Review Moonspell – Wolfheart

Mitte der Neuniger hatte das damals noch eher überschaubare Label Century Media einen guten Riecher für den Zahn der Zeit. Neben Tiamats „Wildhoney“ und The Gatherings „Mandylion“ sorgte vor allem die Veröffentlichung von MOONSPELLs Debüt „Wolfheart“ für Aufsehen in der Szene. Irgendwie wird man heute das Gefühl nicht los, dass der Gothic Metal damals in gewisser Weise revolutioniert, wenn nicht sogar neu erfunden wurde und daran hatten die Portugiesen um Frontmann Fernando Ribeiro (damals noch ziemlich albern „Langsuylar“) einen gehörigen Anteil.

Ursprünglich wurde MOONSPELL unter dem Banner des Black Metal gegründet, eine Wurzel, die man auch heute noch nicht nur in den Texten wieder findet. MOONSPELL spielten harscheren Gothic als die meisten anderen damals und verbanden geschickt wie kaum eine andere Band Melodie, Härte und eine gewisse Virtuosität, die für lange im Debüt schon ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden haben sollte. Nicht umsonst ist der Szeneklassiker „Vampiria“ – mit einem zugegebenermaßen ausgesprochen plakativen Text garniert, der die Band zu Unrecht über lange Jahre in die Ecke einer verträumt-romantischer-dracula-anhimmelden-Teenie-Band drängte – bis heute einer DER Hits der Dortmunder Szenediskothek „Spirit“. Das ganze Album auf diesen Titel zu reduzieren, wäre aber zu einfach und würde der Qualität der Musik nicht im Mindesten entsprechen. Richtigerweise ist „Vampiria“ sogar vielleicht der Songs, der am wenigsten pars pro toto für den Rest steht, der langsame Aufbau, der erst nach zweieinhalb Minuten Gitarren zulässt und zuvor durch eine gigantische Keyboardfläche mit doomigen Drums und filigranen Bassläufen gestaltet wird. Aus heutiger Sicht schon eher traditionell sind die beiden Eröffnungsnummern „Wolfshade“ und „Love Crimes“, die beide fast acht Minuten lang sind und in dieser opulenten Länge einen guten Kontrapunkt zu den damals doch eher kurz und knackig gehaltenen Gothic-Nummern bildeten.

Sehr angenehm ist dabei, dass man sich nicht in typisch-romantischer Weichspülerei ergibt, sondern wie schon angedeutet, auf die harte Schiene setzt. Ribeiro – heute sicher ein szeneweit anerkannter Sänger – war damals freilich noch etwas limitiert und bot außer dem allgegenwärtigen gotischen Growlen eine Art opernhaften Bass an, der aber auch heute noch kein bisschen albern, sondern mittlerweile schon kultig wirkt. Deutlich fitter am Mikro ist aber das gastsingende Century-Media-Woodhousestudio-Allzweckgoldkehlchen Birgit Zacher. Über diverse Ah-Gesänge kommt sie zwar nicht hinaus, bereichert die Songs damit aber schon ungemein. So stehen neben qualitativ hochwertigen Songs, einer unbeschwert-leichten Atmosphäre auch einige Abwechslung auf dem Programm. Neben den genannten Liedern muss unbedingt noch „Alma Mater“ als Anspieltipp gelten, in seiner einfachen Struktur vielleicht die unspektakulärste Nummer, aber ultraeingängig und mitreißend konzipiert.

Machen wir es kurz: ein Album, das man auch nach über 15 Jahren noch gerne hört, muss etwas an sich haben, was es von anderen Werken unterscheidet. Eine Ursache mag sicher die schon angesprochene Unbeschwertheit sein, auch wenn man nicht vergessen sollte, dass man es Mitte der Neunziger sicher noch leichter hatte in dem Genre. Dies soll die Leistung der Portugiesen aber kein bisschen schmälern, im Bereich Gothic Metal ist „Wolfheart“ bis heute ein wegweisendes Album mit Klassikerstatus sogar über die Szenegrenze hinaus. Kleinere Mängel wie der aus heutiger Sicht eher mässige Sound kann dabei getrost umschiffen, sie machen die Musik irgendwie eher noch symphatischer. Wer die Scheibe noch nicht besitzt, sollte zügig schauen, dass er sie sich anschafft, bereuen wird er es nicht.

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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