Interview mit Gus G. von Firewind

Gus G. ist spätestens seit seinem Engagement bei Ozzy Osbourne zum großen Aufsteiger der jüngeren Heavy/Power-Metal-Szene geworden. Dass die Hauptband des Griechen eigentlich FIREWIND heißt, scheint nicht einmal er selbst noch unbedingt wahrzunehmen. Neben Auskünften zum Leben auf Tour mit dem Black-Sabbath-Sänger gab der Stargitarrist im Interview dennoch interessante Meinungen zur finanziellen Lage Griechenlands und des Heimatlabels FIREWINDs ab: Century Media.

Hi Gus, danke dir für das Interview! Wie geht’s dir?
Mir geht’s gut, danke! Und selbst?

Auch. Wenn ich mich nicht irre, rufst du von der Ozzy & Friends Tour an. Wie läuft die bisher?
Wir sind heute in Deutschland.

Ja, aber ist die Tour bisher gut?
Ja, wirklich gut. Wir haben überall tolle Shows gespielt.

Die Tour war ja ursprünglich als Black-Sabbath-Reunion-Tour geplant, was dann bekanntlich ja nichts wurde. Tragt ihr dem insofern Rechnung, als dass ihr mehr Black-Sabbath-Songs spielt oder gestaltet sich die Setlist eher wie auf einer regulären Ozzy-Tour?
Es ist schon speziell, wir haben Geezer Butler auf der ganzen Tour dabei, der die Sabbath-Sachen mit uns spielt. Da ist schon viel dabei, aber andererseits spielen wir auch viele Ozzy-Songs. Halb-halb würde ich sagen. Und Zakk Wylde ist ja auch komplett dabei, der eröffnet immer mit Black Label Society und kommt dann nochmal raus, um mit uns ein paar Nummern zu spielen.

Der Hauptgrund für das Interview ist ja der Release des neuen Firewind-Albums „Few Against Many“. Wie sahen denn die Pressereaktionen im Vergleich zum Vorgänger-Album aus?
Die Reaktionen waren sehr viel besser als die zum letzten Album, ich würde behaupten, dass es die Scheibe ist, die in unserer ganzen Karriere am besten weggekommen ist. Bisher ist die Scheibe wirklich erfolgreich, wir haben es ja auch in fünf Ländern in die Charts geschafft, das war das erste mal für uns. Insofern würde ich das Album als wirklich großen Schritt für uns sehen.

Glaubst du, dass das daher kommt, dass das Material signifikant besser ist als auf den Vorgänger-Alben, oder ist das schlicht die Konsequenz des kontinuierlichen Wachstums der Band?
Weißt du, zum letzten Album muss ich sagen, ich finde, dass es schon gut geworden ist, aber wir haben das etwas überhastet zusammengestellt und zu viele Leute in der Band haben mitgeschrieben. Diesmal war alles fokussierter. Ich habe den Großteil des Materials allein geschrieben und den Jungs gesagt „Vertraut mir, überlasst das mal mir, ich mache das auf meine Art“. Ich wollte eine Person, die für alles verantwortlich ist und eben nicht so viele Meinungen, damit das Album zielgerichteter wird. Ich finde, das hört man auch, es hört sich viel kompletter an. Weißt du, es ist ein heavy Album, es sind viel mehr Gitarren vorhanden. Vielleicht ist das einer der Gründe.

Ja. Wie schreibt ihr / wie schreibst du denn dann überhaupt Songs? Klingt ja nun nicht unbedingt so, als würdet ihr euch oft im Proberaum zusammensetzen.
Nein, ich mache immer Demos in meinem Heimstudios und schicke die dann an die anderen. Aber wenn wir uns mal im Proberaum treffen, arbeiten wir die Ideen dann schon zusammen weiter aus und jammen ein bisschen. Von allem etwas.

Ich hatte das Gefühl, dass auf der neuen Scheibe zwar mehr Gitarren, aber weniger Solos und dafür mehr Rhythmus-Stoff zu hören ist. Findest du das auch?
Nein, ich glaube eigentlich, dass mehr Solos als zuletzt zu hören sind. Mehr Riffs, mehr Solos, mehr von allem. Das war gerade beim letzten Album nicht so.

