Interview mit Goreminister

Die YouTube-Szene im Metal-Bereich wächst stetig und bringt immer wieder neue Kanäle hervor. Den Personen dahinter und ihrer Arbeit möchten wir in unserer Interviewreihe etwas mehr Aufmerksamkeit schenken und Hintergründe erfahren. Der Bonvivant und Sänger GOREMINISTER berichtet im Interview von Fozzi-Bärchen, seiner Band Kadaverficker und welche Leidenschaften er neben dem Metal noch pflegt.


Stell bitte dich und dein Format kurz unseren Lesern vor, die dich eventuell noch nicht kennen.
Nunja, im Grunde genommen bin ich nur so ein Typ wie jeder andere, der sich irgendwann daran versucht hat, Musik zu machen. Das hat dann mit meiner Band Kadaverficker auch recht gut funktioniert und abseits davon hab ich mir irgendwann gedacht, dass jeder Dahergelaufene YouTube macht, also hab ich mir eine Kamera geschnappt und filme nun auf Konzerten, um die Stimmung und den „Moment des Abends“ einzufangen.

Was waren deine Beweggründe, Videos für YouTube zu drehen? Welche Leute möchtest du damit erreichen?
Beweggründe gab es so gesehen keine, außer dass ich schon immer Spaß daran hatte, mit dem Medium Film zu experimentieren. Und da eignet sich YouTube beziehungsweise der „Broadcast Yourself“-Gedanke am besten. Wen ich damit erreichen möchte? Einfach Leute, die Bock darauf haben zu sehen, wie ein Musikfan den Abend erlebt. Und im besten Fall kreiere ich dabei Erinnerung für die Anwesenden.

Wie ist der Name für deinen Kanal entstanden?
Wie bereits erwähnt, mache ich seit einigen Jahren Musik mit meiner Band Kadaverficker und da habe ich einfach das Pseudonym hergenommen, das ich auch bei der Band benutze. Gedacht habe ich mir dabei nicht wirklich etwas. (lacht)

Welche Vor- und Nachteile siehst du bei YouTube im Vergleich zu einem (Online-) Magazin?
Der Vorteil bei YouTube ist der, dass die Leute direkt sehen können, was bei einem Auftritt passiert ist, während man bei einem Magazin schon eher Vorstellungskraft benötigt, um sich in den geschilderten Abend hinein versetzen zu können. Der Nachteil bei YouTube liegt definitiv in der Nachbearbeitung. Da verbringt man schon einmal rund fünf Stunden am Schneidetisch für einen normalen Konzertabend und im Falle eines Festivals ist man mit der Nachbearbeitung rund zehn bis fünfzehn Stunden beschäftigt. Es ist also ein unglaublicher Zeitfresser, wohingegen man bei einem Magazin sicherlich schneller mit einem Artikel fertig wird.

Wie schnell vergrößert sich denn die Reichweite? Wie viel Potenzial siehst du in der Metal-Szene?
Die Reichweite vergrößert sich langsam und stetig, aber ganz im Ernst? Ich scheiße auf Reichweite. Natürlich ist es schön, wenn viele Leute zuschauen und man Abos, Klicks und Likes bekommt. Da wäre ich ein Heuchler, wenn ich das nicht so sehen würde. Aber Reichweite um jeden Preis? Nie im Leben. Als ich aus Spaß angefangen habe, wusste ich ja auch gar nicht, welche Ausmaße das annehmen wird. Potential für die Metal-Szene sehe ich aber nur in äußerst begrenztem Rahmen, aus dem Grund, dass man nach wie vor eine Nische bedient. Keine allzu kleine, aber eben nicht groß genug, um in den YouTube-Mainstream vorzudringen. Liegt aber wahrscheinlich auch daran, dass dies (im Gegensatz zu anderen) gar nicht der Anspruch der YouTube-Metaller ist.

Die YouTuber-Szene ist heutzutage sehr schnelllebig. Was muss man deiner Meinung nach tun, um weiterhin interessant zu bleiben?
Ich denke mal, wenn man echt und authentisch ist, dann dürfte dies schon hilfreich sein. Zumindest gucke ich persönlich gerne YouTuber, die sich nicht für Klicks und Abos verbiegen. Wenn man dann noch regelmäßig Videos mit gleichbleibender Qualität veröffentlicht, dann sollte man auch jetzt noch eine Möglichkeit finden, um sich eine feine Community aufzubauen.

