Konzertbericht: Stahlzeit

31.01.2015 München, Kesselhaus

stahlzeit-schriftzug-02-800x157Ohne Frage, für eine Rammstein-Cover-Band gibt es in München wohl keine bessere Location als das Kesselhaus mit seinem industriellen Charme. Überall Eisen und Metall, und auf der Bühne mit STAHLZEIT eine Band, deren guter Ruf ihnen vorauseilt. Rammstein covern – geht das überhaupt? Und wenn ja, warum sollte man das Geld nicht eher für das Original ausgeben? Fragen der Sinnhaftigkeit tun sich auf, noch bevor der erste Ton erklingt. Aber es soll ja keiner behaupten, man könnte sich nicht überzeugen lassen.

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Das lange Intro beginnt pünktlich um 20 Uhr: Die Bühne ist mit blau-grauem Licht illuminiert, Nebel zieht vor der Bühne auf, die alten Winddüsen im Hintergrund drehen sich. „Reise, Reise“ erklingt, als Frontmann Heli Reißenweber zu seinen Bandkollegen auf die Bühne tritt. Erstaunlich, wie ähnlich er Till Lindemann doch sieht, dreckig geschminkt, mit entsprechender Gestik, und umgeben vom ersten Funkenregen des Abends. (Es sollten noch viele weitere folgen.) Keyboarder Thilo Weber, der in seiner Entrücktheit irgendwie an eine düstere Version von Adrien Brody erinnert, spielt dazu eine riesige elektronische Ziehharmonika. Rein optisch legen STAHLZEIT ihre Messlatte schon in den ersten Minuten ziemlich hoch. Schnell wird klar, dass sie sich bei ihrer Show hinter Rammstein keinesfalls verstecken müssen, schon allein wenn man das verfügbare Budget bedenkt, das die Konten der beiden Bands voneinander unterscheidet. STAHLZEIT hauen raus was geht, kaum ein Lied ohne Pyrotechnik, die Lichttechnik macht wohl 90 Prozent aller Bands ähnlicher Größenordnung neidisch, die bereits in München aufgetreten sind, und Showelemente des großen Vorbilds wie beispielsweise der doppelseitige Synthesizer werden virtuos in Szene gesetzt. Das rote Licht kreiert eine mystische Stimmung, während die Lichtpistole an Helis Händen Feuer in die Luft zaubert. Auch stimmlich ist er Till Lindemann unbestreitbar ähnlich. So hat man schon bald bei Stücken wie „Asche zu Asche“, wenn die Mikrofonständer brennen, fast vergessen, dass man tatsächlich eine Cover-Band vor sich hat.

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Die Titel fliegen bloß so dahin: „Sehnsucht“, „Morgenstern“, „Mutter“, „Heirate mich“, „Spieluhr“. Alles ist dabei. Bei „Keine Lust“ und „Benzin“ knallt die durchdringende Kraft des Schlagzeugs und die Rifffreude der Gitarristen besonders stark. Selbst auf dieser kleinen Bühne beweisen STAHLZEIT, was alles möglich ist, vom eisernen Topf über Feuerwerfer bis hin zur riesigen Peniskanone, und ja, auch Crowdsurfing im Schlauchboot klappt problemlos. Begleitet wird der gabenreiche Ausflug ins Publikum musikalisch von Schlagzeug- und Synthie-Tönen. Doch das ist nur eine kurze Verschnaufpause: Hits wie „Ich tu dir weh“, „Ohne dich“, „Feuer frei“, „Du hast“ und „Pussy“ folgen Schlag auf Schlag. Die Musiker und der Sänger immer mit vollem Einsatz, atemlos-kurzweilige zweieinviertel Stunden lang. Unterbrochen wird nur kurz, um auf die bevorstehende Tour von Märzfeld, STAHLZEITs Parallelprojekt mit selbstgeschriebenen Songs, zusammen mit Eisbrecher hinzuweisen. Ein kurzes „Dankeschön München“ des Frontmanns leitet, theoretisch, das Ende des Konzerts, praktisch jedoch lautstark den Zugabenblock ein. Wer bisher noch nichts zum Mitgrölen und Mittanzen gefunden hat, wird spätestens jetzt bei „Amerika“, „Ich will“ und, natürlich, „Engel“ fündig. Ein bombastisches Finale für ein Konzert, bei dem sich Band und Publikum gleichermaßen verausgabt haben.

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Warum also sich STAHLZEIT ansehen? Ganz klar, die Oberfranken sind ein perfekter Kompromiss für all diejenigen, die mehr Bock auf Rammstein haben als Rammstein überhaupt ihre selten gewordenen Konzerte spielen, oder die sich deren Ticketpreise gar nicht erst leisten können bzw. wollen – mit STAHLZEIT kommt man wirklich sehr nah an das Original-Konzerterlebnis ran. Obendrauf fühlt es sich an wie vorverlegtes Silvester, langweilig wird es wirklich nicht. Wer jedoch von einem Konzert etwas mehr erwartet als Show und Perfektion, wer etwas mehr Seele sucht, sollte sich wohl eher ans Original halten. Nicht, dass STAHLZEIT seelenlos spielen würden: Wer einmal die Eintrittspreise, die Menge an Anwesenden und die Kosten für all die Pyrotechnik verrechnet, merkt schnell, dass es sich bei dieser Band nur um ein wahres Herzensprojekt handeln kann. STAHLZEIT lieben, was sie da tun, und das spürt man auch. Doch sie haben die Songs nicht selbst geschrieben, und wer da feinfühlig ist, merkt sicherlich, ob eine Band fühlt, was sie da singt und spielt, oder ob sie es schlicht imitiert. Ein allgemeines Problem von Cover- bzw. Tribute-Bands, das man STAHLZEIT ganz sicher nicht exklusiv vorhalten kann. Es kommt also darauf an, was man von einem Konzert erwartet. Mit den richtigen Erwartungen hat man mit STAHLZEIT einige durchgefeierte Stunden und vor allem eine ganze Menge Spaß!

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von:
Peter Seidel / http://www.metalspotter.de – dort findet ihr unter anderem die vollständige Galerie zu diesem Konzert!

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