Festivalbericht: In Flammen Open Air 2014

10.07.2014 - 12.07.2014 Entenfang, Torgau

in flammen headerEinmal im Jahr wird Torgau zur Metal-Hauptstadt Sachsens, denn dann findet am beschaulichen Entenfang das IN FLAMMEN OPEN AIR statt. Wie jedes Jahr gibt es auch 2014 hochkarätige Headliner und das Beste, was der Underground zu bieten hat (die Bilder lassen sich durch anklicken maximieren).

Freitag, 11.07.2014

Evil InvadersEröffnet wird das diesjährige In Flammen von den EVIL INVADERS, einer belgischen Band, die satten Old School Thrash spielt und damit bei den Anwesenden gute Laune verbreitet. Die Truppe selbst wirkt hochmotiviert, ist mit Freude bei der Sache und legt einen wunderbaren Start in das Wochenende hin, natürlich inklusive der obligatorischen Tom-Arraya-Gedächtnis-Screams. Mit DRILL STAR AUTOPSY folgt ein Stilwechsel, spielt die Band doch einen sehr modernen Sound, in dem sich Brutal Death Metal mit viel Groove und fetten Breakdowns vereint. Auch wenn deutlich weniger Menschen als zuvor vor der Bühne versammelt sind, gehen diese doch gut mit, was für gute Stimmung sorgt.

Wieder deutlich voller wird es vor der Bühne bei den folgenden REVEL IN FLESH, die sich mit ihrem Debütalbum direkt in die Herzen der Fans spielen konnten und auch Live überzeugen. Richtig starker Old School Death Metal steht auf dem Programm und die Band gibt von Anfang an Gas. Eine Vorlage, die das Publikum dankend annimmt. Mit SLAUGHTER MESSIAH gibt es danach etwas wirklich Außergewöhnliches zu sehen, war die Band doch seit gut zehn Jahren nicht mehr in Deutschland. Mit ihrer Mischung aus Black, Death und Thrash Metal passen die Belgier bestens zu den später spielenden Deströyer 666 und auch stimmungstechnisch kommt die Truppe auf ein ähnliches Level. Die Band zeigt einen energiegeladenen Auftritt, der sich sehen lassen kann.

Deserted FearDESERTED FEAR muss man mittlerweile eigentlich nicht mehr groß erklären, weder im Allgemeinen, noch den In-Flammen-Besuchern im Speziellen. Denn die Band hatte hier schon vor Veröffentlichung des Debüts gespielt. Genau wie damals geht der Old School Death Metal schwedischer Prägung den Anwesenden auch heute runter wie kühles Bier an einem angenehmen Sommertag. Dabei kommt den Thüringern natürlich der perfekte Sound zu Gute, der die schnellen, harten Riffs und Grooves im Stile von Grave mit ungebremster Wucht auf die Zuschauer loslässt – eine der besten Shows des Wochenendes, die zudem beste Eigenwerbung für das anstehende zweite Album von DESERTED FEAR ist.

ThyruzAnschließend steht die erste Black-Metal-Band des Festivals auf dem Programm – THYRUZ. Den Norwegern gelingt es leider nicht, die intensive Atmosphäre des Albums auf die Bühne zu übertragen. Daher bleibt letztlich nur relative simpler und straighter Second-Wave-Black-Metal übrig, dem es ein wenig an Überzeugungskraft mangelt.
Mit ENTRAILS folgt ein weiterer Vertreter des schwedischen Old School Death Metals, der heute allerdings nur begrenzt überzeugen kann: Die Fähigkeiten der Band sind unbestreitbar und die Truppe gibt sich redlich Mühe, nur will der Funke nicht so richtig überspringen. Das liegt zum einen sicher am Sound, der außer den Drums und dem Gesang kaum etwas anderes hörbar macht, zum anderen aber wohl auch an der mächtigen Show von Deserted Fear früher am Tage. Nichtsdestotrotz eine solide Vorstellung.

