Review Cirith Ungol – King Of The Dead

  • Label: Enigma
  • Veröffentlicht: 1984
  • Spielart: Heavy Metal

Verblüffend – ich kenne nur wenige Bands, bei denen zwischen dem für sich schon guten Debüt und dem Zweitwerk ein so deutlich spürbarer Qualitätssprung stattgefunden hat, wie dies bei CIRITH UNGOL der Fall ist. Die an eher klassischen Hard Rock erinnernden Elemente, die noch das Erstwerk „Frost and Fire“ ausgezeichnet hatten, sind weitestgehend in den Hintergrund getreten. Jetzt dominieren schwere, manchmal schon im Doom-Bereich angesiedelte Riffs, das Tempo ist häufig gemäßigter als auf der zuvor erschienen CD und dieser Umstand, gepaart mit den Lyrics und den unheilschwangeren Melodien pressen der CD (und damit der Band) den Stempel auf, unter dem sie fortan firmieren sollten: Epic Metal. Und auch wenn es vielleicht recht hoch gegriffen wirkt, aber ich glaube, dass CIRITH UNGOL mit „King Of The Dead“ DAS Referenzwerk schlechthin dieser Spielart abgeliefert haben.

Obwohl auch dieses Mal die Produktion etwas dünn und der Gitarrensound zielmich synthetisch ausgefallen ist (letzteres kann eher als Markenzeichen denn als Makel verstanden werden), tut dies der Qualität der Kompositionen keinen Abbruch. Sicher, es wird dem Hörer schon ein bisschen mehr abgefordert von dieser Platte; die oftmals sehr langen Instrumentalparts wollen wieder und wieder gehört und verinnerlicht werden – ich verweise nur auf den Mittel- sowie Endpart bei „Master Of The Pit“, der vor Ideen und interessanten Übergängen nur so strotzt.

Es sind meines Erachtens gerade diese langen Phasen ohne Gesang, die das Level der CD so dermaßen nach oben drücken, wobei mich ein ums andere Mal das warme, äußerst melodische und vor allem songdienliche Gitarrenspiel von Jerry Fogle beeindruckt, der an spielerischer Finesse und Coolness einem Toni Iommi in nichts nachsteht – zumindest fällt mir kein Gitarrist ein, der die Toccata in Dm von Bach nachspielt und dabei noch dermaßen frei ist von falscher Anmaßung. Auch der Gesang von Tim Baker verdient Erwähnung; klar, der Mann wird auch weiterhin die Gemüter spalten, seine hohe und raue Stimme ist nicht jedermanns Sache, aber sie verleiht den Stücken eine Eigenart, wie sie die häufig so glattpolierten Sänger späterer Jahrzehnte niemals hätten erreichen können. Ich kann dem Mann und seinem klagenden Organ stundenlang zuhören.

Hat man mit „Atom Smasher“, „Black Machine“ und eben dem beeindruckenden „Master Of The Pit“ schon drei überaus starke Stücke am Start, folgt mit dem Titelstück die Bandhymne schlechthin. Langsam und unheilvoll zwängen sich die Riffs aus den Boxen, legt sich die Stimme Bakers wie ein Leichentuch darüber und steigert sich die Band in eine Stimmung, die nur wenige Songs dieses Genre jemals erreicht haben. Das ist knapp siebenminütiger Wahnsinn! Diesem Stück würde ich sogar noch den Vorzug geben vor dem ebenfalls überragenden „Cirith Ungol“, zu dem Tim Baker einmal gesagt hat, dass in dem Gitarrensolo des Stücks die ganze Geschichte von CIRITH UNGOL aufleuchtet, strahlend und fragil zugleich. Diese CD ist ein Meisterwerk, stimmungsvoll und zeitlos. An ihr zeigt sich die ganze Größe einer Band, die zeitlebens mehr Widerstand als Unterstützung erfuhr. Mit „King Of The Dead“ allerdings ist dem Quartett ein Platz in der schwermetallischen Ruhmeshalle sicher. Insofern ist diese CD ein echt tragisches Werk, dem man noch viele aufgeschlossene und interessierte Hörer wünscht. „Thunder howls, the King will rise again.“

Wertung: 10 / 10

Publiziert am von Manuel Förderer

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