Review The Gathering – Souvenirs

  • Label: Psychonaut
  • Veröffentlicht: 2003
  • Spielart: Rock

Nach dem letzten „echten“ Gothic-Album „Nighttime Birds“ begann im hause THE GATHERING eine längere Phase des experminentellen Ausprobierens. Alben wie „How To Measure A Planet“ oder „if_then_else“ zeigten die Band gewandelt, gereift und auf einem Weg, der sie schließlich einzigartig machen sollte. Das vorliegende „Souvernirs“ kann wohl auch noch zu dieser Phase gerechnet werden, allerdings zeigt sich, dass die Niederländer ihrer Idealvorstellung von Musik hiermit ziemlich nahegekommen sind.

Irgendwie erscheint „Souvenirs“ in der langen Reihe von Alben etwas unscheinbar. Komisch eigentlich, der Sound war schon zuvor ruhig, relaxte Atmosphäre weitab jeglicher Aufdringlichkeit seit einigen Jahren ein wichtiges Aushängeschild. Trotzdem fristet die Platte ein unerklärliches Schattendasein. Oder nicht? Vielleicht nicht, denn bei etwas genauerem Hinhören kann man zahlreiche echte Glanzlichter und auch den einen oder anderen kleinen Hit ausmachen. Auf fast einer Stunde zeigen sich van Giersbergen und Co variabel wie selten, tiefgründig, dramatisch, intelligent, verspielt, eingängig, progressiv oder schlicht aufregend. Viele Adjektive, die ein großes Album ausmachen und das ist „Souvernirs“ auch. Durch hohen Abwechslungsreichtum bleibt die Musik lange interessant, trotzdem fehlt es nicht an Songs, die schnell ins Ohr gehen und dort eine Weile bleiben.
Ein hervorragendes Beispiel und somit gleich mal ein Anspieltipp ist „You Learn About It“, bei dem ich Anneke van Giersbergen ihre beste Gesangsleistung unterstellen möchte oder sogar muss, die sie in ihrer langen Zeit bei THE GATHERING abgeliefert hat. Unglaublich emotional und zerbrechlich auf der einen Seite, auf der anderen aber mit enormen Selbstvertrauen intoniert lebt dieser Song fast ganz alleine von der Stimme der Frontfrau. Ein echter „Das ist es“-Moment, ein Lied, welches alleine für neue Fans sorgt – und nebenbei gesagt kaum Althörer vergraulen dürfte, selbst wenn wir hier, wie auf dem ganzen Album, nicht oder höchstens sehr eingeschränkt von Metal reden. Härtere Momente sind rar gesäht, der Refrain von „Monsters“ trifft diese Sache, wenn auch nur kurz, wohl am ehesten. Aber ganz ehrlich, wer braucht schon Metal, wenn er stattdessen Qualität bekommt. Der Titeltrack ist auch so ein Beispiel, hier übernimmt die Gitarre mit simplen, aber extrem effektiven Melodien das Kommando, der Gesang hält sich so wohltuend zurück, wie man es eben vom ausdrucksstärksten „Instrument“ einer Band behaupten kann.
Apropos Gesang, nicht entgehen sollte man sich auch das phantastische Duett auf „A Life All Mine“ mit Ulver-Mastermind Trickster G., der hier mal nebenbei zeigt, welches Potential auch er zu bieten hat. Wandelbar seine eigene Band und auch THE GATHERING, agiert er mit einer fast federartigen Leichtigkeit, die dem Gesamtbild des Albums vollkommen entspricht. Genial in diesem Zusammenhang auch die Keyboardeinlagen, die quasi im Alleingang durch den Song führen.

Lobenshymnen, die sich „Souvernirs“ verdient hat. Man muss als Hörer wirklich nicht viel tun, nicht einmal viele Durchläufe braucht der Longplayer, auch wenn dies natürlich trotzdem ratsam ist, da es auch beim x-ten Mal noch Vieles zu entdecken gibt. Aber THE GATHERING nehmen den Hörer an die Hand und helfen ihm, ihre Welt des atmosphärischen Rock zu erkunden. Ein echtes Glanzlicht in der Bandhistorie.

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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