Interview mit Fenriz von Darkthrone

DARKTHRONE sind neben Mayhem der Inbegriff der Black-Metal-Bewegung der frühen Neunziger in Norwegen. Heute erinnert nur noch das Bandlogo an diese Zeit, denn musikalisch haben sich Fenriz und Nocturno Culto sehr weit von ihrem damaligen Schaffen entfernt und sich dem Kampf gegen den modernen Metal verschrieben. Was die beiden Männer unter diesem Kampf verstehen und was vom neuen Album „The Underground Resistance“ zu erwarten ist? Fenriz hat uns einige Fragen dazu beantwortet.


Hallo Fenriz, danke, dass du dir etwas Zeit genommen hast. Wie geht’s dir? Welches Album hörst du gerade beim Fragen beantworten?
Normalerweise höre ich mir nichts an, während ich Interviews gebe – ich kann mir da einfach nicht merken, was gerade lief. Ich hab noch vor Tröjan und das neue Year Of The Goat Album anzuhören. Außerdem will ich noch den neuen „Manic Monday Metal Podcast“ (Dylan Hughes Radio Show) und Peps Persson hören.

Ist „The Underground Resistance“ euer nächstes Statement gegen all den seellosen, modernen Plastiksound? Warum ist es wichtig, sich zu wiedersetzen?
Wenn wir uns nicht wehren würden, würde Metal immer moderner werden. Wie Rammstein auf Crystal Meth in einem Mädchenkleid… oder so ähnlich. Gut, dass sich immer irgendjemand gewehrt hat. Heute scheinen 40 Prozent alle Metalveröffentlichungen den alten Sound und Style wieder zu begrüßen. Danke Underground Resistance!


Welche Rolle spielt Darkthrone in diesem Widerstand?
Die Rolle des Wachhunds! Kluge Männer sehen ihre Fehler ein und auch, was wirklich von Bedeutung ist. Aber kann man es wirklich Fehler nennen, wenn man sieht, wo es hingeführt hat? Typisches Thema für Songtexte (lacht)!

Ich empfinde „The Underground Resistance“ etwas heavier und dunkler als „Circle the Wagons“! Aber wieder fühlt es sich an, wie eine Reise durch den klassischen 80er Jahre Thrash-, Speed-, Heavy Metal und Hardcore-Punk. Kannst du mir ein paar Bands nennen, die euer neues Album beeinflusst haben?
Ich kann nur für meine Lieder sprechen und im Booklet versuche ich, wie immer, so ehrlich wie nur möglich zu sagen, was mich inspiriert hat. Meine drei Songs der Reihe nach.
“Valkyrie”: “The Ides Of March” – Iron Maiden, “Gypsy” – Uriah Heep 1970, typischer 1984/85 Speed Metal, “How Many Tears” – Helloween 1985 und der Refrain stammt von mir.
“The Ones You Left Behind”: Savage Grace und Agent Steel mit Iron Maiden (vielleicht “Losfer Words” oder “Big Orra”).
“Leave No Cross Unturned”: Wieder Savage Grace und Agent Steel, alte Celtic Frost, Pentagram, Slayer – 80er Heavy Metal im Allgemeinen.

Besonders “Leave No Cross Unturned” ist großartig. Ich bin mir sicher, dass es in ein paar Jahren als Klassiker gelten wird. Das sind deine besten Celtic-Frost-Riffs seit „Panzerfaust“. Ich kann mich an keinen Darkthrone Song erinnern, der länger als 10 Minuten dauert. Was steckt dahinter?
Naja, „Kathaarian Life Code“ war elf Minuten lang oder sowas. Die Geschichte war so, dass die Stellen mit den Celtic Frost Riffs lang und langsam wurden. Und dann hatte ich bereits die schnellen Parts – ich dachte, die dauern nur anderthalb bis zwei Minuten. Aber sie waren länger und mussten zweimal gespielt werden. Also habe ich noch eine richtiges schweres Riff zum Celtic-Frost-Zeug hinzugefügt, alles zweimal wiederholt und auf einmal war er an die 10 Minuten lang.Ich hatte auch noch einen anderen Song, den ich 2010 geschrieben habe und bis auf den letzten Riff komplett verworfen habe. Diesen habe ich aufgehoben, weil ich finde, dass es ein super letzter Riff war. Ich wollte ihn am Ende von „Leave No Cross Unturned“ haben, musste ihn aber ausarbeiten (dachte ich zumindest), dann wiederholt spielen und ein Ende hinzufügen (wir waren früher immer richtig scheiße mit den Enden, heutzutage versuchen wir es besser zu machen). Jedenfalls war der verdammte Song dann zu lang. Ich wollte ihn nach etwa neun Minuten ausklingen lassen, aber Ted hat mich gebeten, nochmal darüber nachzudenken, ihn so zu belassen. Das habe ich dann auch so getan. Die Online Version ist auf die Hälfte gekürzt, wurde aber bereits von 90.000 Leuten angeklickt, glaub ich… Uff…

