Review Galar – De Gjenlevende

GALAR aus dem norwegischen Bergen sind bislang nicht allzu sehr in Mitteleuropa in Erscheinung getreten. Das mit dem vorliegenden Drittwerk „De Gjenlevende“ mittlerweile zum Trio angewachsene Projekt blickt immerhin auf mehr als zehn Jahre Bandgeschichte zurück, die bisherigen Veröffentlichungen haben allerdings nicht zum Durchbruch gereicht. Dies soll sich nun möglicherweise ändern.

Möglicherweise? Ist es nicht das Bestreben fast jeder Band, möglichst erfolgreich zu sein, um möglichst viele Menschen von seinen Visionen zu überzeugen? Vermutlich schon, aber GALAR wählen einen durchaus steinigen Weg. Lediglich sechs Songs finden sich auf „De Gjenlevende“ wieder, diese bringen es aber auf fast 50 Minuten Musik, was umso beachtlicher ist, da mit „Ljós“ ein gerade dreieinhalbminütiges Instrumental die Durchschnittsspielzeit doch wieder ein Stück nach unten drückt.
So haben die Lieder viel Zeit, sich zu entwickeln und die Band nutzt diesen Spielraum entsprechend aus. Man limitiert sich in keinem Bereich, so finden sich harte und cleane Gesänge, akustische Passagen, Melodien, Keyboardeinsätze und dann und wann kommt auch mal der Knüppel aus dem Sack. In der Zusammenfassung nennt man das dann schwarzmetallisch beeinflussten Folk Metal und liegt damit richtig. In den härteren Momenten werden Erinnerungen an Helheim wach, doch das sind auch schon die einzigen Parallelen zwischen der Legende und GALAR. Ein Vergleich ist ohnehin nicht wirklich angebracht, haben die Nordmänner doch klar erkennbar einen eigenen Stil gefunden. Dieser lässt, wie schon angesprochen, der Musik viel Gelegenheit, sich zu entwickeln und auch die lyrischen Botschaften zu transportieren. Oder sagen wir: die vermuteten Botschaften. Die Texte sind allesamt in der Landessprache gehalten und entziehen sich dem gewöhnlichen mitteleuropäischen Ohr, aber das ist nicht schlimm. Denn die Bilder, die „De Gjenlevende“ in die Imagination zaubert, sprechen auch so eine deutliche Sprache. Nordische Mythologie, Schlachten und Geschichtliches lassen Klischees wie die Midgard-Schlange, die Asen oder selbst Odins Spätzchen Hugin und Munin vor dem inneren Auge erwachen.
Gut, GALAR kann man sich auch ohne Hintergrundkenntnisse oder Affinität zu den Themen gut anhören. Man sollte nur ein wenig Zeit mitbringen, um die teilweise sehr verschachtelten Arrangements zu entschlüsseln. Dann wird man durch atmosphärisch sehr dichte Lieder belohnt, die sich immer wieder Zeit nehmen, die eine oder andere Nuance einzubauen. Ein akustisches Zwischenspiel hier, dezente Pianountermalung da, Choreinsätze, aber eben auch Blast-Beats und harsches Keifen.

„De Gjenlevende“ ist ein typisch norwegisches Album und dies ist absolut als Kompliment gemeint. GALAR bieten im Prinzip alles, was der Hörer von einer skandinavischen Band erwartet. Leider fehlt es in der Retrospektive doch ein wenig an Eingängigkeit. Sicher muss man keinen „Hit“ erwarten, aber etwas mehr Wiedererkennung wäre wünschenswert gewesen. Dennoch, ein überzeugendes Album für Wikinger und normale Hörer.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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