Review Sören Vogelsang – Augenblick

  • Label: Eigenproduktion
  • Veröffentlicht: 2011
  • Spielart: Entmetallisiert, Singer/Songwriter

Ernst wie lustig – so präsentiert sich Das (halbe) Niveau in Form von Sören Vogelsang aka Der Barde Ranarion auf seinem Erstlingswerk „Augenblick“. Mit Hilfe einer Internetinitiative wurde diese Veröffentlichung überhaupt erst möglich gemacht und wie gut das Geld investiert war, konnte wohl bestenfalls Sören selbst im Vorhinein wissen. Mit einfachsten Mitteln schaffst es der sprachgewandte Vokalist gleichwohl für tiefe Erheiterung und wohlige Gänsehaut zu sorgen. Seiner Stimme und Gitarre sei Dank.

Nur mit dieser Kombination musikalische Identität und Eigenständigkeit zu demonstrieren und aufrecht zu erhalten, ist ein schwieriges Unterfangen. Zu viele Singer-Songwriter schwimmen mit ihren Akustikklampfen in seichten wie ähnlichen Fahrwässern. „Augenblick“ wirkt hingegen so, als ob sich Sören mit seiner Gitarre das von der Seele spielt, was ihn beschäftigt und auszeichnet – sei es der Wunsch nach Freiheit („Frei“) oder der zweifelhafte Ruf eines Spielmanns („Vergöttert & Verdammt“). Stets authentisch unterhält und berührt seine Musik, obwohl die Texte teilweise nicht einmal aus Sörens eigener Feder stammen, wie bei „Verdammt & Vergöttert“ sowie bei „Das Fenster“. Beide wurden von Stefan Schramm verfasst, hätten aber auch dem Vogelsangschen Freigeist entspringen können. Dieser zeigt sich zur Mitte des Albums plötzlich von seiner romantischen Seite.
Genau wie „Das Fenster“ wurde „Holde Maid“ live und ungeschnitten eingespielt – mit allen Vor- und Nachteilen. Der Song balanciert spielend auf dem schmalen Grad zum Kitsch und vermittelt trotz einiger kleiner Schönheitsfehler ein wohliges Gefühl. So echt wirken die einfach gehaltenen Akkorde, so nahe geht die höchst angenehme Singstimme des Breisiger Bardens.

Diese lässt ihn auch bei der hinlänglich ausgeschlachteten „Rabenballade“ nicht im Stich, die er ebenfalls selbständig interpretiert und auf seine musikalische Welt umarrangiert. Dass insgesamt trotz aller Kompositionen mit eher ernstem Hintergrund auch der humoristische Aspekt nicht zu kurz kommt, beweist der Sänger u.a. in den Lyrics zum bereits mehrfach erwähnten „Das Fenster“. Ein wunderbares Beispiel für eine harmonische Überschneidung von Sören als Solokünstler und Das Niveau. Hier zählt weniger der Geschlechtsakt als vielmehr die (ab und an) edelmütigen Motive dahinter. Allerdings steht dem Sprachtalent die Vertonung von beidem wunderbar zu Gesicht. So fühlt sich „Augenblick“ nie wie ein billiger Abklatsch oder seichert Aufguss von Das Niveau an, sondern wie ein völlig eigenständiges und größtenteils unverwechselbares Eigenprojekt, in dem noch viel Potential steckt. Allein die Raggae-Avancen in „Irgendwann“ und die Ausflüge in gesungenes Latein beim zehnminütigen „Feuersänger“ beweisen das. Zweiteres erinnert ein wenig an eine moderne Version von Schandmauls „Eine Waldmär“.

Lediglich ein paar Lieder wie „Sehnsucht“, „Der letzte Kuss“ und der stimmlich etwas schwachbrüstige Titeltrack fallen ab. Andererseits ist dies bei einer Erstveröffentlichung eine Schwäche, die man nachsehen kann. Keines der Stücke beleidigt das Trommelfell, nur manches wirkt austauschbarer und weniger einprägsam. Für musikalische Bereicherungen sorgen hingegen Gäste wie Johanna von der Vögelweide (Feuerschwanz) an der Geige, B. Deutung (Deine Lakaien, Eric Fish & Friends) am Cello und allen voran Haggard-Sopranistin Su Ehlers. Ebenso facettenreich und vielseitig wie „Augenblick“ präsentiert sich die Liste der Gastmusiker, die nicht lediglich aus Vermarktungsgründen als schmuckes Beiwerk dienen.
Besonders gelungen ist darüber hinaus das hochwertige Booklet nebst allen Songtexten und Akkorden, so dass sich jeder Hobbygittarist an seinem eigenen „Augenblick“ versuchen kann. Ob die Mehrheit allerdings die Qualität und Tiefe des Originals erreicht, darf bezweifelt werden.

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