Review Flowing Tears – Invanity – Live in Berlin

Lange Zeit war es still geworden um die beste (deutsche) Female-Fronted-Gothic-Metal-Band FLOWING TEARS aus dem beschaulichen Saarland. Für viele sicher zu ruhig, denn bis auf eine Handvoll Konzerte und Festivals hörte man wenig bis gar nichts mehr von Benni und Co. Als dann auch noch die Zusammenarbeit mit Century Media eingestellt wurde, musste man das Schlimmste befürchten, doch glücklicherweise konnte die Ausnahmetruppe einen neuen Deal unterzeichnen und bevor es Ende 2008, Anfang 2009 – so jedenfalls der angepeilte Termin – zur nächsten Studioveröffentlichung kommt, bringt Ascension Records nun „Invanity – Live in Berlin“ raus. Mag sich der eine oder denken, dass ein Live-Album häufig nichts anderes als eine Best-Of in schlechterer Qualität ist, die denjenigen Fans, die ohnehin alle Alben einer Band ihr Eigen nennen, nichts Neues bieten, der irrt in diesem Fall ganz gewaltig. Denn das aufgenommene Konzert fand an keinem geringeren Ort als der Passionskirche mitten im Herzen von Berlin statt.

Metal und Kirche? Auf den ersten Blick eine etwas seltsame Kombination, kann man sich kreischende Gitarren und hämmernde Schlagzeug-Beats in den ehrwürdigen Gebäuden doch gar nicht so recht vorstellen. FLOWING TEARS wären aber nicht FLOWING TEARS, wenn sie sich für diese besondere Aufnahme nicht auch etwas ganz Besonderes ausgedacht hätten. Und so spielten sie ihr Set semiakustisch, was zwar schon heißt, dass die Instrumente elektrisch verstärkt wurden, aber dafür wird komplett auf verzerrende Effekte verzichtet, was den Songs noch mehr Natürlichkeit als sie sowieso schon haben, verleiht. Tatsächlich liest sich die Setliste wie ein Who-Is-Who der jüngeren Bandgeschichte (welche unter dem Namen „Flowing Tears And Withered Flowers“ ja bereits vor 13 Jahren ihren Anfang nahm). Gut, die Lieder sind im Original schon nicht besonders schnell, aber speziell die Adaptionen der zwei letzten Alben „Serpentine“ und „Razorbliss“, bei denen die Songs durchaus mit hartem Riffing aufwarten, sind im akustischen Gewand wahre Perlen. Und was bei einer solchen Spielart herauszuholen ist, zeigt die ungewöhnliche Cover-Version von Slayers „Dead Skin Mask“. Aber auch Lieder wie „Portsall (Departure Song)“, welche in der Album-Version eher ruhig und teilweise akustisch sind, entfalten eine ganz neue Magie, so dass man sich bisweilen verwundert die Ohren reibt ob der überraschenden Wirkung. Gute Songs werden plötzlich zu herausragenden Nummern, die Atmosphäre, die während des Konzertes geherrscht haben muss, muss gigantisch gewesen sein, wenn man alleine das im heimischen Wohnzimmer Gehörte heranzieht.

Zu dem großartigen Gelingen der Umsetzung trägt im Übrigen Sängerin Helen Vogt, die zum Zeitpunkt des Konzertes (2004) ja erst kurze Zeit in der Band war, in hohem Maße bei. Oft singt sie beschwörend-flüsternd, dann wieder mit einem solchen Nachdruck, dass trotz der sehr ruhigen Intonierung die Kraft der Lieder mühelos rüberkommt. Dass es sich um eine Liveaufnahme handelt, merkt man gerade im Falle des Gesanges zudem überhaupt nicht, jeder Ton sitzt massgeschneidert auf der Musik, man hört keinerlei Unsicherheiten heraus, vermutlich einfach deshalb, weil es sie gar nicht gegeben hat. Aber auch der Rest der Truppe weiß absolut zu ünberzeugen und der Klang ist ebenso gut, was mit Sicherheit auch am Ambiente in einer großen Kirche liegt.

Neben dem angesprochenen Slayer-Lied bekommt man eine weitere Coverversion zu hören. Der Musik der FLOWING TEARS hört man meiner Meinung nach immer etwas an, dass ein gewisser Nick Cave keinen unwesentlichen Einfluss ausübt. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass „The Weeping Song“ ausgwählt wurde. Dieser wurde jedoch nicht live performt, sondern ganz neu im Studio eingespielt. Zur Unterstützung stand kein geringerer als Johan Edlund von Tiamat bereit, so dass sich ein mitreissendes Duett zwischen Helen und Johan ergeben hat, welches die Dynamik des Originals noch mehr unterstreicht. Einziger Kritikpunkt hier: man hört der Coverversion kaum an, dass nicht der Meister selbst, sondern eben Johan Edlund gesungen hat, zu ähnlich sind sich die Stimmen, da wäre etwas mehr Abwechselung schon wünschenswert gewesen, insgesamt ist aber dieser letzte der neun Songs ebenso gelungen wie der Rest.

Eine Live-CD muss man nicht zwangsläufig haben, die dahinterstehende Problematik ist ja bereits angeklungen. Diese Live-CD sollte man allerdings um so mehr besitzen, denn hier bekommt man wirklich etwas Neues geboten und auch wenn die CD mit neun Liedern, welche bei FLOWING TEARS ohnehin meistens recht kurz sind, ziemlich knapp bemessen ist. Dennoch MUSS man hier zugreifen!!!

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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