Festivalbericht: Feuertanz Festival 2015 – Tag 1

19.06.2015 Burg Abenberg

1429488196_10968339_10155089915710167_1345285338979467418_nZum 15-jährigen Jubiläum besinnt sich das FEUERTANZ FESTIVAL im fränkischen Abenberg auf ein Headlinerduo, das bereits 2011 gemeinsam für Furore gesorgt hat: SALTATIO MORTIS und SCHANDMAUL. Wie bereits vor vier Jahren ist es zunächst an den Saltaten, als Hauptact am Freitag die Steilvorlage für den Samstag zu liefern. Allerdings katapultieren sich Alea und Co. trotz hervorragender Songauswahl mit ihrem indiskutablen Soundkleid dieses Jahr eher ins musikalische Abseits.

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Musikalisch gelungen eröffnen die Nordlichter mit dem Zungenbrechernamen RELIQUIAE den Festivalfreitag. Zwei Alben haben die Feuertanz-Debütanten bereits an den Start gebracht, zuletzt ihr neues Werk namens „Pandora“. Dieses steht besonders im Zeichen der griechischen Mythologie, erzählt in deutschen Texten. Für das Festival auf Burg Abenberg holen sich RELIQUIAE durch Vogelfrey-Geiger Alex kurzfristig externe Unterstützung an der Violine. Das Ergebnis wirkt ausgesprochen harmonisch, homogen und ausgewogen, auch wenn nicht jeder Song in der 60-minütigen Performance einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Dazu bringen die Musiker launige Ansagen bzw. Umfragen ein, unter anderem rund um vermeintliche Krankschreibungen für die semilegale Festivalteilnahme abseits gesetzlicher Feiertage. Selbst ein wenig Obertongesang gehört zum musikalischen Spektrum der Osnabrücker, die sich durch ihr offenkundiges Talent und eine Menge frischer Spielfreude für weitere Auftritte empfehlen.

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Etwas weniger frisch, dafür feuertanzerprobt, entern anschließend die Münchner VROUDENSPIL die Bühne. Bereits vor zwei Jahren präsentierten die Musiker ihren „Pulverdampf“ auf der altehrwürdigen Burg. Recht viel Neues haben die Musiker in der Zwischenzeit nicht zu vermelden, so erscheint ihr kommendes Studioalbum erst im November diesens jahres. Einzig „Knochensack“ bietet einen ersten Vorgeschmack auf die zu erwartende Freibeuterkost im Winter. Im übrigen Set variieren sich die Süddeutschen durch ihr etabliertes Live-Programm, das stimmungstechnisch zum fröhlichen Feiern mit Flöte, Schifferklavier und neuerdings auch E-Kontrabass einlädt. Bei angenehmen Temperaturen akzeptiert Sänger Ratz von der Planke keine Wehklagen des Publikums und die Menge folgt bereitwillig den Taktgebern auf der Bühne. Die Mischung aus Ska, Folk, Punk und Samba hat sich merklich eingegroovt und besonders der mächtige Seewolf mit seinem Akkordeon ist inzwischen ein zentraler Bestandteil der Bühnenshow.

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Nach ihrem beschwerlichen Weg zum und einer enttäuschenden Show beim letztjährigen Festival Mediaval in Selb präsentieren sich RAPALJE beim Feuertanz wieder von ihrer niederländischen Schokoladenseite. Das Bühnenbild mit vier Musikern und ihren Instrumenten gerät zwar im Vergleich zu den vorigen Bands etwas karg, doch mit der Manowar-Coverversion „Heart of Steel“ eröffnen die Marktveteranen ihr Set ungewohnt schwungvoll. Mit dem dazugehörigen Longplayer “Hearts” haben RAPALJE anno 2014 ihre Albenquadrologie rund um die Spielfarben eines Kartendecks komplettiert und so musiziert sich das Quartett bunt gemischt durch seine Diskrografie der jüngeren Vergangenheit. Unterbrochen werden die Jigs, Reels, Traditionals und Eigenkompositionen von sympathischen Ansagen mit niederländischem Akzent, inklusive einem sehr ehrlichen Dankeschön an die Festivalsecurity, denen die Musiker persönlich von der Bühne aus die Hand schütteln. So herrscht nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Bühnengraben und im Publikum eine marktmittelalterlich-beschwingte Atmosphäre, die nahtlos auf den nächsten Act überleitet.

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Fummelfips und Hotze KNASTERBART kündigen ihr Debüt in südlichen Gefilden selbst an. Allgemein glänzt ihre Moderation am Freitag durch unerwarteten Wortwitz und sehr viel Charme. Manchmal etwas derb, aber dennoch stets unterhaltsam kündigen die beiden Sänger alle Combos des ersten Festivaltages an. Nur wer völlig spaßbefreit ist, dürfte sich an den lasterhaften Halunken stören. Sich selbst nehmen die selbernannten „Headliner der Herzen“ ebenfalls auf die Schippe, indem sie Besucherfeedback von ihrer Facebook-Seite vorlesen. Eine Mischung aus den Böhsen Onkelz und Santiano wird ihnen dort musikalisch attestiert. Dass dies nicht der Realität entspricht, beweist der Siebener anschließend mit seinen Gossenhauern. Sie kleckern nicht, sie klotzen und die Feierlaune in Abenberg mündet langsam in den Abend, während KNASTERBART unter anderem dem „Heiligen Hotze“ huldigen, „Branntwein für alle“ fordern und der Menge die „Leckere Lotta“ vorstellen. Kompositorisch ist dies alles allererste Gossensahne, doch mittendrin verlieren Hotze und Co. etwas den Bezug zum Publikum: Zu gleichförmig ist die Anordnung der Songs, doch spätestens als Fidolin Knasterbart mehrfach furios in die Saiten haut, herrscht erneut ordentlich Bewegung vor der Bühne. Insgesamt ein gelunges Debüt der Nordlichter mit den – in ihrem Fall  beinahe obligatorischen – Schönheitsfehlern.