Welche Grenzen bringt das Format für dich mit sich?
Grenzen gibt es so gesehen eigentlich keine, außer die Urhebergeschichten. Die nerven natürlich immens. Man will Bands helfen und unterstützen und hat des Öfteren einmal mit Copyright-Claims zu kämpfen. Zur Erklärung: Das heißt nicht zwingend, dass der Kanal gesperrt wird. Wohl aber, dass sich irgendwelche Verwertungsgesellschaften an deinem Content bereichern und in einigen Fällen noch nicht einmal die Band das Geld bekommt. Ist mir im Grunde genommen aber auch scheißegal, weil mein Kanal ohnehin nicht monetarisiert ist. Und für die paar Klicks sollen sie ruhig die paar Pfennige bekommen. Vom Prinzip her wurmt es allerdings schon.

Welches Equipment nutzt du für deine Videos und wieviel Geld hast du bereits investiert?
Aktuell benutze ich eine Panasonic HC-777V Kamera. Ersatzweise eine Canon PowerShot SX740, wenn es einmal noch handlicher sein muss. Dazu dann Magix Video Deluxe als Schnittprogramm und fertig ist die Laube. Da ich die Panasonic von meiner Frau zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, haben sich meine Ausgaben auf ein Minimum reduziert. Man kann also mit wirklich geringen Ausgaben großartige Ergebnisse erzielen. Das Einzige, was man unbedingt mitbringen muss ist Willen, Leidenschaft, Geduld und Zeit.

Wie lange dauert es, bis ein Video bereit zum Upload ist? Übernimmst du das Schneiden, Bearbeiten und so weiter selbst?
Exakt. Jedes einzelne Video wurde von mir gedreht, editiert und hochgeladen. Selbst wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich den Schnitt nur ungern aus der Hand geben, weil ich gerne die komplette kreative Kontrolle über das habe, was ich mache. Wie lange so etwas dauert, habe ich ja in einem vorherigen Absatz schon beantwortet. Da schlägt man sich schon einmal die ein oder andere Nacht um die Ohren. (lacht)

Wieviel Geld wirft Youtube für dich ab?
Wie bereits erwähnt, monetarisiere ich meine Videos nicht, also muss ich einem geregelten Job nachgehen. Es haben mich schon viele gefragt, warum ich meinen Kanal nicht monetarisiere, aber darauf kann ich nur erwidern, dass ich dies nicht des Geldes wegen tue, sondern aus purem Individualismus. Ich bin in einer Zeit groß geworden, als die Leute im D.I.Y.-Prinzip Fanzines im Cut-’n-Paste-Verfahren erstellt und fotokopiert haben und da bin ich irgendwie hängen geblieben. Non-profit … nur der Spaß und die Leidenschaft zählen.

Wie sind die Reaktionen der Leute auf deine Videos? Gerade bei YouTube gibt es viel Hate Speech. Warst du davon schon betroffen?
Durchaus, aber da ich das Prinzip der uneingeschränkten Meinungsfreiheit vertrete, stört mich das nicht. Solange unter 100 Kommentaren nur ein sogenannter „Hate Speech Comment“ dabei ist, kratzt mich das nicht die Bohne. Wäre es anders herum beziehungsweise würde es mich belasten, dann gibt es eine wundervolle Möglichkeit dies zu verhindern: Das kleine „x“ oben in der Ecke vom PC-Bildschirm.

Und wie ist das Verhältnis unter euch YouTubern? Gibt es freundschaftliche Verbindungen, kollegialen Respekt oder vielleicht sogar „Beef“?
Der Umgang miteinander ist hervorragend. Wir haben eigene Whatsapp-Gruppen, tauschen uns aus und helfen jederzeit. Also ich kann nichts Negatives darüber sagen. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass ich zu einigen Künstlern auch ein wirklich freundschaftliches Verhältnis pflege. Von daher kann ich im Metal-YouTube-Bereich und rein subjektiv betrachtet von einer sehr gesunden Szene sprechen.

Wirst du auf der Straße mittlerweile erkannt und um ein Autogramm gebeten?
Ehrlich? Das passiert schon häufiger. In Verbindung mit der Band ist man schon ein Stück weit bekannter, was ich gleichzeitig cool und gruselig finde. Wenn mich jedoch Menschen ansprechen, die mich nur als YouTuber kennen, dann geht es meist weniger um Autogramme, als vielmehr darum ein gemeinsames Bierchen zu trinken und ein Selfie zu machen. Dagegen hab ich nie etwas einzuwenden.

Du hast bereits von diversen Festivals und Konzerten berichtet oder Tickets verlost. Bekommst du Unterstützung von Veranstaltern oder Labels?
Wenn die Menschen meinen Stil mögen und wir über E-Mail Kontakt oder auch persönlich gut miteinander auskommen, dann gibt es natürlich beidseitige Unterstützung, was ich sehr zu schätzen weiß. Auch hier sind über die Jahre Freundschaften entstanden, aber ich treibe mich ja auch nicht erst seit YouTube in der Metalszene herum.

Eine Serie von dir heißt „Durch die Nacht mitm Goreminister“. Würdest du dich eher als Tag- oder Nachtmensch bezeichnen?
Definitiv Nachtmensch! Nachts kann ich wählen, ob ich Stille will oder das Gebrüll des Nachtlebens. Am Tag ist es einfach immer nur hell und laut und die Menschen nerven in höherer Taktfrequenz.

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Du beschäftigst dich in deinen Videos auch oft mit Filmen und seit neuestem mit „Goreministers Trödelvlog“ mit Trödelmärkten. Wieso behandelst du diese Metal-fremden Themen?
Ganz einfach: Weil ich da Bock drauf habe. Metal ist zwar viel, aber nicht alles. Nebenher bin ich eben auch ein unglaublicher Nerd, genauer Film- und Spielzeugfan. Und wenn man sich selber Grenzen auferlegt, weil man denkt, das würde nicht passen, obwohl es einem gefällt, dann macht man meiner Meinung nach eindeutig etwas falsch.

Deine Zuschauer begrüßt du mit „Hallo ihr Fozzi-Bärchis und Ping erstmal.“ Was hat es damit auf sich?
Das „Fozzi-Bärchens“ habe ich mir zugegebenermaßen aus der Schmidteinander-Show, die seinerzeit im WDR lief, entliehen, weil ich den Witz vom Fotzibär mit Schmidt und Feuerstein immer so ulkig fand. Das mit dem „Ping“ hingegen hat sich irgendwann verselbstständigt. Als ich die ersten Folgen von „Durch die Nacht“ gedreht habe, wollte ich einfach nur einen Bier-Counter einblenden um nachzuverfolgen, wie viele Biere ich am Abend trinke. Als es dann um ein passendes Geräusch ging, um die Einblendungen zu untermalen, dachte ich mir so ein „Ping“ wie bei einem Echolot wäre doch witzig. Irgendwann, und zwar schon sehr kurze Zeit später, haben dann Leute nicht mehr mit Prost, sondern mit Ping mit mir angestoßen und der Rest ist Geschichte.

Du bist, wie bereits erwähnt, auch Sänger von Kadaverficker, mit denen du Nekrokore, eine Mischung aus Grindcore und Punk, spielst. Findest du ausreichend Zeit für die Musik bei deiner regen YouTube-Aktivität?
Klar. Das geht durchaus. Wenn wir irgendwo mit der Band spielen, wird ja auch gleichzeitig wieder eine „Durch die Nacht“-Folge gedreht, also verbindet man das eine mit dem anderen. Außerdem proben wir ohnehin nur ein paar Mal im Jahr. Vor Shows oder wenn wir ein Album vorbereiten. Von daher lässt sich das zeittechnisch hervorragend kombinieren.


Ok, dann danke ich dir an dieser Stelle. Zum Abschluss das traditionelle Metal1.info-Brainstorming:
EMP:
Ist mir zu Mainstream, aber die Mitarbeiter sind nett.
Andreas Scheuer: Kenne ich nicht.
Dein Lieblingsfilm: Dawn Of The Dead
Excrementory Grindfuckers: Spaßkapelle
Bier: Kein Bier ist illegal.
Lemmy Kilmister: Gott

Die letzten Worte gehören dir – gibt es noch etwas, was du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Bleibt wie ihr seid und wenn ihr ein Ziel vor Augen habt, dann haltet daran fest. Auch wenn ihr nur langsam vorankommt, ist die Ziellinie irgendwann erreicht.

Alle bisher erschienenen Teile dieses Specials im Überblick:

Publiziert am von Christian Denner

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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