Review Sigh – Graveward

Wirklich, aber auch wirklich jeder Fan von avantgardistischer Metal-Musik wird auf die Frage, ob es einen namenhaften Vertreter dieser Spielart aus Japan gibt, voller Innbrunst SIGH nennen. Seit tatsächlich einem Vierteljahrhundert schon aktiv, hat das Quintett mit „Gallows Gallery“ (2005) und „In Somniphobia“ (2012) nämlich zwei Überalben in die Welt herauskatapultiert, an deren Qualität sich das aktuelle zehnte Full-Length „Graveward“ messen lassen muss.

Wer die Diskografie von SIGH kennt, weiß, dass die Herren um Multiinstrumentalist Mirai Kawashima und seine langjährige Partnerin und zugleich Saxophonistin sowie Sängerin Dr. Mikannibal im Schnitt alle zwei Jahre eine wahrlich großartige Platte veröffentlichen. Ausgestattet mit einem gut verträglichen Maß an Abwechslung, Überraschung und Progression fädelt sich auch „Graveward“ prinzipiell in dieses typische Vorgehen von SIGH ein, aber leider nicht in die Reihe der starken Vorgänger. Die schier unbegrenzte Ideenvielfalt und der unbändige Mut für Neues sind zwar auch bei dem aktuellen Album sinnstiftend, aber die Qualität dessen kann dem vorangegangenen Material nicht das Wasser reichen.

Bereits der Opener „Kaedit Nos Pestis“ ist ein für die Band typischer Track, der die Trademarks zusammenbringt: Orchestrale Einschübe, kurze Samples, verschiedene Soli sowie mehrfacher Melodiewechsel. Ein Lied von SIGH bietet zwar ein Repertoire an Klängen, die im ersten Moment nicht klar zusammenzugehen scheinen, nach zwei-, dreimaligen Hören aber gute Hooklines oder (entgegen dem anfänglich völlig strukturlosen Songaufbau) einen wiederkehrenden Refrain erkennen lassen können. Dabei toben sich die Tokioer nicht in jedem der zehn Tracks zur Gänze aus, sondern auch eine für SIGH-Verhältnisse fast gediegene Nummer wie „The Forlorn“ findet ihren Platz auf „Graveward“, welches mit „Out Of The Grave“ eine live sicherlich hervorragend funktionierende Nummer beinhaltet.

Aber wie es die vorherigen Zeilen schon deutlich machen – das zehnte Output knüpft nicht an vorherige Alben an. Nicht etwa, weil SIGH ihren unterhaltsam-avantgardistischen Stil verloren haben, sondern weil dieser auf „Graveward“ weniger fesselnd, weniger catchy ist und keine richtigen Höhepunkte zu Tage fördert. Stellenweise fehlt dem irrwitzigen Gedresche eine Überraschung, den relativ ruhigeren Songs wie „A Messenger From Tomorrow“ mangelt es an dem letzten Fünkchen Tiefgang, um ergreifend auf den Zuhörer zu wirken. SIGH stolpern somit selber über das Bein, was sie sich mit den zwei vorherigen Alben selber stellten, denn die daraus resultierende Erwartungshaltung zu befriedigen, gelingt der Dame und den Herren nur bedingt. So wäre „Graveward“ als das Debüt einer unbekannten Band eine wahre Überraschung, für SIGH-Verhältnisse jedoch handelt es sich hierbei zwar nicht um ein enttäuschendes, aber leider schwächeres Album.

Wertung: 7 / 10

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