Drei von sechs Songs sind von dir, Ted hat die anderen geschrieben, richtig? Ist jeder Song konsequent von einem von euch geschrieben? Teilst du Ideen für einen Song mit Ted? Bitte gib mir ein paar Details über den Songwriting-Prozess und wie du mit Ted zusammenarbeitest.
Nein, nein, nein. Nach den Aufnahmen zu „Blaze In The Northern Sky“ habe ich gesagt, von nun an sollten wir anders arbeiten – nämlich eigenständig. Das haben wir letztendlich auch gemacht. Wir haben seit dem nur zwei Songs zusammen geschrieben, „God Of Disturbance And Friction“ und „Rawness Obsolete“. Jeder von uns hat seinen Song und wir treffen uns, um sie zu einzuüben und aufzunehmen. Nichts weiter als das. Ich mache meine Gesangsaufnahmen am gleichen Tag, Ted macht seine später zu Hause fertig. Wir rücken vorher nur ganz wenig bis gar keine Infos raus, bevor wir uns treffen. Wir harmonieren gut miteinander – es wäre für uns und alle anderen langweilig, wenn wir die Songs perfekt spielen würden. Deshalb nehmen wir so schnell wie möglich auf. Wir arbeiten erst seit 2005 so, aber vorher haben wir viele andere Wege ausprobiert, auch normale (lacht).

Mit „The Cult is Alive“ habt ihr eine Brücke zwischen Hardcore-Punk und Black Metal geschlagen. Warum war es ein logischer Schritt diese Genres zu verknüpfen?
Ich finde nicht, dass wir das getan haben. Ich habe zu der Zeit auch Rockiges wie Motörhead und ähnliches gespielt und obwohl ich das Album fünf Jahre lang nicht mehr gehört habe und mich kaum noch erinnern kann. Es waren mehr Black/Thrash-Riffs, die ich da geschrieben habe. Ich denke, wir sind seit „Hate Them“ ganz abwechslungsreich als Band, genauso, wie wir in unseren Anfangsjahr 1988 waren.


Kennst du ein paar gute Bands die es andersrum machen? Die Black Metal in ihre Punkmusik mischen?
Ich kenne viele, aber nicht viele die es bewusst gemacht haben – eher durch Zufall vielleicht. Es ist komisch, aber ich mag es, wenn Dinge zufällig passieren. Und ich selbst war darin nie gut, trotzdem spüre ich, dass es da draußen viel Musik gibt, die noch geplanter klingt als meine eigene. Ich war immer der Meinung, Celtic Frost waren gut darin – ja vielleicht sogar die Besten. Haben viele Black-Punk-Bands inspiriert. Punk-Bands im Allgemeinen. Die bekannteste Band, bei der es nicht absichtlich passierte, sind His Hero is Gone mit ihrer „Monument To Thieves“ LP aus dem schlechten Metal Jahr 1998. Es klingt nach dem totalen unbeabsichtigten Crust-Black-Metal-Mix. Es ist perfekt.

In deinem “Band Of The Week”-Blog empfiehlst du regelmäßig einige Underground-Perlen. Welche Rolle spielt das Internet für den Underground? Ist die ganze Filesharing-Sache Segen oder eher Fluch, der Bands schwächt. Ist es eine gute Sache, dass die jungen Metalheads viel einfacher an all die obskure Underground-Musik rankommen als noch vor zwanzig Jahren?
Die Musikszene im Allgemeinen ist besser als je zuvor. Es scheint die Leute sind offener und interessieren sich für ein breiteres Spektrum an Musik. Es ist wie ein wunderschöner Traum, der wahr geworden ist – in vielerlei Hinsicht. Ich kann mich glücklich schätzen, es auf die schwierige Tour gelernt zu haben und dann Jahre später diese Hilfe durch das Internet bekommen zu haben. Nicht viele Menschen haben sowohl die harten, als auch die einfachen Zeiten erlebt, wenn es darum geht, sich Musik zu beschaffen. Wenn ich in der heutigen Zeit aufgewachsen wäre, wäre ich mit 16 bereits ein Experte. Mit 22 kannte ich mich nicht so gut aus, wie es viele heutzutage tun.

