Konzertbericht: Saxon w/ Masterplan

2007-03-15 Hamburg, Markthalle

Der Frühling ist eine schöne Zeit: Alles grünt, die Dauerdeprimiertheit findet endlich ein Ende und die Festivalsaison rückt in greifbare Nähe. Neben dem meteorologischen Frühling gibt’s auch noch jenen im Leben eines Menschen, in dem vor allem die Libido grünt und die Lebensgeister fleißig spuken. Nun möchte man meinen, dass Leute, die stramm auf die 60 zugehen, eher schon im Altweibersommer oder auch im Frühherbst angekommen sind; doch schaut man sich SAXON auf der Bühne an, könnte man meinen, dass der einst von Alphaville besungene Zustand „Forever young“ bei diesen Herren tatsächlich Wirklichkeit geworden ist, doch hierzu später mehr.

Diesmal nicht allein (wie noch bei Grave Digger/Therion), sondern mit einem „unmetallischen“ Stufenkameraden ging es an diesem Donnerstag um sieben zur Markthalle, um acht begann dann die Show, für uns in der zweiten Reihe; im Gegensatz zum Doppelheadlinerkonzert im letzten Monat war diesmal ein Fotograben eingerichtet worden. Warum auch immer, schließlich hatte es bei oben genanntem Duo auch ohne hervorragend funktioniert. Der Auftritt der Band PHARAO entfiel aus ungeklärten Gründen; die Samples auf ihrer Homepage lassen irgendwie das Gefühl aufkommen, dass das kein großer Verlust war, aber wer kann schon sagen, wie es denn wirklich gekommen wäre. So eröffneten also MASTERPLAN, das neue Album „MK II“ im Gepäck, den metallischen Reigen. Kennt man eine Gruppe vorher nicht, ist der Mitgehfaktor leider meist nicht so groß wie bei dem Zuschauer bekannten Bands, aber trotzdem machte der mit reichlich Eiern bestückte Power Metal einigen Spaß. Zwar leisteten alle Akteure gute Arbeit (drei davon echte Hamburger Jungs bei einem „Heimspiel“), doch einer war einfach nur wahnsinnig: RAGE-Schießbudenkönig Mike Terrana. Wie ein Derwisch wirbelte er seine Drumsticks und sich selbst hinter seinem Schlagzeug umher und bot in der Mitte des Sets ein unglaubliches Solo feil, das wohl so ziemlich allen Anwesenden die Unterkiefer Richtung Boden sacken ließ. Wow, mehr kann ich da kaum sagen. Knapp eine Stunde machten MASTERPLAN Rambazamba, dann war Zapfenstreich.

Nun war es also Zeit für den Hauptgang. Bevor die britischen Urviecher sich aber zeigten, verging noch recht viel Zeit, während der ich mich im Fotograben postierte (die Ansage des Securitymannes „Die ersten drei Lieder ohne Blitz“ missverstand ich leider, denn ich durfte nicht nach drei Liedern den Blitz anschalten, sondern musste nach genau drei Liedern den Graben wieder verlassen) und mich mehrfach fragte, ob man das Publikum ausräuchern wollte, so viel Kunstnebel wurde in die Menge gepustet. Schließlich war’s dann doch soweit, und SAXON stürmten die Bühne mit dem Opener des neuen Albums „The Inner Sanctum“, „State of Grace“ als erstem Song, der gleich mächtig Stimmung machte. Und egal, was nun kam, ob neues Material (darunter die beiden Kracher „Let me feel your Power“ und „I’ve got to rock (to stay alive)“) oder absolute Klassiker („Power and the Glory“, „Crusader“ und auch ein Medley aus „Dallas 1 P.M.“, „747 (Strangers in the Night)“ und „And the Bands played on“ – da wurden drei super Songs irgendwie verschwendet), stets war auf der Bühne ordentlich was los. Als besonders gelungen möchte ich die diversen hymnenartigen Lieder hervorheben: „Red Star falling“, „The Great White Buffalo“ (die Bezeichnung passt auch auf Biff ziemlich gut) und vor allem „Requiem (We will remember)“, hier kam einfach einmalige Stimmung auf. Alten Biff erwies sich als 1a Einheizer, der aus dem Publikum das Letzte rausholte, ähnliche Qualitäten offenbarte Bassist Nibbs Carter, und der ganzen Bande konnte man ansehen, wie viel Spaß sie hatte.

Und um nun auf den ersten Absatz zurückzukommen: Von den kleineren Verschnaufpausen mal abgesehen könnten SAXON locker dreißig Jahre jünger sein, so wie die Herren auf der Bühne abgingen, auch wenn ich zwischenzeitlich besorgt war, der in einen langen Mantel gehüllte Biff könnte ob des Verlusts von gefühlten fünf Litern Flüssigkeit jeden Moment umkippen, immerhin geht er, wie bereits erwähnt, auf die 60 zu. Meinen Respekt hat die Truppe, das ist echt bewundernswert.
Nach mehreren Zugaben und der Aussage, das Hamburger Publikum wäre bisher das Beste auf der Tour gewesen (ich bin einfach mal so naiv und glaube, dass das nicht bei jedem Auftritt gesagt wird ;)), entließen SAXON die glückliche Menge in die kalte Nacht. Auch wenn ich diesmal kein Plektrum abgestaubt habe (man kann ja nicht immer der „Auserwählte“ sein), bereiteten mir die beiden Gruppen doch einen wunderbar rockenden Abend und viel Spaß. Gerne wieder – „let the bands play on!“

Geschrieben am 15. März 2007 von Metal1.info

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