Review Finsterforst – Mach dich frei

Zehn Jahre Bandhistorie und ein Vertrag bei Napalm machen aus den Süddeutschen FINSTERFORST schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr. In der hiesigen Black-Pagan-Folk-Szene haben sich die Südbadener mit ihren bisherigen drei Alben definitiv etabliert, jetzt legt das Septett mit „Mach dich frei“ wieder los und präsentiert eine geballte Scheibe voller einheimischer Tonkunst.

Satte 74 Minuten weisen die acht Songs auf, von denen man eigentlich in Form des kurzen Intros „Abfahrt“ und des nicht einmal zwei Minuten langen „Im Auge des Sturms“ sogar noch zwei abziehen müsste. Klarer Fall, hier werden die Ideen und Konzepte episch ausgewalzt, alleine der selbstbetitelte Rausschmeißer dauert fast 24 Minuten und wäre somit bei Bands aus anderen Genres bereits ein eigenes Album.
Somit ist also klar: Leicht wird es nicht für den Hörer. Das Wort „progressiv“ sei zwar mit einiger Absicht vermieden, denn Songs, die einfach nur lang sind, sind es ja nicht automatisch. Schwer zugänglich sind die Lieder aber dennoch, da es neben den durchaus eingängigen Melodien doch immer wieder sperrige Arrangements gibt, durch welche sich die Musik dem Ohr des Hörers ein ums andere Mal entzieht.
Dies liegt aber auch an vielen kleinen und feinen Einfällen, die FINSTERFORST in ihr Programm integrieren. Besonders gut gelungen sind die variantenreichen Gesänge, mal episch, mal aggressiv, sehr oft mit dem bandeigenen Chor. Das ist alles recht cool, es wirkt nicht so aufgesetzt, wie man es leider zu oft erlebt, sondern natürlich und ehrlich. Auch die Keyboard-Einsätze sind wohldosiert, man merkt fast gar nicht, wie federführend das Instrument letztlich ist, schafft es doch den Spagat zwischen der führenden Rolle im Song und der Fähigkeit, sich nur mal ganz dezent nach vorne zu mogeln. Und wenn es das tut, dann haut das in der Regel hin, besonders die voluminösen Blech-Bläser-„Attacken“ haben eine nachhaltige Wirkung und können mit Fug und Recht als Aushängeschild von „Mach dich frei“ betrachtet werden.
Erfreulich wuchtig und transparent ist auch die Produktion. Sicherlich war es eine kleine Herkulesaufgabe, alle Details entsprechend ihrer zugedachten Wirkung hörbar zu machen und an ein oder zwei Stellen hat das auch nicht ganz hingehauen. Verschmerzbar! Denn die Kraft, die FINSTERFORST mit ihrer Musik entfachen, wiegt diesen kleinen Malus locker auf.
Ein paar Abzüge muss „Mach dich frei“ aber im Bereich der textlichen Ausgestaltung hinnehmen. Es scheint, als habe man die philosophische Karte ausspielen wollen, dabei tappte man aber einige Male in die Klischeefalle, was gerade bei deutschen Texten leicht passiert. Darüber kann man als reiner Musikkonsument hinweg sehen, wer am Gesamtpaket interessiert ist, mag sich an einigen Plattheiten aber schon stoßen.

Unter dem Strich steht jedoch ein Album, welches Freunde der Band gleichermaßen zufrieden stellen sollte wie Fans des Genres ganz allgemein. Denn „Mach dich frei“ gefällt schon beim ersten Durchgang ordentlich und steigert sich eine ganze Weile weiter. Die angesprochenen Kritikpunkte schmälern das Vergnügen ein wenig, insgesamt sollte die Scheibe für FINSTERFORST aber schon für die nächste Sprosse auf der Karriereleiter reichen.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert