Konzertbericht: Pianos Become The Teeth w/ Silver Snakes, New Native

16.01.2015 München, Strom

Pianos

Wohl kaum eine Band hat letztes Jahr eine derartige Abkehr von ihrem bisherigen Sound gewagt wie PIANOS BECOME THE TEETH: Während bisher schneller Screamo in langen Songs dominierte, wagte der Fünfer aus Baltimore auf „Keep You“ einen vollständigen Verzicht auf Geschrei, kürzte die Songs und fühlt sich nun im Indie-Rock absolut wohl – ohne dabei auch nur im Ansatz an Intensität einzubüßen. Während der letzte Besuch der Band in München vor drei Jahren noch in einem randvollen Sunny Red stattfand, ist der Schauplatz im Januar 2015 das deutlich größere, in der Mitte abgehängte Strom – welches sich im Laufe des Abends ebenfalls mehr als ansehnlich füllt.

New NativeDen Anfang machen um 21.00 Uhr NEW NATIVE aus Wien – was insofern ärgerlich ist, da der offizielle Beginn um 21.30 Uhr angekündigt war. Die vier Jungs lassen sich davon allerdings nicht beeindrucken und bieten in ihrem kurzen Auftritt eine Mischung aus 90er-Jahre-Emo und College Rock mit Shoegaze-Einflüssen. Leider geht der Musik im Livegewand der räumliche Klang etwas ab, der der Musik auf ihrer Debüt-EP „Twisting“ einen ganz eigenen Charme verleiht. Neben drei Songs von dieser EP spielen NEW NATIVE drei neue Songs, welche etwas straighter nach vorne gehen. Das Publikum – welches in der ersten Reihe von Freunden der Band dominiert wird – applaudiert wohlwollend und freut sich über einen stimmigen Start in den Abend. Die Souveränität, mit der NEW NATIVE hier auftreten, weiß zu überzeugen, besonders wenn man sich noch sehr junge Alter der Bandmitglieder vor Augen führt. Die Band aus Wien wird in Zukunft definitiv von sich hören lassen.

Setlist NEW NATIVE:
1. Walls
2. Coughing Ashes
3. Wallow
4-6: Neue Songs
7. Twisting

Silver Snakes

Nach einem beeindruckend schnellen Umbau, erlischt um kurz nach 21.30 bereits wieder das Licht und SILVER SNAKES beginnen ihr Set. Der Kontrast zu den vorangehenden New Native könnte kaum größer sein: Lederjacke, Bärte, breitbeiniges Posen und fetter, straighter Rock hämmern wuchtig aus den Boxen. Während die Abmischung zunächst noch ein wenig zu basslastig ist, bessert sich der Sound im Laufe des halbstündigen Sets merklich. Das Publikum ist von der ersten Sekunde an dabei, fleißig den Kopf im Takt zu schütteln. Dass in den geradlinigen Rock der Band aus Los Angeles auch immer wieder dreckige Grunge-Einflüsse sowie an Stoner-Rock erinnernde Gitarrenläufe ihren Eingang finden, macht die Show packend und kurzweilig. Beim vorletzten Song lassen die anderen Bandmitglieder Sänger und Gitarristen Alex Estrada zunächst alleine auf der Bühne zurück, bis sich dieser immer weiter in eine gefühlvolle Gitarrenmelodie hineinsteigert und in einer Klimax von den übrigen Bandmitgliedern wieder eingesammelt wird. Von kleinen Problemen mit dem zweiten Mikrophon abgesehen und mit der Feststellung, dass Alex‘ Geschrei wesentlich besser klingt als sein Gesang, wissen SILVER SNAKES mit ihrem ersten Auftritt in München durchaus zu überzeugen.

Pianos Become The Teeth (1)War bisher noch bis auf ein paar vereinzelte Leute in der ersten Reihe ein kleiner Halbkreis vor der Bühne, drängt das Publikum in der nun folgenden Umbaupause deutlicher nach vorne. Gegen 22.30 ist schließlich soweit, das Licht erlischt zum letzten Mal heute Abend und PIANOS BECOME THE TEETH steigen mit „Ripple Water Shine“, dem Opener ihres neuen Albums, in ihr heutiges Set ein. Auch wenn der geradlinige Song sich in seinem Verlauf an Intensität steigert, wirkt der Einstieg noch ein bisschen rumplig – spätestens mit „April“ als zweitem Song sind allerdings alle Zweifel wie weggefegt. Der Sound ist klar, der klare Gesang von Sänger Kyle Durfey funktioniert auch live hervorragend und die neuen Songs entwickeln live eine ganz eigene, noch dringlichere Wirkung, als sie dies bereits auf Platte tun.
Nach einer kurzen Ansage liefert der Fünfer als Baltimore mit „I’ll Be Damned“ und „Good Times“ ein mitreißendes Doppel vom Vorgängeralbum „The Lack Long After“, welches von den ersten Reihen begeistert abgefeiert wird – bis auf einige weniger Zuschauer beschränkt sich das Publikum in München allerdings auf Kopfnicken und geschlossene Augen. Der ‚harte Kern‘ geht dafür jeden Song bedingungslos mit, ganz zur Freude von PIANOS BECOME THE TEETH, welche erneut ihre großartige Bühnenpräsenz unter Beweis stellen. Die alten und neuen Songs verbinden sich vollkommen organisch zu einer Einheit, indem Geschrei teilweise durch Gesang und andersherum ersetzt wird.
Pianos Become The Teeth (2)Mit „Filial“, dem heute Abend die einzige längere, erklärende Ansage vorangestellt ist, liefern die Jungs sogar noch einen Song vom Debütalbum „Old Pride“, welcher sich ebenso nahtlos ins heutige Set einfügt, bevor nach dem Instantklassiker „Repine“ vom neuen Album das Konzert mit dem packenden „Hiding“ von der gemeinsamen Split mit Touché Amoré sein vorläufiges Ende findet. Das Münchner Publikum befördert die Band allerdings schnell wieder auf die Bühne und nach ehrlichen Dankesworten beenden PIANOS BECOME THE TEETH das Set stimmig mit „Say Nothing“.

 

Setlist PIANOS BECOME THE TEETH
01. Ripple Water Shine
02. April
03. Late Lives
04. I’ll Be Damned
05. Good Times
06. Enamor Me
07. Old Jaw
08. Lesions
09. Filial
10. I’ll Get By
11. Repine
12. Hiding
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13. Say Nothing

Auch wenn der Abend etwas früher anfing als öffentlich angekündigt, kann doch von einem rundum gelungenen Konzert gesprochen werden, das sich durch musikalische Abwechslung und große Emotionalität ausgezeichnet hat. New Native können auf dieser Tour die ihnen angebotene Bühne nutzen, Silver Snakes können ihren dreckigen Rock in Europa präsentieren und Pianos Become The Teeth konnten an diesem Abend einmal mehr ihre herausragende Stellung in der aktuellen Post-Hardcore-Szene unter Beweis stellen. Es wird spannend zu sehen sein, wo ihr musikalischer Weg in Zukunft führen wird.

(Die Photos wurden von Jan von Konzertfotografie P³ Hamburg beim Konzert in Hamburg am 21.1.2015  geschossen. Vielen Dank hierfür!)

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