Konzertbericht: Amenra w/ Sum Of R

22.06.2014 München, Kranhalle

amenrasFast genau ein Jahr ist vergangen seit AMENRA mit ihrem kolossalen Sound die Münchener Kranhalle zum Beben brachten. In der Zwischenzeit spielten die Belgier viele Shows, sei es im Vorprogramm ihrer Ziehväter Neurosis oder selbst als Headliner. Heute, am selben Schauort wie beim letzten Mal, lassen AMENRA wieder in die Abgründe ihres künstlerischen Schaffens blicken.

Die Vorband SUM OF R ist auf der Feierwerk-Homepage kurz und knapp mit „Dark Ambient/Drone, der an die besten Momente von Sunn O))) erinnert“ beschrieben. Klingt erst mal spannend, schnell stellt sich aber heraus, dass die Beschreibung doch nicht ganz zutrifft. Dass der Grundton bei einem Duo, das lieber auf zwei Bässe als auf eine klassische Aufstellung setzt, tief dröhnt, ist klar. Wer den Schweizern aber unbedingt eine Genrebenennung überstülpen möchte, würde wohl eher auf Post-Rock/Metal statt Drone zurückgreifen.sumofr_2014_bio_bandfoto-1_highres
Die Songs von SUM OF R sind atmosphärisch und monoton. Schicht für Schicht bauen sich die düsteren hypnotisierenden Stücke auf. Im wahrsten Sinne des Wortes: Basser Reto nimmt während der Intros Loops auf, stellt sein Instrument beiseite und setzt sich mitten im Song ans Schlagzeug, wo dann die Lieder Fahrt aufnehmen. Das minimalistische Prinzip stößt aber schnell an seine Grenzen, weil jedes einzelne Lied genau demselben Schema folgt und somit die Luft nach kurzer Zeit raus ist. Weil die Stimmung aber zumindest schon mal andeutet, in welche Richtung es weitergeht, war SUM OF R eine wesentlich bessere Wahl als die beiden recht merkwürdigen Vorbands (Hazarder, Livia Sura) aus dem Vorjahr.

Nach knapp einer halben Stunde Umbau durchziehen Weihrauchschwaden die gut gefüllte Kranhalle, die Lichter scheinen durch den Dunst nur noch spärlich auf die Belgier. „Church Of Ra“, der Name unter dem die Band ihr religiös angehauchtes Gesamtkunstwerk zusammenfasst, ist AMENRAs eigenes geschaffenes Glaubenssystem. Häufig greift die Band religiöse Bilder auf: Ihre Alben nennen sie „Messen“, auf denen Songs bedeutungsschwangere Titel wie „Die Strafe. Am Kreuz. Ich schreibe eine Bibel in Blut.“ tragen. AMENRA nehmen sich selbst aus dem Blickfeld, um ihre Musik sprechen zu lassen: Die fünf Musiker machen einen zurückhaltenden, in sich zurückgezogenen Eindruck und verzichten völlig auf Interaktion mit dem staunenden Publikum. amenra13-01Sänger Colin Van Eeckhout geht sogar so weit, dass er während des Konzerts der Menge den Rücken zudreht. Mit einer fast schon Furcht einflößenden Intensität und Überzeugung schreit er in schriller Tonlage seine Emotionen aus sich heraus. Zwischen den Songs herrscht meistens Stille, kein Applaus, kein Mucks. Eine andächtige Atmosphäre, in der es scheint, als ob sich niemand die Band in ihrer Konzentration zu stören traut. Vielleicht sind es auch die donnernden Soundwände, die einem die Luft zum Atmen nehmen. Oder es ist diese negative Grundstimmung, die die düstere und brachiale Musik AMENRAs ausstrahlt. Der Großteil des Publikums scheint sich darin zu verlieren, denn als nach einer energiegeladenen Stunde der Auftritt im Stroboskopgewitter schlagartig endet, dauert es ein paar Sekunden bis der Applaus und Jubel verdientermaßen doch noch ausbricht.

FAZIT: Was bleibt da am Schluss noch zu sagen? AMENRA waren mal wieder großartig, die Kranhalle erwies sich einmal mehr als die perfekte Location für die visuellen Effekte und den monumentalen Sound und das Publikum verließ wie gewohnt hochzufrieden das Feierwerk. Wer auf schwere, düstere Musik steht und die Band noch nie gesehen hat, sollte das bei der nächsten Gelegenheit ändern. Genügend Möglichkeiten dazu gibt es bei den zahlreichen Auftritten der Belgier allemal.

Publiziert am von Michael

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