Review Meshuggah – obZen

Die Wirkung, die MESHUGGAH auf ihren Hörer haben, lässt sich recht gut mit der des „Pangalaktischen Donnergurglers“ vergleichen, einem Getränk aus Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“: Beim Genuss der Technical-Death-Metal-Band fühlt man sich teilweise tatsächlich so, „als werde einem mit einem riesigen Goldbarren, der in Zitronenscheiben gehüllt ist, das Gehirn aus dem Kopf gedroschen.“ Zugegeben, das ist ein Gefühl, das nicht unbedingt jeder als lustvolles Vergnügen wahrnimmt. Für Leute, die aber auch das stärkste Getränk des Universums wie Wasser kippen, stellt MESHUGGAHs sechster Streich „ObZen“ tatsächlich so etwas wie den „Royal-Pangalaktischen-Donnergurgler“ unter den „Pangalaktischen Donnergurglern“ dar.

Schon der Titel mit seinem genialen Wortspiel zeigt, mit welch hohen Selbstansprüchen MESHUGGAH an dieses Werk herangegangen sind. Ihre Musik wirkt im Allgemeinen wesentlich filigraner und subtil durchdachter als auf den Vorgängern. (Der Begriff „filigran“ könnte in diesem Zusammenhang vielleicht etwas deplatziert wirken, aber ja, man kann jemandem das Gehirn mit einem Goldbarren auch „filigran“ aus dem Kopf dreschen.) Die Band nimmt auf „ObZen“ öfter als zuvor die Härte für ruhigere Passagen heraus und begleitet ihre vom Rhythmus getriebenen Kompositionen durch melodische Gitarrensoli. Dies stellt jedoch keineswegs eine „Verweichlichung“ dar. Nein, bei weitem nicht! Nach jeder dieser Passagen legen MESHUGGAH wieder mit ihren unvergleichlich brutalen, hypnotischen Riffs los, die auf diesem Album noch grooviger ausfallen, als je zuvor.

Man hat während dem gesamten Hören das Gefühl, MESHUGGAH wissen genau wo sie hinwollen. Und in der Umsetzung kann sie nichts, aber auch gar nichts davon abhalten, genau dort hinzukommen: Ohne irgendwelche unnötigen Schnörkel und Schlenker preschen sie wie ein wildgewordenes Nashorn durch ihre Kompositionen. Jeder Ton und jeder Drum-Schlag sitzt präzise. Kein unnötiges Beiwerk verwässert das Erlebnis.

Unterdessen liefern die einzelnen Musiker wieder einmal eine perfekte Perfomance ab, die dem Hörer an einigen Stellen regelrecht die Sprache verschlägt. Die Instrumente galoppieren in einem wilden Chaos durcheinander, trennen sich im Rhythmus voneinander, finden wieder zusammen und lösen dann wieder den Rhythmus für einige unbeschreibliche Augenblicke komplett auf. Plötzlich bleiben die Gitarre und das Schlagzeug aus, der Bass läuft alleine in die Leere, bevor ein mächtiger Blastbeat wieder alle drei vereint. Dieser Blastbeat wird dann über eine halbe anstrengende Minute gehalten, bis er abrupt endet. Einige Sekunden erholsame Stille, dann beginnt das Spektakel erneut. Dieses Mal stimmt die Band dazu ein stimmungsvolles Gitarrensolo an, das dann völlig unerwartet innerhalb eines Augenblickes in die Atonalität abdriftet… Solche genialen Spielereien findet man auf „obZen“ hinter jedem zweiten Riff. Im monströsen Ganzen steigert sich dieses Konzept in eine wunderbare „Donnergurgler-Kakophonie“, von der man als geneigter Hörer einfach nicht genug bekommen kann.

Mit „ObZen“ erreichen MESHUGGAH endlich wieder ihr vielgerühmtes Meisterwerk „Chaosphere“. Zwar ist es nicht mehr so verstörend wie das Album von 1998, diese Schwäche bügelt es aber durch seine beeindruckende Raffinesse aus. Da zusätzlich auch noch die Hitquote stimmt, kann ich die klare Empfehlung aussprechen: Tut euch dieses Album an! Trotz der ganzen Goldbarren-Sache. In diesem Sinne: „Wohl bekomm´s!“

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Tobias Schultz

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