Konzertbericht: Threshold w/ Overtures, The Silent Wedding

01.11.2014 Markthalle, Hamburg

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Überraschend schnell sind THRESHOLD nach ihrem letzten Auftritt wieder in der Hamburger Markthalle – statt sechs Jahren Abstand zwischen den Konzerten musste man dieses Mal nur 20 Monate auf sie warten. Verlernt haben sie aber seit 2013 nichts, im Gegenteil: Mit dem bärenstarken Album „For The Journey“ im Gepäck präsentiert sich die Band spielfreudig wie eh und je.

The_Silent_Wedding_Logo

The Silent WeddingBevor die Großen aber randürfen, sind zwei Vorbands eingeplant. Mit THE SILENT WEDDING eröffnen pünktlich um 20 Uhr die hierzulande eher unbekannten Griechen den Abend vor überraschend wenig Publikum. Davon unbeeindruckt feuern die Jungs ihr 30-minütiges Melodic-Power-Set auf das Publikum ab und machen dabei eine durchaus passable Figur. Die eingängige Musik kommt gut an, wobei neben Sänger Marios Karanastasis besonders die Leistung des Drummer hervorzuheben ist – dabei handelt es sich mit Philip Stone (Enemy Of Reality) sogar nur um einen Tourersatz für den verhinderten Schlagzeuger Renos Lialioutis.

THE SILENT WEDDING haben zwar bisher nur eine EP und ein Album („Livin‘ Experiments“), wissen ihre Spielzeit aber gut zu nutzen. Eine stimmungsvoll modernisierte Coverversion von Black Sabbaths „N.I.B.“ lockert zudem das Set auf und verfehlt seine Wirkung nicht.

Overtures Logo

Nachdem schon für The Silent Wedding einiges an Anerkennung in den Pausengesprächen zu hören war, legen die Italiener von OVERTURES sofort noch eine Schippe drauf – und sofort ist hier wörtlich zu nehmen, denn eine Umbaupause von knapp acht Minuten dürfte auch für das eingespielte Markthallen-Team ein neuer Rekord sein. Der Beginn ihres Sets wirkt zwar die ersten Songs lang etwas hektisch, aber von Anfang an kann man die Begeisterung sehen, mit der die Band bei der Sache ist. Während sie vor allem ihr aktuelles Album „Entering The Maze“ bespielen, wird bereits deutlich, dass die Jungs eines schon richtig gut können: posen.

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Denn zuzusehen, wie hier in verschiedener Körperhaltung Gitarre und Bass gespielt wird, wie der Drummer mit der Band interagiert und wie der Sänger in das Gitarrenspiel der Saitenhexer eingreift, ist ein Riesenvergnügen. Musikalisch geht es bei OVERTURES etwas abwechslungsreicher und auch progressiver zu Werke als bei The Silent Wedding, aber besonders gegen Ende des Sets lassen sich zahlreiche eingängige Melodien hören. Wie variantenreich die Stimme von Sänger Michele Guaitoli ist, hätte er das Publikum aber vielleicht auch schon früher im Set wissen lassen können. Der Lohn der Mühen ist ein für eine Vorband fast schon unverschämt starker Applaus, der sogar dazu führt, dass OVERTURES entgegen aller Gepflogenheiten von der Hauptband des Abends eine Zugabe zugestanden bekommen, die sie mit Bravour absolvieren. Dieser Band sollte man mal eine Chance geben!

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Threshold DamianAm Ende sind die Menschen aber für THRESHOLD gekommen, die nach einer 20-minütigen Pause die Bühne betreten und in bester Laune loslegen. Überraschend ist, dass die Band erst einmal auf bewährtes Material setzt, bevor sie die Songs des aktuellen Albums auspackt. So gibt es gleich zu Beginn ein Triple mit je einem Song von den drei Alben vor „For The Journey“. Insbesondere die Platzierung des etwas sperrigen „Liberty, Complacency, Dependency“ an zweiter Stelle überrascht – aber der Erfolg gibt der Band recht. Die gut zur Hälfte gefüllte Halle frisst den Briten nahezu sofort aus der Hand.

Das verwundert aber wenig, geben sich THRESHOLD mit ihrem Auftritt doch keine Blöße. Die gut gelaunte Band begeistert mit Gitarrenposen, Backgroundchören von bis zu drei Personen und profitiert wieder einmal von der unglaublichen Bühnenpräsenz von Sänger Damian Wilson. Er ist trotz aller Detailarbeit der anderen Musiker das unumstrittene Zentrum der Show – und packt das ganze Repertoire seiner Überzeugungskunst aus: emotionale Posen, Augenkontakt mit dem Publikum, Abklatschen der ersten Reihe und schließlich Ausflüge ins Publikum während der längeren Instrumentalparts. Dabei klopft er auf unzählige Schultern, spricht gezielt Leute mit neutralem Gesichtsausdruck an und gibt erst Ruhe, wenn jeder Gast im Publikum glaubt, Damian Wilson spiele dieses Konzert eigentlich nur für ihn.