SkannersKlassischer Heavy Metal zwischen all dem extemen Geballer? Aber sicher! Das hat auf dem In Flammen Tradition und die ist eng mit den SKANNERS verknüpft. Die Italiener sind nicht das erste Mal hier und bieten wie immer eine energiegeladene Show voller Bewegung, großer Melodien, flirrender Riffs und männlicher Posen – Heavy Metal wie aus dem Bilderbuch. Die Zuschauer nehmen die Einladung gern an und gehen voll mit: Spätestens beim abschließenden Iron-Maiden-Cover „Run To The Hills“ schallt es aus allen Kehlen. Letztlich ein begeisternder Auftritt und eine willkommene Abwechslung zwischen all den extremen Bands.

KoldbrannUnd doch sind die Meisten wegen genau diesen Bands hier, wie bei den nachfolgenden KOLDBRANN schnell deutlich wird. Es ist mittlerweile richtig voll vor der kleinen Bühne und die Norweger spielen ein starkes Set. Der klassische Black Metal wird immer wieder durch Industrial-Elemente aufgebrochen, zudem gibt es auch langsame Passagen, die vor sich hinstampfen und die Fans zu wildem Headbanging animieren. Geboten wird eine gute Mischung aus altem und neuem Material, das durch die Durchsetzung mit rockigen Rhythmen und Riffs immer wieder aufgelockert wird und sich somit dem klassischen Black-Metal-Schema entzieht. Definitiv eine sehenswerte Show, die vom Publikum auch mit entsprehendem Applaus bedacht wird.

Destroyer 666 (2)DESTRÖYER 666 hingegen scheren sich wenig um Abwechslung und Innovation und ballern mit ihrem fiesen Black/Death/Thrash-Bastard alles weg, was nicht vorher anständig Deckung gesucht hat. Dabei wird das flotte Geprügel immer wieder von fetten Grooves durchsetzt, was beim Publikum prächtig ankommt. Die Australier spielen Songs aus allen ihren Schaffensphasen, sei es von den Anfängen wie „Phoenix Rising“ oder dem 2009er-Album „Defiance“ – fast der gesammte Backkatalog wird abgedeckt. Dabei ist es vollkommen irrelevant, ob ein Song den Fokus mal mehr auf den Thrash- , Black- oder Death-Metal-Aspekt des Sonds legt. Es wird kräftig geheadbangt, der Pit dreht sich und die Fäuste recken sich in den Nachthimmel – DESTRÖYER 666 überzeugen am heutigen Abend alle Anwesenden.

Was dann folgt, ist schlicht und ergreifend überwältigend. Die legendären PENTAGRAM betreten die Bühne, angeführt von ihrem charismatischen Fronter Bobby PentagramLiebling. Dass der Mensch sich überhaupt noch bewegen kann, ist ein wahres Wunder, wie agil er sich auf der Bühne zeigt, grenzt an Zauberei. Bobby schwingt die Hüfte, schaut aus weit aufgerissenen Augen wie besessen ins Publikum und singt ganz nebenbei wie ein junger Gott. Songs wie „Be Forwarned“ oder „When The Screams Come“ sind nichts weniger als legendär und kommen am heutigen Abend mit einer bestechenden Klarheit aus der PA. Zudem präsentiert sich auch die Band in absoluter Topform. Wie oft man PENTAGRAM noch wird sehen können, steht in den Sternen – allzu oft wird es jedoch wohl sicher nicht sein und so wird der heutige Abend allen Anwesenden noch lange in Erinnerung bleiben.

 

Samstag, 12.07.2014

Wie beginnt der Samstag auf dem IN FLAMMEN OPEN AIR? Natürlich standesgemäß mit amtlichem Geballer.

Geliefert wird dieses von DISREPUTE, die ihren Death Metal immer wieder mit Elementen aus dem Brutal Death Metal garnieren – es gibt ergo mit viel Schwung und der groben Keule auf die Zwölf. Den Anwesenden gefällt es und neben viel Groove finden auch ein paar melodische Leads ihren Weg in die Musik der Truppe. Ein angenehmer Start in den Tag.

Angenehm ist auch das Stichwort für den nächsten Teil – Kaffee und Kuchen. Einzigartig in der deutschen Festivallandschaft gibt es auf dem IN FLAMMEN am Samstag nun schon im zweiten Jahr was Leckeres für Umme. Die liebenswerten Torgauer haben sich wieder mächtig ins Zeug gelegt und so gibt es für jeden hungrigen Festivalbesucher schmackhaften Kuchen und auch die härtesten Corpsepaint-Träger bedanken sich artig bei den (älteren) Damen. Ein Bild für die Götter, dass den familiären Charakter des Festivals exemplarisch unterstreicht.

GutalaxEs folgen GUTALAX, die sich bekanntlich dem Brutal / Slam Death Metal verschrieben haben. Mit Melodien halten sich die Tschechen nicht auf, auch Abwechslung wird hier nicht groß geschrieben. Dafür ist der Spaßfaktor bei der Truppe enorm hoch, was bei dem vor der Bühne versammelte Publikum auf eine positive Reaktion stößt. Und so dreht sich der Pit ununterbrochen, während die kostümierte Band fröhlich vor sich hin knüppelt. Mit CYTOTXIN folgen ein paar alte Hasen des In Flammen Open Air, die hier immer wieder gern gesehen sind: Brutal Death Metal steht auf dem Programm und die Chemnitzer hauen alles kurz und klein, was bei Drei nicht auf den Bäumen ist. Und dann die Bäume. Das Publikum geht steil, es wird gemosht, der Pit dreht sich und zum Abschluss gibt es eine (fast schon obligatorische) Stageinvasion – ein wahrlich runder Auftritt.
Cytotoxin (2)

Dieser gelingt DEMONICAL nur bedingt. Von Beginn an haben die Schweden schwer mit dem Sound zu kämpfen, der ihren Death Metal nur als indifferenten Brei aus den Boxen wabern lässt. Eigentlich schade, denn dass die Truppe einige ordentliche Riffs im Gepäck hat, ist allen Anwesenden zumindest in der Theorie klar. So allerdings will der Funke nicht so recht überspringen. An der Truppe liegt es nicht, denn diese gibt sich redlich Mühe und versucht alles, um das Publikum anzuheizen. Mit einigen wenigen hörbaren satten Grooves und melodischen Leads gelingt der Band immerhin ein ordentlicher Auftritt, auch wenn er nicht zu den Highlights des Festivals zählt. NunslaughterEntsprechend ist es relativ leer vor der Bühne, als NUNSLAUGHTER diese betreten – ein Umstand, der sich aber sehr schnell ändert. Da man die Truppe in unseren Breitengraden nicht all zu oft sieht, wollen sich offenbar nur wenige diesen Auftritt entgehen lassen. Mit ihrer Mischung aus Black, Thrash und Death Metal können die Amerikaner die Anwesenden schnell für sich gewinnen, auch wenn die Ansagen durchaus weniger dümmlich-plakativ sein dürften („I love German festivals but I hate Christians“). Aufgelockert wird das zumeist flotte Geballer durch immer wieder eingestreute Grooves, auch wenn NUNSLAUGHTER ähnlich wie Demonical nicht über eine solide Vorstellung hinauskommen – ein Schelm der hier den Hintergrund für die Tourpaarung der beiden vermutet.

The 11th HourMit THE 11TH HOUR folgt die Doom-Band des In Flammen, eine – wenn auch nicht von allen – geschätzte Tradition. Ed Warby reicht es anscheinend nicht, einen Gig pro Tag zu spielen, und so zupft er hier die Seiten und lässt seinen Klargesang ertönen, ehe er sich später am Tag hinter das Schlagzeug von Hail Of Bullets setzt. THE 11TH HOUR vermählen monströs schwere Riffs mit fetten Grooves, satte Growls mit zerbrechlichem Klargesang und streuen immer wieder zarte Melodien ein – Doom vom Allerfeinsten. Dabei regiert in genretypischer Weise die Langsamkeit, wodurch THE 11TH HOUR zu einem fast meditativen Moment des In Flammen Open Air werden. Das gefällt selbstredend nicht jedem der das Festival besuchenden Blast-Beat-Fanatiker, dem Publikum vor der Bühne sagt dieser Auftritt jedoch umso mehr zu.