Du hast einmal gesagt, du bekommst etwa 500 Alben pro Jahr. Hörst du die alle an? Kannst du während der Arbeit den ganzen Tag Musik hören?
Ja kann ich – aber weil Musikhören inzwischen zur Routinearbeit geworden ist, muss ich es unbedingt einschränken. Die letzten Jahre bekam ich so 325 Alben. 2011 genauso viele. Ich wünschte es wären weniger, denn die Zeit vergeht schneller und schneller. So bleibt mir sogar für die Alben, die ich mir selbst gekauft habe, immer weniger Zeit. Die Leute, die am meisten Musik hören, bekommen logischerweise auch ein größeres Auffassungsvermögen. Weißt du, viele Musikjournalisten hören mindestens genau so viel wie ich, müssen aber nicht noch nebenbei ihre eigene Musik machen. Aber diesen Menschen gebührt Respekt. Genauso den guten DJs und Radiosendern die immer wieder richtig gute Schätze ausgraben.

Was waren 2012 deine Favoriten? Kannst du mir etwas über „Must-Haves“ erzählen, die wir möglicherweise übersehen haben?
Ist fast alles in meinem Blog – auch wenn mir viele Veröffentlichungen von 2012 erst ein Jahr später in die Hände fallen. Vieles auf meiner Liste ist auch von den 60ern und 80ern. Es ist mir nicht wichtig, alles aus jedem Jahr zu haben, sondern eine gewisse Bandbreite zu erreichen. Das Trial Album war klasse, die werden vielleicht bald Band Of The Week. Nur die Bassdrums klingen etwas künstlich. Die Corsair war stark. Falls Sonne Adam was veröffentlichen, kannst du blind zuschlagen. Auch Necrowitch müsste gut sein, ihre 7“ war jedenfalls verdammt geil. Auch würde ich Insane aus Schweden im Auge behalten, wenn du auf reizenden Thrash Metal mit Seele stehst. Es werden noch mehrere gute Alben erscheinen: Black Magic, Obliberation, Condor und so weiter. Ich könnte eine Best-Of-Liste finden. Da das aber sowieso nur ganze Alben sind, ist es einfacher den Band Of The Week Blog auszuchecken.

Zum Ende des Interviews noch ein kleines Brainstorming. Was verbindest du mit den folgenden Begriffenß
Bayern: Ich muss immer an Bieber denken!
Triptykon: Hab ich nicht gehört.
Jazz: Hör ich mir selten an, aber ich habe eine Schwäche für „American Garage“ von Pat Metheny. Aber da hab ich einen eher schlechten Geschmack habe und mich nicht von Grund auf damit befasst habe, sollte ich meinen Mund nicht zu weit aufreißen. Ich habe dazu Schlagzeug geübt, um ein Gefühl für Synkopen und Dynamik im Allgemeinen zu bekommen. Das war 1989 – 93.
Fußball: Fußball ist Metal! Als Kind wollte ich Fußballprofi in England werden, genauso wie Kevin Keegan, um viel Geld für meine Mom zu verdienen. Ich habe einen Großteil meiner Kindheit mit Fußball verbracht – sowohl im Verein als auch privat. Ich spiele immer noch, meistens als Torwart (die haben eine andere Sicht über das Spiel als 91% der anderen Spieler). Aber ich konnte den Ball mehr als 750 mal jonglieren (es waren 754 oder so, aber genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern). Aber Apollyon ( Gitarrist bei Aura Noir – Anm. d. Red.) schaffte über 1000. Einer, mit dem ich heute trainiere, schafft mehrere tausend Mal. Er war ein Wunderkind im Jonglieren. Wie auch immer… Wir haben letztes Jahr wieder den KEMBO Cup (für Bands) gestartet. Zum ersten Mal hat mein Team gewonnen. Aber während des Finales wurde es dunkel – vielleicht waren wir gerade deswegen so gut.
Letztendlich sehe ich mir keine Fußballspiele an, sondern spiele nur selbst. Es ist genau wie bei der Musik: Keine Idole, nur ein brennendes Herz für die Musik an sich.Letzens spielte ich bei einem Turnier in der „Valle Hovin“-Halle mit. Wir haben haushoch verloren und ich habe es geschafft, meinen Fuß zu verletzen. Es war aber nicht all zu schlimm. Wie auch immer…
Computer Spiele: Ich habe vor langer Zeit damit aufgehört. Aber ich war verrückt nach „Colecovision“, das wir in den frühen 80ern in Lübeck gekauft haben. Ich habe „Donkey Kong“ geliebt, genauso wie „Wizard Of War“. Oder vielleicht hieß es Wor? (lacht). Außerdem liebte ich einfache Spiele auf dem Commodore 64, wie „Artillery Duel“ (lacht). Und „Burnin Rubber“ war cool. Fuck Yeah, ich war verrückt nach dem Scheiß.

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Publiziert am von Michael

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