Konzertbericht: Stahlmann w/ Mundtot, Herzig

11.10.2014 München, Backstage

Stahlmann_1Eine Geschichte, die STAHLMANN-Fronter Martin Soer bei Live-Auftritten immer wieder gerne erzählt, lautet kurz zusammengefasst so: Als die Band 2010 erstmals in Erscheinung trat, meldeten sich viele kritische Stimmen, alle mit dem gleichen Tenor: „Ihr macht Neue Deutsche Härte? Dafür seid ihr mindestens zehn Jahre zu spät.“ Doch sowohl Martin und seine Mitstreiter als auch Eisbrecher-Kapitän Alex Wesselsky glaubten an das Projekt. Die Gründe für diesen Optimismus werden auch 2014 in München wieder deutlich, vier Jahre nachdem die Göttinger erstmals in der bayerischen Landeshauptstadt zu sehen gewesen sind – damals noch im Schlepptau von Käptn Alex.

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An der Support-Front – wo Stahlmann anno 2010 selbst noch zu sehen waren – spielen zunächst HERZ!G und MUNDTOT auf. Während erstere mit „Abgehn“ und „Traumtänzer“ ihre Energie gut rüberbringen und auf das bereits nennenswert präsente Publikum übertragen, zeigen MUNDTOT in ihrer Heimat bessere Ansätze als beim Support-Gig für ASP in der Muffathalle. HERZ!G beschreiten konsequent ihren Deutschrock-Pfad, den sie mit Lyrik würzen und besonders durch Gitarreneinsatz veredeln. Da lässt sich die Menge im Backstage wenig bitten und steigt ein. Die Musik von MUNDTOT ist hingegen deutlich getragener und reißt wenig mit. Auch erweist sich HERZ!G-Sänger Frank im direkten Vergleich als die bessere Wahl am Mikrofon. Unter dem Strich hätten die beiden Supports ihre Spots auch tauschen können.

SONY DSCDie folgende Umbaupause vor dem Hauptact gerät angenehm kurz. STAHLMANN haben keine Anlaufphase nötig und legen in gewohnter Manier mit „Willkommen“ los: In den letzten Jahren konnten Sänger Mart und Co. reichlich Bühnenerfahrung sammeln, u.a. als Support von Tanzwut und bei diversen Festivals. Diese Routine erweist sich in der sehr großen Münchner Location als Vorteil: Zwar stimmt der musikalische Auftakt mit „Adrenalin“ und der bandeigenen Hymne „Stahlmann“ sowie neuen Bühnenoutfits und kleineren Pyroelementen, doch das Publikum in der Halle braucht eine ganze Weile, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Den Level des diesjährigen Veldensteiner Festivals erreicht die Stimmung den gesamten Abend über nicht. Dafür ist die größte der drei Hallen im Backstage, auch im abgehängten Zustand, noch eine Nummer zu groß für die Göttinger, die ihren Auftrittsort kurzfristig mit Equilibrium tauschten.

SONY DSCDie vier Musiker zeigen sich von allem unbeeindruckt und geben alles. An Mikro, Bass, Gitarre und Schlagzeug liefern Stahlmann eine elektronisch aufgemotzte Rockshow, die mit den besten Songs aus den drei Alben „Stahlmann“, „Quecksilber“ und „Adamant“ glänzt. Dass der Aufbau der Stücke dabei oft frappierend ähnlich klingt, Martin stimmlich merklich limitiert ist und die Inhalte wenig originell wirken – geschenkt. Hier geht es um clubtaugliche Feiermusik mit Wumms und dieses Prädikat erfüllen STAHLMANN par excellence. Besonders die Singleauskopplungen „Hass mich…lieb mich“ vom Debüt sowie „Spring nicht“ aus der vorletzten Studioproduktion zünden. Einmal klinkt sich das Publikum von selbst in den Tanz- und Springmarathon ein und singt ein Geburtstagsständchen für Mart, der den Beginn seines neues Lebensjahres an diesem Abend auf der Bühne in der bayerischen Landeshauptstadt zelebriert. Auf ruhigere Momente und „Quotenballaden“ verzichten die vier Stahlmänner dabei fast vollends. Und wenn sie darauf zurückgreifen, gelingt es ihnen wie bei „Engel der Dunkelheit“, welches Mart einer unglücklichen Liebe widmet.
Zwischen den einzelnen Songs greift der Sänger wiederum oftmals zum Mikro und spricht beispielsweise davon, wie die Musik von heute immer getragener und langsamer wird. Nicht so bei STAHLMANN. Diese drehen mit dem neuen „Auf Feindflug“ einmal mehr an der Temposchraube und das Ergebnis überzeugt, eingebettet zwischen dem industrial-geschwängerten „Stahlwittchen“ und dem Szene-Hit „Süchtig“. Im Zugabenteil verstecken sich die silbernen Vier schließlich kurz hinter Masken und debütieren „Spiegelbild“, das deutlich ruhiger durch die Lautsprecher dringt. Die Masken sind hierbei ein einfaches und dennoch probates Mittel, um dem Song Ausdruck zu verleihen. Derlei Elemente werten die Show am Rande auf, welche schließlich im Ohrwurm „Traumfrau“ und dem sehr getragenen „Asche“ ihr Ende findet.

Mag das Backstage Werk etwas überdimensioniert und das Publikum im weiten Rund vielleicht unter anderem deswegen nicht gar so euphorisch gewesen sein wie bei kleineren Clubshows, so überzeugen STAHLMANN am Ende dennoch. Trotz des Ausstiegs von Gründungsmitglied Tobi B. präsentiert sich die Kapelle als rockendes NDH-Elektro-Flagschiff, das trotz überschaubarer Qualität beim Songwriting (und manchmal auch beim Gesang) in der Lage ist, kleinere bis größere Menschenmengen, speziell auf engstem Raum bzw. in München in den vorderen Reihen, in einen absoluten Hexenkessel zu verwandeln. Im Falle von STAHLMANN ist das Rezept dafür denkbar einfach, wenngleich nicht auf stumpfe Stampfmusik beschränkt.

Setliste
01. Willkommen
02. Adrenalin
03. Stahlmann
04. Am Grunde
05. Hass mich…lieb mich
06. Herzschlag
07. Der Schmied
08. Teufel
09. Stahlwittchen
10. Auf Feindflug
11. Süchtig
12. Marschieren
13. Spring nicht
14. Engel der Dunkelheit
15. Schwarz
16. Tanzmaschine

17. Spiegelbild
18. Traumfrau

19. Asche

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