Du hast schon gesagt, dass das Album heavier geworden ist. Ich finde, man kann vor allem sagen, dass es thrashiger geworden ist, die Riffs erinnern mich beispielsweise manchmal an Metallica. War das geplant, ein heftigeres Album als zuvor zu machen?
Ich weiß, was du meinst, und ich würde sagen, bei manchen Songs war das wirklich das Ziel. Aber vor allem wollte ich wieder einmal ein gitarrenorientiertes Album machen. Insofern vielleicht schon irgendwo bewusst, aber auch hier kam das erst, nachdem ich eine Menge Riffs gesammelt und dann gemerkt hatte, dass sich diese neue Richtung abzeichnet.

Ich höre auch viel Symphony X auf dem Album, vor allem die technisch anspruchsvollen, aber groovigen Riffs. Hörst du das auch auf der Scheibe und inspiriert dich die Band?
Ich finde, Symphony X haben ein paar großartige Alben gemacht, aber inspiriert bin ich glaube ich doch eher von Yngwie Malmsteen und Alben wie „Rising Force“. Und wenn du dir solche Alben anhörst, merkst du denke ich auch, dass auch Symphony X das von da haben, der Ursprung liegt bei Yngwie Malmsteen, und der war definitiv immer einer meiner Haupteinflüsse.

Findet ihr diesen Stil so gut, dass ihr weiter in diese Richtung gehen wollt, oder steht das Album erstmal für sich alleine?
Das kommt darauf an, wie ich mich in 2-3 Jahren fühlen werden, das kann ich jetzt noch gar nicht sagen. Jetzt im Moment würde ich schon gerne bei dieser Richtung bleiben, aber das hängt dann immer davon hab, was für Material ich im Endeffekt schreiben werde.

Nachdem du es gerade schon kurz erwähnt hattest, was hörst du denn im Moment privat für Musik?
Ganz verschiedenes, Blues, Rock, Heavy Metal… Und zur Zeit auch sehr gerne den „Blade Runner“-Soundtrack.

Bereitet es Firewind nicht ziemlich Schwierigkeiten, dass du so oft mit Ozzy auf Tour bist? Überschneiden sich die Zeitpläne da nicht?
Nein, das ist eigentlich überhaupt kein Problem, wenn ich mit Ozzy unterwegs bin, ist das eben so und wenn ich ich wieder da bin, mache ich etwas mit Firewind.

Ist das für die Anderen in der Band nicht etwas problematisch, ihre eigenen Terminpläne nach den Ozzy-Touren auszurichten?
Nein, die Anderen wissen genau, dass sich alles um meinen Zeitplan aufbauen muss, weil ich einfach der bin, der am meisten zu tun hat und am Wenigsten verfügbar ist. Sie verstehen und respektieren das und deshalb ist es auch kein Problem, wenn ich sie anrufe und ihnen sage, welche drei Monate ich Zeit habe, auf Tour zu gehen.

Ihr habt auf dem neuen Album ja einen Gastauftritt von Apocalyptica. Kannst du ein bisschen was erzählen, wie es dazu kam und inwiefern ihr der Band für die Performance Vorschriften gemacht habt?
Wir haben sie eigentlich nur gefragt, ob sie Lust haben, und ihnen dann am Telefon ein bisschen erzählt, wie das Album sonst so klingt. Sie haben uns dann mal etwas zugeschickt und das war einfach perfekt. Wir haben das nicht oft hin und hergereicht, wir haben sie gebeten, eine kleine Passage hinzuzufügen, die haben das noch gemacht und das war’s. Das Konzept und die Melodien kamen komplett von ihnen. Aber das ist ja auch klar, ich meine, wenn man jemanden einlädt, auf seinem Album zu spielen, dann will man ja gerade, dass sie ihre eigenen Ideen beisteuern, es wäre ja sinnlos, ihnen vorzugeben, was sie spielen sollen.

Während man Firewind auf den ersten Alben noch ganz gut als Melodic Power Metal einordnen kann, geht das spätestens seit „Few Against Many“ nicht mehr. Inwiefern findest du, dass sich die Firewind-Musik seitdem grundlegend verändert hat?
Nunja, ich hab es dir ja nun schon oft gesagt, ich wollte einfach ein heftigeres Album. Mir ist bewusst, dass wir früher viele Power-Metal-Elemente hatten, aber das wollte ich diesmal eher vermeiden. Ich wollte ein traditionelles, straightes Heavy-Metal-Album mit modernem Anspruch und moderner Produktion. Das ist denke ich schon eine Eigenart von uns, dass wir das Traditionelle mit dem Modernen gut kombinieren können, und diese Qualität wollte ich weiter an die Oberfläche bringen.

Wenn du die alten Alben heute hörst, bist du dann immer noch komplett zufrieden damit oder fallen dir immer wieder Sachen auf, die du ändern würdest?
Das Einzige, was ich an den ersten drei Alben wirklich gerne ändern würde, ist die Aufnahmequalität. Wir hatten damals einfach kein Budget. Aber ich bin immer noch stolz auf die Musik und finde, dass das gute Alben sind.

Wenn du nur die Aufnahmequalität bemängelst, habt ihr dann nie darüber nachgedacht, die Alben neu aufzunehmen?
Ich habe mal darüber nachgedacht, ja, aber ich weiß nicht, ob es so eine gute Idee ist, nochmal zum alten Zeug zurückzukehren. Die Alben klingen wirklich nicht besonders gut, aber wenn du dahin zurückgehst, riskierst du, dass du die Magie der Songs komplett zerstörst. Deshalb bin ich da doch eher skeptisch.

Sehe ich genauso. Hat der Albentitel „Few Against Many“ eigentlich eine spezielle Bedeutung?
Nun… Es ging dabei wirklich um uns, die Band. Wir machen uns seit zehn Jahren so viel Arbeit mit der Band, haben so viel hineingesteckt, und immer so wenig zurückbekommen. Es ist einfach hart, als Musiker am Ball zu bleiben. Manchmal fühlt es sich wirklich an, als stünden wir alleine gegen den Rest der Welt, weil du immer wieder irgendeine Scheiße vorgesetzt bekommst. Wir fanden, es wär ein guter Titel und ich denke, er ist auch offen genug, um ihn auch auf andere Themen beziehen zu können.

Ja, für viele Betrachter dürfte es wohl sogar sehr naheliegend sein, den Titel dieses und den des letzten Albums auf die gegenwärtige Situation Griechenlands zu beziehen. Denkt ihr über solche Themen nach und wollt ihr derartiges in den Texten zum Ausdruck bringen? Oder trennt ihr Musik und Politik klar voneinander?
Würde ich irgendwo schon zustimmen. Manche Texte werden etwas politisch, vielleicht nicht einmal speziell auf Griechenland bezogen. Alle Länder auf der Welt haben mit Finanzproblemen zu kämpfen und das beeinflusst jedermann. Also prinzipiell kommt sowas auch bei uns mal vor, aber zu politisch wollen wir nicht werden.

Und wie geht es dir persönlich mit dem Thema? Informierst du dich täglich, was es diesbezüglich neues gibt oder bist du der Sache etwas müde geworden?
Ich informiere mich nicht wirklich jeden Tag, aber ich versuche schon am Ball zu bleiben. Das ist einfach ein riesiger Haufen Scheiße, der da passiert. Der Punkt ist einfach, du kommst nach Griechenland zurück und es geht alles den Bach runter. Du musst mit ansehen, wie gute Freunde oder Familienmitglieder ihre Jobs verlieren oder umziehen müssen, weil sie für ihre Arbeit nicht bezahlt werden. Und dann schaust du die Politiker an und hast das Gefühl, dass sie in einer ganz anderen Welt leben. Es scheint da keine Verbindung zu geben. Aber ja, ich bin auch ein bisschen müde geworden diesbezüglich, ich habe auch die Wahlen gar nicht verfolgt und weiß noch gar nicht, wer gewonnen hat.

