Review Bohren & Der Club Of Gore – Piano Nights

Drei Jahre ist es her, dass BOHREN & DER CLUB OF GORE mit ihrer EP „Beileid“ für Aufmerksamkeit sorgten: Vor allem ihre Kollaboration mit Mike Patton war für das ansonsten stets instrumental agierende Quartett damals ein ungewöhnliches Experiment. Zukunftsweisend war das jedoch nicht – findet man sich beim Hören des neuesten Werkes aus dem Hause BOHREN, „Piano Nights“, eher in die Vergangenheit zurückversetzt.

So leichtfüßig und beschwingt sich der Albumtitel zunächst auch anhören mag – dass derartige Attribute auf die Musik nicht zutreffen werden, dürfte sich bei den Herren von BOHREN von selbst verstehen. Schließlich steht die Band seit jeher für eine ganz eigene, düster-doomige Spielart des Jazz. Alle anderen, eventuell durch den Titel Fehlgeleiteten dürfte das wahrlich trostlose Cover schnell zur Raison bringen – CDs mit frivolen Flügelstücken für die Cocktailparty sehen für gewöhnlich anders aus.

Richtungsweisender sind da schon Songtitel wie „Segeln ohne Wind“ oder „Verloren (alles)“, in denen jene Schwermut mitschwingt, die auch auf „Piano Nights“ wieder jeder einzelnen, bisweilen endlos erscheinenden Note innewohnt. Hatte man beim Vorgänger-Album „Dolores“ noch den Eindruck, BOHREN & DER CLUB OF GORE hätten ihre düstersten Tage hinter sich, würde jeder Psychotherapeut „Piano Nights“ als herben Rückschlag einstufen: Zwar sind die Stücke mit Spieldauern von vier bis zehn Minuten vergleichsweise kurz – in ihrer wie in musikalischer Zeitlupe so elegant wie schonungslos herausgearbeiteten Melancholie erscheinen jedoch schon einzelne Töne ewig zu währen. Gerade hinsichtlich der traurigen Melodieführungen auf dem Saxophon erinnert das Album bisweilen merklich an „Sunset Mission“– man würde dem Album jedoch nicht gerecht, würde man es allein auf diese Parallele reduzieren: Mehr als gekonnt nehmen BOHREN die gesteigerte Komplexität der Arrangements von „Dolores“ sowie die über die Jahre stets erweiterte Instrumentierung mit auf ihre Reise zurück in die eigene, düstere Vergangenheit – und erschaffen so mit vertrauten Mitteln dennoch etwas Neues. Dass BOHREN es spielend schaffen, auch das Klavier in ihren Kosmos Musik gewordenen Trübsals zu integrieren, ja, es dabei mitunter gar ganz unauffällig und wie zufällig in den Mittelpunkt der Komposition zu rücken, bedarf eigentlich keiner weiteren Erwähnung – nichts anderes hätte man von dem Quartett schließlich erwartet.

Auch wenn das Piano in „Piano Nights“ natürlich eine tragende Rolle spielt, ist es eigentlich erst die zweite Hälfte des Albumtitels, die das Werk wirklich treffend charakterisiert: Schwarz wie die Nacht legt sich jedes einzelne Stück von „Piano Nights“ über seinen Hörer, umschließt ihn wie undurchdringliche Dunkelheit und gibt ihm so das ambivalente Gefühl beklemmender Geborgenheit, das so typisch ist für die Alben des Quartetts aus Mülheim an der Ruhr. Großartig (alles).

Wertung: 9 / 10

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