Review …And You Will Know Us By The Trail Of Dead – IX

Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Wenn man sich zu Schulzeiten kennenlernt, gemeinsam eine Band gründet, durch alle Höhen und Tiefen des Musikbusiness geht und neun Alben veröffentlicht, wirkt diese Zeitspanne aus der Innenperspektive wahrscheinlich noch unwahrscheinlicher als aus der Betrachtersperspektive, auch wenn es einem an Abwechslung nicht fehlt. Vom Majorlabel zum Indie, mit wechselnder Besetzung, haben Conrad Keely und Jason Reece über diese Zeitspanne mit …AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD ihren ganz eigenen Sound zwischen Alternativ, Punk und Progressive Rock gefunden und dabei nie gelangweilt. Während das überfüllte Cover ihres neuen Albums „IX“ eine weitere Lektion in Sachen große Geste, Chaos und Wahnsinn erwarten lässt, wirkt die Band über weite Strecken allerdings regelrecht brav und an manchen Stellen geradezu erschöpft. Die Qualität des dargebotenen Materials ist dabei immer noch überdurchschnittlich hoch, allerdings nicht ganz auf dem Level, das man von TRAIL OF DEAD gewohnt ist.

Auch wenn das Schlagzeug sich anstrengt, das Energielevel hochzuhalten, bleibt das Tempo über die gesamte Spielzeit von „IX“ doch weitestgehend im Midtempobereich. So dauert es dann auch bis zum vierten Song „Lie Without A Liar“ bis die flächigen Arrangements aus Synthietönen, Trommeln und Gitarren in abwechslungsreiche Strukturen gesteckt werden. Der Einstieg in Form von „The Doomsday Book“, „Jaded Apostle“ und „A Million Random Digits“ verzichtet auf Songabschnitte und setzt stattdessen ganz auf Geradlinigkeit und Atmosphäre, die auch von Conrad Keelys Gesang unterstützt wird. Während er ansonsten kraftvoll und wütend ins Mikro gerotzt und sich regelmäßig mit Jason Reeces lautem und punkigem Organ abgewechselt hat, klingt er auf „IX“ weniger druckvoll und sehr nachdenklich. Jason Reece wiederum weiß in seinen wenigen Auftritten gerade durch den krassen Kontrast seiner Stimme mit den geradlinigen, ruhigen Momenten des Albums für Ausrufezeichen zu setzen.
So überrascht es auch nicht, dass die Songs mit seiner Beteiligung dieses Mal die Highlights darstellen. Dass …AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD nämlich sehr wohl wissen, wie man packende Songs inszeniert, zeigen sie auf Nummern wie „Bus Lines“ oder „Lost In The Grand Scheme“, wobei erstere in einigen Momenten schon fast an Oasis erinnert. Hier werden über je sieben Minuten alle musikalischen Koordinaten der Bandhistorie über Indie Rock, Post Rock bis hin zu Prog abgerufen, und auch wenn die Kombination aus geradlinigen Elementen und epochalen Steigerungsparts nicht zu hundert Prozent aufgeht, weiß die Band aus Texas hier durchaus zu überzeugen. Dies liegt sicher auch an den an diese beiden Songs angeschlossenen instrumentalen, nahezu orchestralen Outros, welche über Streicher, Klavier, verzerrte Gitarren und treibende Rhythmen einen wahren Overkill an sehnsüchtigen Gefühlen heraufbeschwören.

Doch auch wenn viele Stücke rein auf Atmosphäre und Fläche setzen und auf Dramatik verzichten, zeigen …AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD in zwei Songs, dass ihre ruhige Ausrichtung durchaus funktionieren kann. „The Ghost Within“ wird von Klavierakkorden dominiert und wirkt in seiner Resignation richtig schön. Schließlich täuscht sich ein Refrain an, biegt dann aber doch nochmal rechts ab, bis schließlich ein Gesangswechsel stattfindet, fast geschrien wird und mehr Druck entsteht. „Sound Of Silk“ als Abschluss funktioniert mit einem eingängigen Rhythmus und einer einfachen, dennoch schönen Melodie und den typischen Gesangslinien, welche sich durch „IX“ hindurchziehen und keinen Fan der Band enttäuschen dürfen. Mittendrin bricht der Song plötzlich ab, ein Percussionteil, inklusive Klatschern ertönt, bis ein fast an die Red Hot Chili Peppers erinnernder Spoken Word Teil ertönt, der mit brennenden Gitarren und einem punkigen Schlagzeug das Album beendet.

…AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD klingen auf „IX“ gedrosselt. Von der Punkattitüde der früheren Alben ist kaum noch etwas üblich, der Proganteil wird zugunsten großer Songflächen ebenfalls zurückgeschraubt. Über weite Strecken funktioniert die Atmosphäre, welche die Band transportieren will, einige Songs stechen auch heraus, oft plätschert das Album aber auch nur unspektakulär, dennoch musikalisch gut gemacht, vor sich her. Man darf hoffen, dass „IX“ als ein kurzes Durchatmen nach 20 Jahren Bandhistorie zählt und die nächste Veröffentlichung wieder kraftvoller daherkommen wird.

Wertung: 7 / 10

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