Hat die Finanzkrise auch Firewind direkt getroffen, oder habt ihr das Gefühl, dass ihr da außenvor geblieben seid?
Es ist absolut überall ein Problem. Alle Promoter verlieren Geld und auch die großen Festivals sparen inzwischen manchmal lieber. Und als Band merkt man schon auch, dass Tickets für Shows sich manchmal gar nicht mehr so gut verkaufen. Wie gesagt, das betrifft jeden.

Trotz der Krise veröffentlicht ihr ja weiterhin über Century Media. Seid ihr trotz der allgemeinen Zustände zufrieden mit der Zusammenarbeit?
Ja nein, das ist wirklich super, Century Media ist vermutlich eines der letzten Labels, denen es immer noch sehr gut geht. Als ich das Büro in Dortmund besucht habe, hatte ich eigentlich erwartet, dass es da ziemlich ruhig geworden ist, aber sie haben sogar neue Leute angestellt. Die wissen halt auch, was sie tun, die können Heavy-Metal-Alben immer noch gut vermarkten. Und sie respektieren ihre Bands, mit uns arbeiten sie ja auch seit fast 10 Jahren gut zusammen. Es war auf jeden Fal eine sehr gute Wahl, bei ihnen unter Vertrag zu bleiben. Ich muss aber auch sagen, dass es mit dem deutschen Büro nie Probleme gab, was bei der amerikanischen Variante etwas anders aussah, weshalb ich schlussendlich ja auch mein eigenes Label dort gegründet habe.

Was waren denn das für Probleme?
Man hat einfach gemerkt, dass die in Amerika nicht so zielgerichtet vorgehen wie die Leute in Deutschland. Ich habe das Gefühl, das US-Büro hat seine Nase in zuviele verschiedene, unvollendete Dinge gesteckt, verschiedene Labels, verschiedene Genres… Ich finde, ein Label wie Century Media sollte sich drauf konzentrieren, was es am besten kann, und das ist nunmal, Heavy-Metal-Alben zu verkaufen. Die Europäer verstehen das und tun es dann auch, und genau deswegen wollen wir auch weiter mit ihnen arbeiten.

Von deinem eigenen Label habe ich ehrlich gesagt noch gar nichts gehört, veröffentlichst da du noch anderes als Firewind?
Nein, bisher ist es nur Firewind. Man muss mal sehen, wie sich das entwickelt, vielleicht veröffentliche ich in 4-5 Jahren auch andere Musik – sag niemals nie. Aber für jetzt bleibt es bei Firewind.

Okay, wir sind gespannt. Lass uns zum Schluss nochmal zu Ozzy zurückkommen. Wie fühlt es sich verglichen mit Firewind an, bei ihm auf der Bühne zu stehen? Fühlt ihr euch wie eine komplette Band, oder geht es betont nur darum, Ozzy den Background für seinen Gesang zu liefern?
Es fühlt sich schon toll an, jede Nacht mit Ozzy auf der Bühne zu stehen und ihm das Back-Up für seine Klassiker zu stehen, das ist schon etwas ganz besonderes. Natürlich ist man eine Begleitband, aber ich genieße das trotzdem, es ist schlicht die größte Ehre, die einem im Heavy Metal widerfahren kann. Aber natürlich ist Firewind auch etwas großartiges, es ist einfach etwas anderes, wenn du sein kannst, wer du willst und deine eigenen Songs schreiben und diese vor Publikum spielen kannst. Es sind auf jeden Fall mit beidem große Gefühle verbunden.
Klar muss aber natürlich sein, dass, was das Publikum angeht, zwischen Firewind und Ozzy einfach Welten liegen, und das wird sich auch nie ändern, schätze ich. Diese Hymnen, die Ozzy da reihenweise rausgehauen hat, jeder würde sowas gerne auch mal schreiben, aber wir können das einfach nicht, da muss man den Unterschied einfach auch akzeptieren.

Vielen Dank dir für das Interview Gus, viel Spaß noch auf der Tour!
Ja, danke auch, tschüss!

Publiziert am von Marius Mutz

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