HaemorrhageDas gilt in mindestens gleichem Maße für die nachfolgenden HAEMORRHAGE, neben General Surgery sicherlich der patenteste und authentischste Carcass-Klon. Die Spanier zocken allerfeinsten Death-Grind, der Songtiteln wie „911 Emergency Slaughter“ mehr als gerecht wird. Dass die Ansagen auf Spanisch und damit für den Großteil des Publikums unverständlich sind, juckt keinen, denn der rumplige Old School Grind der Band triff voll den Nerv des In-Flammen-Publikums. Es folgt Ed Wardby die zweite, denn HAIL OF BULLETS erobern die Bühne und die Herzen der Fans im Sturm. Mit ihren schnellen, treibenden Riffs, fetten Grooves, melodischen Soli und dem extrem treibenden und präzisen Drumming sind die Holländer einfach eine Macht. Hinzu kommt noch die unverkennbare Stimme von Martin van Drunnen, der die Show mit den Worten „Jetzt kommen die Panzer!“ einleitet. Und wie sie kommen. HAIL OF BULLETS spielen einen Querschnitt ihrer drei Alben und sorgen dafür, dass es vor der Bühne brechend voll ist. Offensichtlich ist nicht nur das Publikum gut drauf, denn die Musiker geben Vollgas, werfen sich in Pose und lassen sich von ihren Fans feiern, dass es eine wahre Freude ist. Ob „DG-7“, „The Red Wolves Of Stalin“ oder „Tokio Napalm Holocaust“ – jeder Song wird abgefeiert. Mit „Ordered Eastwards“ beenden HAIL OF BULLETS einen wirklich starken Auftritt – definitiv eines der Highlights des diesjährigen In Flammen Open Airs.
Hail Of Bullets (3)

Mit INQUISITION gibt es im Anschluss stampfenden Black Metal der zweiten Welle, den das Duo in aller gebotenen Trueness vorträgt. Dabei sorgen getragenere Passagen immer wieder für Auflockerung und schlagen die Anwesenden in ihren Bann. Das Publikum feiert die Band kräftig ab, welche wiederum einige Argumente dafür liefert, warum sie derzeit so hoch im Kurs steht. Ob es allerdings nötig gewesen wäre, bei zwei Mann den Soundcheck um 15 Minuten zu überziehen, bleibt fraglich…
Inquisition

Vor zwei Jahren wurde ihre Headlinershow an gleicher Stelle durch technische Schwierigkeiten auf eine halbe Stunde reduziert und auch heute können BENEDICTION aufgrund der Verzögerung beim Inquisition-Soundcheck die Bühne nicht ganz pünktlich betreten. Ohne großes Brimborium legen die Birminghamer los und knallen einen Klassiker nach dem anderen raus: Egal ob „They Must Die Screaming“, „The Dreams You Dread“, das uralte „Jumping At Shadows”, „Subconcius Terror” oder die Bandhymne „I Bow To None” – jeder der Songs wird von den Anwesenden dankbar aufgenommen.

Benediction (2)Dass die Band für ihre erste Deutschland-Show seit rund zwei Jahren ausgerechnet wieder auf das In Flammen kommt, ist sicher kein Zufall. Denn der mit Punk- und Crust-Elementen durchsetzte Death Metal BENEDICTIONs kommt in Torgau traditionell gut an. Entsprechend geht das Publikum komplett steil und feiert die schnellen, harten Tracks der Band. Da das Ganze sich noch in perfektem Soundgewand präsentiert und die Band für die Verzögerung durch Inquisition hinten raus zusätzliche Spielzeit bekommt, wird dieser Auftritt zu einem mächtig starken und würdigen Abschluss des diesjährigen In Flammen Open Airs.
Wie jedes Jahr verband das In Flammen Open Air auch 2014 wieder das Beste aus dem Underground mit dem Besten der repräsentierten Genres und einer unvergleichlichen Atmosphäre. Zurück bleiben Erinnerungen an starke Auftritte und die Vorfreude aufs nächste Jahr – denn das In Flammen enttäuscht nie!
In Flammen

Publiziert am von

Fotos von: Christoph Emmrich

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