Threshold KarlDa verzeiht man auch die seltenen Aussetzer, wie als er beim Abschluss des regulären Sets fast eine ganze Strophe des Übersongs „Ashes“ zu singen vergisst, was ihm mild tadelnde Blicke von Keyboarder Richard West einbringt. Fast droht die Leistung der anderen Musiker gegen diese geballte Charmeoffensive unterzugehen. Dabei sind auch sie für Überraschungen gut. So zeigt der ohnhin immer präzise Drummer Johanne James bei „The Box“, dass er die im Internet viel diskutierte Frage, was in der titelgebenden Box wohl drin sei, längst gelöst hat – während des Liedes holt er eine kleine Box heraus und öffnet sie. Als Gitarrist Pete Morten neugierig näher kommt, schlägt er sie aber zu und bedroht ihn mit seinem Drumstick. Es soll wohl ein Geheimnis bleiben.

Nach 110 Minuten erst geht eine Show zu Ende, die an Abwechslung und Ideenreichtum, an kleinen Details und Spielfreude kaum zu überbieten war. Wer etwas kritisieren möchte, könnte anmerken, dass es mit „Part Of The Chaos“ nur ein Song in die Setlist geschafft hat, der aus der Zeit vor „Hypothetical“ (2001) stammt. Dennoch war das Material großartig ausgewählt, und eine Band wie THRESHOLD könnte problemlos drei Stunden lang spielen und würde immer noch Hits auslassen. Die unterschiedliche Dynamik der Songs gab der Show schließlich die nötige Struktur, sodass sie nie langweilig wurde – einmal mehr: Mission erfüllt!

Threshold Steve und Karl

Setlist THRESHOLD

Slipstream
Liberty, Complacency, Dependency
Ground Control
Unforgiven
Long Way Home
Part Of The Chaos
Coda
Lost In Your Memory
Watchtower On The Moon
Mission Profile
The Box
Ashes

The Hours
Turned To Dust

Das Paket auf dieser Tour kann sich sehen lassen: hochmotivierte Supportbands, ein großartig aufgelegter Headliner und zivile Eintrittspreise. Es ist fast zu schön, um wahr zu sein. Ein von Herzen kommender Ratschlag: Keinesfalls verpassen!

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Alle Konzertfotos von Johanna Lange.

Weitere Tourdaten:

04.11 D Berlin – K17
06.11 D Aschaffenburg – Colos Saal
07.11 NL Weert – Boscul
08.11 D Essen – Turock
09.11 NL Zoetermeer – Boerderij
11.11 D Ludwigsburg – Rockfabrik
12.11 F Èragny – Covent Garden Studios
13.11 D Aachen – Musikbunker
14.11 D Rheine – Hypothalamus
15.11 CH Aarau – Kiff
16.11 IT Brescia – Circolo Cologny
17.11 SK Bratislava – Randal Club
18.11 D München – Feierwerk
20.11 UK London – O2 Islington Academy
21.11 UK Chester – The Live Rooms

Publiziert am von Marc Lengowski

5 Kommentare zu “Threshold w/ Overtures, The Silent Wedding

  1. Habe Threshold vor ein paar Tagen in Essen gesehen, dort waren es sogar vier Vorbands. „The Silent Wedding“ haben mir persönlich mehr zugesagt als die Overtures. Threshold habe ich mittlerweile 7 Mal gesehen und war von der Show dieses Mal eher enttäuscht. Der Sound war viel zu laut und basslastig, zudem hatte die Band andauernd mit Soundaussetzern zu kämpfen, bei denen für einen Sekundenbruchteil die Gitarre oder auch die ganze Anlage stumm blieb. Da das relativ häufig vor kam, hat es mir den Spaß an der Show schon etwas geraubt. Damian hat allerdings mit seiner unglaublich publikumsnahen Performance einiges wieder gut gemacht.

    1. Klar, dass das stört, verstehe ich sofort – ich habe einmal ein ganzes Konzert von Monster Magner in Mono hören müssen, weil der ganze linke Boxenturm ausfiel. Defekte Technik kann auch die besten Konzerte zerstören.
      Allerdings: Solche Sachen sind natürlich Probleme, die eine Band nicht lösen kann, sondern die an der Location oder am Mischer liegen…

  2. Kleine Anmerkung. Bei The Silent Wedding saß nicht Renos Lialioutis hinter der Schießbude sondern Philip Stone von den FYB Label-Kollegen Enemy Of Reality. Kannst Du auch in meinem Blog nachlesen.

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