Review Finntroll – Ur Jordens Djup

Bei FINNTROLL war besonders besetzungstechnisch immer einiges los. So kam es, dass über die Zeit hinweg alle Gründungsmitglieder aus dem Line-Up verschwanden, Gitarrist Teemu „Somnium“ Raimoranta kam bei einem Unfall ums Leben, Jan „Katla“ Jämsen musste die Band aufgrund stimmlicher Probleme verlassen und wurde vom viel diskutierten Tapio Wilska ersetzt. Dieser flog aber zwei Jahre nach dem auch kommerziell überaus erfolgreichen „Nattfödd“, das der Band sogar schon „Sell-Out!“-Rufe aus diversen Ecken einbrachte, aus der Band und Mathias Lillmåns von Twilight Moon trat in seine Fußstapfen. So war die Spannung natürlich groß, wie der neue Sänger unter dem Pseudonym „Vreth“ seine Aufgabe erfüllen würde. Ebenso gespannt konnte man aber darauf sein, wie das neue Album musikalisch ausfallen würde. Nach der teilweise fast gar massentauglichen „Nattfödd“, die für einige nur noch herzloses Gedüdel war, wünschte sich der ein oder andere ein wieder etwas düsteres Album. Und genau das ist „Ur Jordens Djup“ (zu Deutsch: Aus den Tiefen der Erde), FINNTROLLs musikalischer Beitrag im Jahre 2007 geworden.

Bereits das sehr düstere Intro und der Anblick des Artworks lassen mich ein wenig an „Midnattens Widunder“-Zeiten denken, als das Bild der Trolle noch durch und durch tiefschwarz war, im Gegensatz zum (übrigens meiner Meinung nach auch sehr guten, aber schnell ausgelutschten) Vorgänger, der bis auf Ausnahmen fast gar als Partymusik ausgelegt werden konnte. Auch der erste Titel „Sång“ vermittelt eine eher düstere Atmosphäre, die sowohl Elemente der älteren, als auch der neueren Scheiben vereint. Das erste Riff ist vollkommen typisch für die Band und auch die Stimme des neuen Sängers fügt sich sehr gut ein und gefällt mir persönlich wesentlich besser als die übertrieben markante Stimme Wilskas. Ein sehr eingängiger Refrain oder ähnliches bleibt jedoch aus, denn der Song lebt durch und durch von seiner düsteren Stimmung. Zugegeben, für eine Band wie FINNTROLL ist dies eher gewöhnungsbedürftig, dieses Gesicht steht der Truppe aber mindestens genauso gut. „Korpens Saga“ ist dann schon eher das, was man erwarten würde. Folkloristische, eingängige Melodien und Chöre, die mich persönlich stark an Moonsorrow erinnern. Doch sogar all diese Elemente lassen die Musik ganz anders wirken, wesentlich melancholischer sind sämtliche Melodien und Riffs dieses Mal.

Besonders deutlich wird das auch an Songs wie „Ur Djupet“. Wüsste man es nicht besser, könnte man hinter diesem Titel teilweise die Kollegen von Moonsorrow vermuten. Diebstahl will ich FINNTROLL aber keinesfalls vorwerfen, es ist lediglich zu vermuten, dass Henri am Songwriting beteiligt war oder zumindest einer der Hauptsongschreiber stark inspiriert wurde. Recht langsam, sogar episch geht man hier zu Werke und erneut legt man viel Wert auf Atmosphäre. Doch der anschließende Titel „Slagbroder“ ist wieder typisch für Finntroll, Black Metal-inspirierte Riffs, hohe Geschwindigkeit und der starke Einsatz folkloristischer Instrumente. Achja, wieder muss man bei den Refrainchören wieder stark an Moonsorrow denken…. Das obligatorische Trinklied, das auf jedem Album des Sechsers irgendwie vertreten ist, heißt diesmal „En Mäktig Här“. Der Einsatz von Steeldrums gibt dem Song sogar ein Karibikfeeling und die eingängigen Melodien (besonders der Refrain) machen so unglaublich viel Spaß, ohne dass man dabei auf die nötige Härte verzichten muss. Äußerste Ohrwurmgefahr!

Zuletzt möchte ich noch „Under Två Runor“ erwähnen, welches mit seiner melancholischen, „Kivenkantaja“-ähnlichen Atmosphäre ebenso auf voller Länge begeistert und mit „En Mäktig Här“ wohl den absoluten Höhepunkt des Albums markiert. Zusammen mit „Kvällning“ bildet dies einen großartigen Ausklang für ein großartiges Album, das ich kaum erwartet hätte. Großen Gefallen habe ich an FINNTROLLs epischer Seite gefunden, die bisher kaum in den Vordergrund trat. Doch auch das gewisse „Back to the Roots“ erfreut mich. Die Härte nimmt wieder mehr Platz ein, büßt dafür etwas an Eingängigkeit, ist aber viel facettenreicher und länger haltbar. Und ja, ich habe zahlreiche Vergleiche zu Moonsorrow gezogen, aber dennoch vergessen FINNTROLL sich nicht selbst und wahren ihr eigenes Gesicht, ein Gesicht, das immer erwachsener wirkt. Ein tolles Album, das wahrscheinlich besonders den Fans der alten Scheiben zusagen wird und denen, die mit „Nattfödd“ nicht so viel anfangen konnten. Ich kann meine vollste Kaufempfehlung aussprechen.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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