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Nach zweijähriger Abstinenz kehren OMNIA an ihren Platz als Semi-Headliner am Freitag zurück. Im Frankenland sind die niederländischen Pagan-Folker inzwischen gern gesehene Gäste, nicht nur auf dem Feuertanz, sondern auch auf dem Festival Mediaval. Anno 2015 verzichtet Frontmann Steve angenehmerweise auf ausufernde Ansagen zu seiner sehr ökologisch geprägten Lebenseinstellung, sondern lässt zusammen mit seiner Frau Jenny und der restlichen Combo lieber seine Musik sprechen. Diese kommt wiederum, ebenfalls dankenswerterweise, beim Feuertanz Festival ohne zu lange Instrumentalpassagen und fragwürdige Intermezzi wie „Noodle the Poodle“ aus. Im Gegenteil, OMNIA wirken ungewohnt fokussiert und spielen ein dicht gepacktes Set, mehrheitlich inspiriert vom letzten Studioalbum „Earth Warrior“. „Crazy Man“, „Call Me Satan“, „Free Bird Fly“ und der Titeltrack sind nur einige der Highlights, die eine stilistische Vielfalt abbilden, für die der Begriff „Pagan Folk“ zu eingeschränkt gewählt ist. Lediglich das Instrumentarium und die musikalischen Anfänge der Musiker folgen grob dieser Beschreibung, wobei OMNIA inzwischen vermehrt auf Keyboard-Elemente setzen und auch vor Reggae und Rap nicht zurückschrecken. Im richtigen Mix ergibt dies eine unglaublich energiegeladene Show, die sich nicht zu gewollt alternativ in sich selbst verliert.

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2011 bewiesen SALTATIO MORTIS im strömenden Regen von Abenberg, wozu sie bei miserablen äußeren Bedingungen in der Lage sind. Die eigene Marktehre verpflichtet Spielmänner scheinbar auch auf den größeren Festivalbühnen. Die äußeren Umstände sind vier Jahre später besser, dafür vermiesen die akustischen Rahmenbedingungen den Spaß an der Headlinershow gründlich. Die hervorragend zusammengestellte Setliste kommt dank ohrenbetäubender Lautstärke und ungezählter Rückkopplungen überhaupt nicht zum Tragen. Außerdem offenbart Sänger Alea erneut stimmliche Defizite, die auch die Stimmung unter dem partyorientierten Folkpublikum im Burghof nicht auffangen kann. Der Soundbrei vermiest nicht nur den Spaß an Altbekanntem wie „Prometheus“, sondern auch an den beiden neuen Songs „Wo sind die Clowns?“ und „Willkommen in der Weihnachtszeit“. Bei ersterem bleibt von den wohlklingenden Dudelsackspuren des Studios nichts übrig und auch die sozialkritischen Texte sind insgesamt bestenfalls zu erahnen. Dass die Musiker mit Herz und Seele bei der Sache sind und besonders neuere Kompositionen wie „Idol“ und „Satans Fall“ erst live so richtig Fahrt aufnehmen, rettet die Performance unter dem Strich nicht. Sympathisch wirkt dafür die neue Ansage zu „Wachstum über alles“, die den Song politisch entkoppelt und nun mehr auf betroffene Körperteile von Dudelsackspieler Luzi abzielt. Eine sehr charmante Option. Leider am Ende nicht ausreichend, um im Soundnirwana nebst schrägem Gesang dauerhaft den Spaß aufrechtzuerhalten.

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Mit Ausnahme des Headliners präsentieren sich am ersten der beiden Tage alle Bands von ihren starken Seiten. Besonders OMNIA überraschen mit einer sehr klar auf die Musik getrimmten Show und KNASTERBART sind trotz ungünstiger Songreihenfolge eine Bereicherung für die Folkszene, die sich dem Eindruck der Stagnation auch im 15. Jahr auf Burg Abenberg schwerlich verwehren kann. Umso erfreulicher ist es, dass beispielsweise mit dem Opener RELIQUIAE auf Festivals wie diesem regelmäßig neue Einflüsse an ein breites Publikum herangetragen werden können. So haben sich auch SALTATIO MORTIS, die 2008 noch eine vielversprechende Randnotiz gewesen sind, im Laufe der Jahre zu validen Headlinern entwickelt. Gerechtfertigterweise, selbst wenn ihr Auftritt beim Feuertanz 2015 dies nicht offenbarte.

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von:
Peter Seidel / http://www.metalspotter.de – dort findet ihr unter anderem die vollständige Galerie zu diesem Festival!

 

 

 

 

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