielsweise der zweite Song, „Falling Down“ zunächst durch flotte Blastbeats angetrieben, um dann über eine kurze Keyboardpassage in einen atmosphärischen, doom-ähnlichen Teil zu münden, an den sich wieder ein Ausbruch an Aggression in Form von blastbeat-begleitetem Gekeife von Shouter Martin anschließt. Auch das folgende „Cold“ überzeugt durch eine schöne Mischung aus dreckigen Gitarren, filigranen Keyboards, akustischen Einsprengseln, treibenden Grooves und tiefen Growls. Man könnte so jetzt das Album Song für Song auseinandernehmen, aber dies würde hier erstens den Rahmen sprengen und zweitens vielen sicher die Spannung auf dieses kurzweilige Werk nehmen. Auf einen Song möchte ich hier aber dennoch näher eingehen, denn „Abschiedsbrief“ ist ein wirklicher Hammer geworden, hier findet man alles, was das Herz des anspruchsvollen Metal-Hörers begeistert: ein extrem ruhiger Anfang, verzweifelt gehauchte Vocals, dann Rhythmik durch Akustikgitarren und einen gut hörbaren Bass (!). Richtig geil wird der Song aber erst am Ende, denn Dynamik und Atmosphäre steigern sich in immer höhere Sphären. Großartig! Aufgelockert wird die CD durch insgesamt vier Instrumental-Stücke, die sich alle in einem Bereich von zwei bis drei Minuten bewegen und so für zusätzliche Abwechselung sorgen.

Die abschließende Bewertung mag vielleicht beim geneigten Leser zunächst auf etwas Unverständnis treffen, allerdings gebe ich zu bedenken, dass wir es hier an sich mit einem Debüt-Album zu tun haben, wo trotz allem überschwänglichen Lob sicher noch Kleinigkeiten auszumerzen sind und außerdem soll dieser ungewöhnlichen Band die Möglichkeit gegeben werden, ihr Talent und großes Potential noch sehr viel mehr auszuschöpfen.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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