Review Axel Rudi Pell – Mystica

  • Label: SPV
  • Veröffentlicht: 2006
  • Spielart: Hard Rock

Schon der erste Blick auf das nunmehr zwölfte Album (bzw. den 18. Output – drei Balladenalben, zwei Live-CDs und eine Live-DVD) der Gelsenkirchener verrät, hier wird nicht viel Neues geboten. Das Line-U ist seit nunmehr 6 Jahren identisch und wie auf allen vorangegangenen Silberlingen bekommt man 10 Songs inkl einem Intro („The Mysterious Return“) geboten. Dieses ist dann ganz und gar nicht mysteriös, sondern ziemlich unterirdisch geworden und transportiert als Emotion allerhöchstens ein Gähnen, was die Erwartungen an das Album auf ein Minimum reduziert.

Doch schon der erste Track birgt die ersten Überraschungen. Statt wie gewohnt bekommt man keine schnelleNummer als Einstieg, sondern mit „Fly To The Moon“ einen ziemlich gut gelungene Midtempo-Stampfer. Entweder hat der Irokese hinter der Schiessbude das nicht mit bekommen, oder er knüppelt ganz bewusst die Strophe nieder – jedenfalls klingts ziemlich ungewöhnlich, aber auch alles andere als schlecht! Zum Fliegen scheint im Hause Pell sowieso jemand eine große Affinität zu haben, so war mit „Flyin’ High“ der Opener der letzten Scheibe schon in dieser Thematik verankert. Der Refrain ist dann ganz im typischen Pell-Stil gehalten und all die anfänglichen Bedenken lösen sich langsam in Wohlgefallen auf. Erst recht als mit „We Rock The Nation“ nicht die X-te Halbballade aus dem Pellschen-Klonlabor, sondern ein total unverbrauchter Song den Hörer erfreut. Dies liegt nicht zuletzt an dem hier auf weiten Strecken viel tiefer agierenden Johnny Gioeli, der wieder eine deutlich bessere Figur macht als noch auf dem Vorgänger! Völlig zu Recht erwartet sich Axel live einiges von dem Stück.

Die darauf folgenden Stücke bieten (leider) hundert Prozent Gelsenkirchener Hard Rock. Kaum Innovation, kaum Weiterentwicklung die hätten auch schon vor sechs Jahren auf nem Alben sein können. Kleine Ausnahme bietet vielleicht der Titeltrack, der streckenweise ziemlich überzeugen kann. Lobenswert ist teilweise auch die textliche Ausrichtung – die Ballade „No Chance To Live“ beschreibt weder mystische Streiter noch den ausgelutschten Kämpfer gegen das Böse. Axel setzt sich mit Tierversuchen auseinander! Auch wenn man anderer Meinung sein kann, ist es wenigstens mal ein persönliches Statement, was hundertmal bekömmlicher ist als der sonstige lyrische Fastfood!

Richtig stark wird’s dann wieder bei „Haunted Castle Serenade (Opus #4 Grazioso E Agresso)“. Ein Song aus dem Hause Pell muss schon verdammt gut sein, dass er einer Veredelung durch die auf dieser CD oft positiv rauen Stimme des charismatischen Frontmanns nicht mehr bedarf. Und das ist er auch! Axel zeigt sein ganzes kompositorisches Können und liefert einen Song ab, der auch bestens als Soundtrack zum nächsten Hollywood Schlachtenepos geeignet wäre! Ganz großes Kino…
Nachdem mit „Losing The Game“ noch mal ein typischer ARP-Song dahingeplätschert ist, hat Axel noch ein Ass in Form des 10minütigen „The Curse Of The Damned“ im Ärmel. Zu Anfang erinnert die einsame Gitarrenmelodie etwas an das großartige „Masquerade Ball“. Ferdy Doernberg (der übrigens auch beim Jon Uli Roth die Tasten streichelt) zeigt hier sein ganzes Können und besticht sowohl zu Anfang als auch gegen Ende als das Tempo plötzlich ziemlich anzieht durch fantastischen Keyboardeinsätze und unterstreicht so den eigenen Charakter diese Liedes. In meinen Augen das beste Stück der Platte wenn nicht das Beste der vergangenen 5 Jahre.

Auch wenn hier nur bedingt von einer Weiterentwicklung und neuen Ansätzen gesprochen werden kann, so hat das Album zumindest für „Axel Rudi Pell-Maßstäbe“ fast schon revolutionäre Teile und das dieser Mann sein eigener Maßstab ist, sollte außer Frage stehen. Positiv sei auch zu erwähnen, dass man sich entschlossen hat, nach langer Zeit mal wieder jemand neues für das Artwork zu engagieren, welches ebenfalls recht gut gelungen ist. Für Pell Fans ist zumindest das Reinhören Pflicht, für alle dies werden wollen sicher ein geeigneter Einstieg – da stören dann auch die vielen Standardpassagen vor allem in der Mitte der Platte nicht, die mich nicht mehr ganz so vom Hocker reißen!

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert