Review Krakow – Amaran

Das Quartett KRAKOW aus Norwegen überraschte vor einiger Zeit mit dem hochklassigen Zweitwerk „Diin“. Den Rückenwind haben die Bergener mitgenommen und legen jetzt mit „Amaran“ die nächste Scheibe nach. Das bedeutet für alle Freunde postmetallischer Tonkunst: Eine Dreiviertelstunde durchdachter Musik voller Kraft und Leidenschaft.

Gleich der erste Hördurchlauf entfacht einen wahren Gedankenstrom, vieles geht einem durch den Kopf. Alleine der sagenhafte Einstieg in den Opener nach einem kurzen, ruhigen Intro macht den Kauf der Platte schon fast zur Pflicht. Glücklicherweise haben KRAKOW ein wenig mehr in der Hinterhand und so entfesseln sie sieben Songs voll mit echter Kopfhörermusik. Dies ist natürlich nicht zwingend notwendig, aber man kann ganz sicher mehr von der ungeheuren Intensität mitnehmen, wenn man sich „Amaran“ auf diese Art und Weise nähert.
Fett und massiv, staubtrocken und erdig bringen die Gitarren die Songs trotz einer gewissen Progressivität immer wieder auf den Punkt. Ein Wiedererkennungsmerkmal par excellence, sozusagen, welches im Handumdrehen dafür sorgt, dass die Band auch ohne viel Tempo eine mächtige Aggression kreiert, eine dichte Atmosphäre ist die unmittelbare Folge und sicher für diese Art von Musik beabsichtigt.
Im weiteren Verlauf von „Amaran“ kommt man sich fast vor wie beim Genuss der „Vier Jahreszeiten“. Keiner der Songs ähnelt dem anderen, hier und da gibt es ein paar verstörende Riffs („Genesis“), „Vitriol“ gibt sich teilweise, aber nicht überfordernd progressiv. Doom darf nicht fehlen und bekommt seinen Platz bei „On Earth“, während „Ten Silent Circles“ schon fast verspielt ist. Trotzdem gehören die Songs alle zusammen und man hat nie den Eindruck, als wäre einer von ihnen ein Fremdkörper, lediglich das schwer zugängliche „Pendulum“ lässt den Hörer etwas ratlos zurück.
Neben dem über die nahezu gesamte Spielzeit hochwertigen Songwriting bauen KRAKOW noch die eine oder andere nette Spielerei ein. So lässt man die Gitarren aller Soundfixiertheit zum Trotz auch mal über Wah-Wah-Effekten singen, hier und da experimentiert man mit dem Gesang und setzt sich insgesamt praktisch keine Limits.

Mit „Amaran“ ist KRAKOW ein Album gelungen, auf welches man scheinbar auch dann gewartet hat, wenn man die Band vorher gar nicht kannte. Viel müssen die Norweger gar nicht machen, sicher sind sie spieltechnisch auf der Höhe, aber abgedrehte Riffs und progressive Strukturen sucht man letztlich fast vergeblich. Zum Glück, denn so entfaltet sich die Musik anhand der Stärken, für die Post Metal auch 2015 noch stehen soll.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert