Review Kreng – The Summoner

  • Label: Miasmah
  • Veröffentlicht: 2015
  • Spielart: Ambient

KRENG ist das Ambient-Projekt des Belgiers Pepijn Caudron. Ursprünglich auf reine Sample-Arrangements ausgelegt, entwickelte es sich jedoch schnell in Richtung Soundtrack, so dass viele der Werke in Film und Theater Verwendung fanden.

Caudrons neues Konzeptalbum „The Summoner“ baut auf die psychologische Theorie über die „Fünf Phasen der Trauer“ auf, denen er je einen Track widmet: Zunächst erfolgt die Leugnung, beziehungsweise die Isolation („Denial“), die dann in puren Zorn übergeht („Anger“). Aus diesem Zorn wird daraufhin die Einsicht geboren, verhandeln oder handeln zu wollen („Bargaining“). Der Misserfolg mündet aber unweigerlich in die Depression („Depression“). Gelingt es, diese zu überwinden, erreicht der Trauernde die Phase der Akzeptanz („Acceptance“), die Erlösung bedeuten kann, aber nicht muss.

Pepijn Caudron fügte jedoch zwischen „Depression“ und „Acceptance“, das 15-minütige „The Summoning“ ein, das das Herzstück des Albums bildet und für das er sich die Doom-Metal-Band Amenra zur Hilfe holte. Zunächst eröffnet der Song mit einer düsteren Klanglandschaft, von der später eine monotone Bassline Besitz ergreift und den Track langsam vorwärtstreibt. Nach der Hälfte geht der Song dann völlig überraschend in einem Doom-Metal-Riff sowie schleppendem Schlagzeug auf und findet dann seinen Höhepunkt in leidendem Schreigesang. Nach eigener Aussage von Pepijn Caudron repräsentiert der Track die Möglichkeit vor dem Tod ein letztes Gespräch mit seinen Geliebten zu führen, sich zu verabschieden. Gleichzeitig könnte es aber auch für den Versuch stehen, der Depression zu entkommen, indem man all seine Emotionen bündelt, um tief in sie einzutauchen, in der Hoffnung finale Läuterung zu erlangen.

Abseits des Doom-Metal-Höhepunkts besteht das Album aus brilliant arrangierten Samples, elektronischen Tönen und Drone-Sounds, sowie kaum hörbarem Streicher-Gefiedel im Hintergrund, das mal die Form von rhythmischen Sägegeräuschen annimmt, mal an schrille Schreie erinnert. KRENG zelebrieren Kopfkino vom feinsten und überraschen den Hörer immer wieder aufs Neue. Ein Beispiel: Mitten in die Stille ertönt ein Schlag, wie das Öffnen einer Tür. Ein Sturm aus kreischenden Vögeln ergießt sich heraus und umfängt den Hörer panisch flatternd und um sich schlagend. Diese Komponente des Unerwarteten macht die musikalische Ruhe zwischen den „Ereignissen“ ebenso intensiv wie diese selbst.

Die einzelnen Phasen der Trauer setzt Pepijn Caudron dabei komplett unterschiedlich um: Den Anfang von „Depression“ etwa assoziiert der Hörer vornehmlich mit Film- und Videospielmusik, wie sie meist in unterirdischen Katakomben und Gängen erklingt, die dumpfe, verhallende Percussion erweckt ein Gefühl von Dunkelheit und Klaustrophobie, öffnet sich später dann aber langsam zu einer Art unirdischem Schwebezustand.

Ich habe aus Angst ein Detail zu verpassen beim ersten Hören von „The Summoning“ immer wieder unbewusst den Atem angehalten, so überraschend und wendungsreich haben KRENG dieses kleine Meisterwerk gestaltet. Die bedrohlich-düstere Atmosphäre saugt den Hörer geradezu ein und lässt ihn mit Spannung auf jede neue Klimax warten. Das ungewöhnliche Konzept fasziniert sofort und bringt eine für das Genre ungewöhnlich intensive emotionale Komponente mit ein. Keine Frage, für Fans von Dark Ambient oder Minimal Music im Allgemeinen ist das neue Werk von KRENG ein Muss!

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Tobias Schultz

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