November 2009

Review Fjoergyn – Jahreszeiten

Mit bisher zwei großartigen Konzeptalben haben sich die mitteldeutschen FJOERGYN bereits völlig zu Recht einen hervorragenden Ruf als Ausnahmeband erspielt. Die unvergleichliche Symbiose aus naturverbundener, symphonischer Romantik und hartem, epischem Metal verzückte schon auf „Ernte im Herbst“ und dem Nachfolger „Sade et Masoch“, so dass die Erwartungen an Teil Drei „Jahreszeiten“ kaum höher sein könnten.

Treu bleiben sich die Thüringer in jedem Fall, was die lyrische Ausrichtung anbelangt: Bei „Jahreszeiten“ steht erneut der Mensch im Hintergrund und als Spielball höherer Mächte; wie schon auf dem Erstling ist hier die Natur diejenige, die das unwürdige Wesen Homo Sapiens in die Schranken weist. Musikalisch geht der Jahreskreislauf, die FJOERGYN ihn zeichnen, zunächst los, wie man sich ihn üblicherweise vorstellt: „Auf bald“ und „Verklärte Welt“ wecken frühlingshafte Stimmungen, ohne jedoch in irgendeiner Weise kitschig oder übertrieben fröhlich daher zu kommen.

Wer jedoch denkt, dass im Folgenden der Sommer den heitersten Teil der FJOERGYN’schen „Jahreszeiten“ ausmacht, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht und erweist sich als ein schlechter Kenner der Band. Denn mit „Sturmzeit“, „Der Himmel fällt“ und „Am Ende der Welt“ – die Titel auf der CD sind gewiss nicht zufällig wie ein Gedicht angeordnet – zeigt die umgebende Welt der armseligen Erdbevölkerung, wozu sie im Stande ist, wenn sie eben nicht tut, was man von ihr erwartet. Ich will nicht zu viel vorweg nehmen, denn die Geschichten sind durchaus fesselnd gestrickt. So viel sei verraten, dass entgegen mancher Erwartungen eben jener eigentlich „sonnige“ Mittelteil die düsterste Stimmung verbreitet.

Der Herbst hingegen zeigt sich zwar schwermütig, aber mit einem erhöhten Anteil an klarem Gesang und Orchesterelementen eben auch als bewundernswerte Jahreszeit. Insbesondere bei „Wie Jahr um Jahr“ zeigen FJOERGYN, aus welchem edlen Holz sie geschnitzt sind, denn kaum einer anderen Kapelle wird es gelingen, innerhalb eines Stücks die Grundstimmung dreimal so vollkommen zu ändern, ohne dass der Hörer dabei einen harten Bruch bemerken würde. Wenn zum Schluss der schwelgende Gesang einsetzt, glaubt man kaum noch das gleiche Lied wie zu Beginn zu hören. Eine ähnliche Vielschichtigkeit offenbart sich auch im abschließenden „Ich bin der Frost“, der zunächst überraschend hart und rasend einzieht, um dann bald in einer Ode des Lobes an die „märchenhafte Krone der Zeit“ zu münden und im gesprochenen Gedicht zu enden.

FJOERGYNs „Jahreszeiten“ stehen dem tatsächlichen wundersamen Kreislauf der Welt in seiner Majestät kaum nach. Wenn ich Schwächen der Platte benennen sollte, fielen mir einzig kleinere lyrische Ungereimtheiten oder der manchmal doch etwas synthetische Orchesterklang ein – letzterer ist natürlich einem begrenzten Budget der Band geschuldet, und macht in den meisten Fällen auch eine ordentliche Figur.
Diese Kleinigkeiten trüben das Gesamtbild kaum. „Jahreszeiten“ ist trotz seiner scheinbar vorhersehbaren Struktur ein Album geworden, dass mit Einfallsreichtum, Vielfalt, erhabenen Melodien und stets passenden Stimmungen besticht. Mit ihrem dritten Werk ist FJOERGYN erneut ein großes, zeitloses Meisterwerk gelungen, das zweifellos – wie bei den Herren mittlerweile üblich – einer DER Kandidaten für das Album des Jahres ist.

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert