Interview mit Theoharis von Hail Spirit Noir

Mit „Oi Magoi“ veröffentlichten die Griechen von HAIL SPIRIT NOIR Ende Januar nicht nur ihr bislang zweites Album, sondern zudem erneut einen echten Geheimtipp für alle Fans von innovativem Black Metal. Sänger Theoharis über das Albumkonzept, die Einflüsse aus Prog-Rock und Schwarzmetall sowie das Geheimnis hinter dem individuellen Sound des Trios.

Hail-Spirit-Noir-06 Euer zweites Album, „Oi Magoi“, ist unlängst erschienen. Bislang noch mit allen Details des Albums zufrieden?
Ich denke, es ist in allen Belangen ein Schritt vorwärts und repräsentiert sehr gut, wo wir mit der Band gerade stehen. Um ehrlich zu sein könnten wir mit dem Resultat nicht zufriedener sein. Die Produktion ist dank Dim Douvras und Jens Bogren wirklich erstklassig geworden. Aber es ist auch noch zu früh, um der Platte gegenüber negative Gefühle zu haben. Ich glaube aber, dass ich trotzdem nichts daran ändern würde, weil es sich für mich wirklich falsch anhören würde, auch nur ein Detail zu ändern.

Worum geht es auf „Oi Magoi“ konkreter und wer sind die im Titel angesprochenen Magier?
Allgemein handelt das Album vom Selbstbetrug der Menschen und der idiotischen Selbstüberschätzung und wie wir von unserer Geburt an in diesen Selbstbetrug hineinwachsen. Die Magier können alles sein, was dir jemals Hoffnungen gemacht und dich in den Himmel getragen hat, nur, um dich anschließend wieder fallen zu lassen. Es können deine Eltern sein, deine Lehrer und natürlich auch jede form organisierter Religion.

Hail Spirit Noir 02Wie wichtig sind dabei die Texte? Ist es deiner Ansicht nach für das Verständnis des Albums wichtig, sich mit den Texten auseinandergesetzt zu haben?
Für mich sind die Texte ein sehr wichtiger Bestandteil eines Albums. Es gibt Songs, bei denen die Musik sehr simpel gehalten ist, oder auch nichts besonderes ist, in die ich mich dann aber allein aufgrund der Texte und der Art, wie sie dargeboten werden, trotzdem verliebt habe.
Bezüglich unseres Albums sind uns die Texte natürlich sehr wichtig, aber nicht absolut notwendig, um es erfassen zu können. Wenn man das Album und unsere Band aber gänzlich begreifen will, muss man sich mit den Texten befassen – es hilft, schnelleren Zugang zu dem Album zu finden, da die Texte die düstere Atmosphäre verstärken. Auf den ersten Blick sind es einfach Horrorgeschichten mit einem Twist am Ende. Aber wie vorher schon erwähnt: wenn du dich eingehender damit befasst, wirst du ihre Bedeutung aufdecken. Songs wie “Demon For A Day”, “Satan Is Time” und der Titeltrack haben eine eher philosophische Seite, die mit der Problematik von Betrug und Täuschung, die ich vorher schon erwähnt habe, arbeitet. “Satan Is Time” beispielsweise handelt von der Idee dass die Zeit der Betrüger schlechthin ist, weil einfach alles, wirklich alles zerfällt, verrottet und stirbt und es nur wenige wertvolle Dinge gibt, die einen absolut und für immer unverädert begleiten.

Wenn du „Oi Magoi“ mit eurem Debüt-Album „Pneuma“ vergleichst – wo siehst du die augenscheinlichsten Unterschiede? Habt ihr beim Arrangement oder Aufnehmen der Songs dieses Mal etwas anders gemacht?
Ich denke, die neue Platte ist düsterer und verstörender als “Pneuma”. Dieses “Spaß”-Element, das viele Leute auf unserem Debüt ausgemacht zu haben glaubten, ist auf dem neuen Werk nicht mehr so präsent. Trotzdem ist das Album catchy und voll von verschiedenen Aufhängern. Dieses Mal sind es aber eher die kleinen Details und die in Trance versetzende Wiederholung bestimmter Passagen, die für den psychedelischen Sound sorgen, den wir immer suchen. Auch wenn es nicht beabsichtigt war, hat sich beim Songwriting herauskristallisiert, dass wir den psychdelischen Aspekt der Songs doch noch einmal mehr in den Vordergrund rücken wollen. Wir haben die Songs wieder so arrangiert, dass eine gewisse Spontaneität möglich war, auch, wenn die Idee erst während der Aufnahmen entstand. Hinsichtlich der Aufnahmen selbst war dieses Mal nichts entscheidend anders, außer, dass wir dieses Mal noch älteres Equipment benutzt haben. Trotzdem haben wir einen besseren Sound hinbekommen, der seinen Vintage-Flair behalten und trotzdem frisch und aktuell klingt.

Im Gegensatz zum letzten Mal hattet ihr jetzt schon einen Labelvertrag in der Hinterhand, als ihr mit dem Songwriting angefangen habt. Hat euch das geholfen, euch mehr auf die Kreativarbeit zu fokussieren?
Wir sind Code666 sehr dankbar, weil es wirklich gut war, zu wissen, dass man sich dieses Mal keine Sorgen um die Suche nach einem Label machen muss. Was nicht heißt, dass wir entspannt oder uns mehr Zeit gelassen haben als nötig. Als die Ideen erst einmal zu fließen anfingen und die Songs Gestalt anzunehmen begonnen hatten, wussten wir, dass wir ein besseres Produkt als beim letzten Mal abliefern mussten, einfach, um uns selbst zufriedenzustellen. Wir haben wirklich hart an den Songs gearbeitet und ich denke, das Resultat rechtfertigt all unsere Mühen. Als wir “Pneuma” komponierten, hatten wir keinerlei Erwartungen, insofern hatten wir dabei einfach unseren Spaß. Jetzt mussten wir uns selbst übertreffen, schon alleine, um uns und unsere Egos zufrieden zu stellen.

Zum Titeltrack des Albums habt ihr ein Video gedreht. War das ein lange gehegter Wunsch eurerseits oder einfach eine Idee des Labels?
Um ehrlich zu sein war es weder die Idee des Labels, noch war es unser eigener Traum, ein Video zu drehen. Aber wir dachten uns, wir könnten einfach ein wirklich unheimliches und irrsinniges Video drehen, als Tribut an die theHammer Horrorfilme und die Italienischen Meister. Wir haben uns dafür den Titeltrack ausgesucht, weil der Song wirklich beklemmend und beängstigend ist mit seinen griechischen Lyrics und seiner kompositorischen Spannung. Manos G von Universe hat seine Sache wirklich großartig gemacht – er hat genau die Stimmung eingefangen, die wir brauchen.
(A.d.Red.: Das Video gibt es unter diesem Interview zu sehen!)

Hail Spirit Noir 01Ein sehr charakteristischer Aspekt bei HAIL SPIRIT NOIR ist euer sehr eigener Sound. Hattet ihr hierfür konkrete Vorbilder, oder wie hat sich das über die Jahre entwickelt?
Danke dir vielmals – genau das war es nämlich, was wir von Anfang an wollten: unseren eigenen Sound. Ich denke auch, dass wir das recht gut hinbekommen haben. Vorbilder? Schwer zu sagen. Ich denke, Manos Hadjidakis’ “Reflections”-Album und all die 70er-Jahre-Prog-Rock- und Black-Metal-CDs, die wir gehört haben, hatten darauf Einfluss. Ich denke aber, dass wir unseren Sound im Proberaum gefunden haben. Als wir die Songs gespielt haben, haben wir entschieden, was wir brauchen und was wir ändern müssen, damit dabei etwas Neues herauskommt. Ich weiß nicht, ob man das heraushört, aber wenn wir Songs komponieren, haben wir oft Filme wie “Susperia” im Hinterkopf und was sie mit dem Zuschauer gemacht haben. Ein bisschen davon versuchen wir in den Mix zu bekommen. Ich denke, wir haben da eine schöne Balance gefunden, oder?

Auf jeden Fall! Wie habt ihr diesen vorher schon erwähnten “modernen Vintage-Sound” denn hinbekommen? Ist das mehr eine Equipment-Frage oder eine Frage der Nachbearbeitung?
Ich kann doch hier nicht unser Markengeheimnis verraten, oder? (lacht). Aber Spaß beiseite. Seit Haris diese Idee 2010 aufgebracht hat, haben wir uns dazu entschieden, für so ziemlich alles analoges Equipment zu benutzen, sondern auch nicht auf konventionelle Weise zu spielen oder unsere Spielweise gar dem Sound, den man mit dem Vintage-Equipment assoziiert, anzupassen. Daraus, dass sowohl die Songs als auch die Art und Weise, wie wir alles durchstrukturieren, sehr unverbraucht sind und wir uns nicht nur auf etablierte Muster und Strukturen verlassen, resultiert der moderne Aspekt in unserer Musik. Die Art und Weise, wie wir das alles kombieren und wie wir dann entschieden haben, jeden einzelnen Teil zu spielen, dürfte wohl unser Geheimnis sein. Aber erzähl das bitte keinem, ok? Danke!

Auch musikalisch tut man sich schwer, Parallelen zu anderen Bands zu ziehen. Welche musikalischen Einflüsse würdest du nennen?
Wie vorher erwähnt ist Hadjidakis definitiv ein großer Einfluss; ebenso gehören da Bands wie Yes, Eloy und King Crimson dazu, aber auch Emperor und DHG aus dem eher avantgardistischen Black-Metal-Spektrum und auch ein paar Bands der Gothic-Szene wie Bauhaus, die auf ihren Alben wirklich viel herumexperimentiert haben.Hail Spirit Noir 03

Bist du selbst denn eher Black Metaller oder Prog Rocker? Könntest du uns vielleicht ein paar deiner Album-Favoriten aus beiden Welten nennen?
Ich höre wirklich beides gleichermaßen, da mir beide Welten unterschiedliche Dinge geben. Was ich am Prog-Rock und generell dieser Zeit liebe, ist, dass die Leute sämtliche vorgefassten Meinungen über Komposition und Struktur und eigentlich alles was mit Musik und Kunst im Allgemeinen zu tun hat, aus dem verdammten Fenster geworfen haben. Es gab geglückte und gescheiterte Experimente, aber es wurden auch zeitlose Melodien und Musikstücke kreiert und dieser Sinn für Freiheit ist sehr verführerisch. Ich denke, das ist der Grund, warum man auf diese Era schaut und sich von dort Inspiration holt. Hinsichtlich dem Black Metal ist die Verbindung eher persönlicher Natur wie es bei Musik sein sollte, die, unabhängig von der gewaltigen Entwicklung, die sie durchgemacht hat, in ihrem Herzen und vom Charakter hat stets intakt geblieben zu sein scheint. Wenn es um Lieblingsalben geht, muss ich im Prog-Rock “Red” (King Crimson), “Foxtrot” (Genesis), “Ocean” ( Eloy) and “Pawn Hearts” (Van Der Graaf Generator) nennen. Bezüglich Black Metal wäre das dann “Fractal Possession” (Abigor), “666 International” (DHG) und eigentlich die gesamte Emperor-Diskographie.

Wie entsteht ein typischer Song von euch?
Immer aus einer Idee von Haris, aus der wir dann einen Song formen. Dabei bleibt nichts gleich und selbst im Studio und bis zum allerletzten Moment sind die Songs noch Veränderungen ausgesetzt, wenn uns die Inspiration packt. Proben sind dabei essenziell, weil wir die Songs dort formen und den Flow ausprobieren und den Song so selbst entscheiden lassen, was wo benötigt wird.

Habt ihr vor, mit dem Album auch auf Tour zu gehen?
Ich würde dir darauf wirklich gerne eine positive Antwort geben, aber wir stecken da noch mitten in der Planung. Wir wollen, dass unsere Shows mehr sind als die bloße Reproduktion von Musik. Es muss mehr etwas von einem Spektakel haben. Aber wir werden definitiv an den Punkt kommen, an dem wir dann auf Tour gehen werden.

Vielen Dank für deine Zeit – zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:

Angela Merkel: Arthritis
Prog-Rock: Freiheit
Metal in Griechenland: Wächst
Euro-Krise: Willkommen in der Gefahrenzone!
Eine Band mit der du gerne auf Tour gehen würdest: Enslaved
Ein Land, das du gerne bereisen würdest: Island
HAIL SPIRIT NOIR in zehn Jahren: Verschreckender, düsterer und als Künstler angesehen.

Die letzten Worte gehören dir – willst du unseren Lesern noch etwas mitteilen?
Ich hoffe, euch gefällt das Album so sehr wie es uns gefallen hat, als wir es geschrieben haben. Haltet in jedem Schatten um euch herum nach dem Spirit Noir ausschau – er ist immer da! Danke für das Interview.

http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=ecT9RbmXQFI

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