Interview mit Daniel López & Ernesto Riol von Helgrind

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Eine Pagan-Metal-Band namens HELGRIND, das klingt soweit recht unspektakulär. Interessant wird die Sache, wenn man weiß, dass HELGRIND die erste (und bislang einzige) Pagan-Metal-Band aus Kuba sind. Wie sie zu dem Genre gefunden haben, warum sie sich mit der Thematik identifizieren können und wie ihre Musik in ihrer karibischen Heimat so ankommt, berichten Daniel López (Bass) und Ernesto Riol (Gesang) im Interview.

Danke, dass ihr euch Zeit für dieses Interview nehmt! Wie geht es euch?
Danke, dass ihr uns die Möglichkeit gebt, unsere Band und den kubanischen Extrem-Metal in der Welt zu promoten. Uns geht es gut, aber wir sind ziemlich ungeduldig, was das Ende dieses verdammten Pandemie-Ausbruchs angeht.    

HELGRIND ist eine Pagan-Metal-Band aus Kuba. Seid ihr dort die einzige Pagan-Metal-Band?
Wir sind die erste und einzige Band dieses Genres in Kuba, obwohl man fairerweise sagen muss, dass in der Vergangenheit auch andere hervorragende Gruppen mit diesen Themen kokettiert haben oder Riffs hatten, die von europäischer Folk-Musik beeinflusst waren, aber immer nur sporadisch in dem einen oder anderen Song. Unser größtes Verdienst war es, unsere Bemühungen in diese Richtung zu lenken und uns als deren Hauptvertreter im Land zu etablieren.

Was hat euch dann dazu gebracht, selbst Pagan/Viking Metal zu spielen?
Neben unserer Leidenschaft für Geschichte, Mythologie und europäische Fantasy hat uns vor allem die Tatsache, dass dieser Stil in unserer nationalen Szene zuvor nicht existierte, dazu gebracht, uns in dieses Genre zu vertiefen. Das in also jetzt zweifelsohne unser Beitrag.

War es schwierig oder einfach, genügend Musiker zu finden, die sich für dieses Genre und vor allem für dieses Thema interessieren?
Jede neue Idee in einem musikalischen und voreingenommenen Umfeld wird von den meisten Leuten zunächst mit Skepsis und sogar Misstrauen aufgenommen, aber bei anderen weckt sie dafür eine große Neugierde. Das ist ein Grund, weshalb sich HELGRIND rühmen kann, dass, wenn ein Platz im Lineup frei wurde, dieser meist schnell und mit Begeisterung von gestandenen und erfahrenen Musikern eingenommen wurde. Wir können uns darüber nicht beklagen, und wenn es irgendwann einmal schwierig war, eine Position zu besetzen, dann lag das an den inseltypischen materiellen Schwierigkeiten, an der mangelnden Professionalität des Bewerbers oder an der kleinen heimischen Metalszene.

Welche Bands haben euch persönlich für dieses Genre begeistert?
In unseren Anfängen kann man hier Aman Amarth, Ensiferum, Turisas oder Bathory nennen, aber nachdem wir im Laufe der Jahre tiefer in das Genre eingetaucht sind, haben uns Falkenbach, Thyrfing, Forefather, die frühen Sachen von Wolfchant, Kampfar, Windir und Primordial gefesselt. Heutzutage schätzen wir Bands wie King of Asgard, Havukruunuand und so weiter.

Was fasziniert euch an diesen Themen, die nichts mit eurem kulturellen Hintergrund und der Kultur eures Landes zu tun haben?
Wir sind aber absolut nicht der Ansicht, dass das Genre nichts mit unserem kulturellen Hintergrund zu tun hat. Aber diese Vermutung rührt von dem falschen Bild, das über die Jahre von Kuba in die Welt projiziert wurde. Nicht alles hier ist Rumba, Mulatas und Palmen … das dient eher als himmlische Illusion, um Touristen anzulocken. Die Realität ist, dass in Kuba mehr als die Hälfte der Bevölkerung europäischer Abstammung ist, und dass die Kolonialarchitektur in den Villen, die von den Spaniern vor einem halben Jahrhundert errichtet wurden, in perfektem Zustand erhalten ist. Unsere kulturellen Bindungen sind daran geknüpft und unsere Musik ist das Mittel, mit dem wir die Erinnerung an unsere keltischen, iberischen oder germanischen Vorfahren ehren. Wir sind fasziniert von den heidnischen Genres und Themen des vorchristlichen Europas, eben weil wir uns damit identifizieren können.

Ihr verwendet Runen und den Thorshammer – sind das für euch Symboliken, die eine kulturelle Bedeutung haben, oder eher Elemente, die zu diesem Genre gehören wie Corpsepaint zum Black Metal?
Wir glauben nicht an die Hollywood-Geschichte, dass Runen oder der Mjolnir-Hammer einzigartig für das germanische Volk, das als Wikinger bekannt ist, sind. So weit entfernte Völker wie die Phönizier oder die Etrusker hatten ebenfalls Alphabete mit sehr ähnlichen Runenzeichen. Man muss nur ein wenig tiefer in die Geschichte eintauchen, um die enorme Ähnlichkeit zwischen all diesen Kulturen zu erkennen, die nicht nur ein Zufall sein kann und eine mögliche Erklärung war eine ursprüngliche Zivilisation, die als Quelle für Weisheit und Mythen diente. Dasselbe gilt für den Gott Thor und seinen Hammer Mjolnir, die Idee eines Gottes des Donners, des Wetters und der Ernte gab es schon in anderen Mythologien, beispielsweise den Gott Donar in Holland, Ukko und seinen Hammer Ukonvasara in Finnland, Perkunas in Lettland und Litauen, Perunamong bei den Slawen, Taranis bei den Kelten und sogar Zeus in Griechenland hat viele Ähnlichkeiten. Diese uralten magischen Symbole gehören zu einer ganzen Gruppe von Menschen und Völkern, deren Erben wir sind. Wir tragen sie mit Stolz und es liegt in unserer Hand, dieses Erbe an alle weiterzugeben, die bereit sind, zuzuhören.

Worum geht es in den Texten, auf welches „Mutterland“ bezieht ihr euch auf eurem Album “Return To The Motherland”?
Wir verwenden den Begriff „Mutterland“ in einem allegorischen Sinn für die Songs des gesamten Albums, man kann darin gesammelt finnische, germanische, slawische, nordische Mythologie finden und deshalb verwenden wir „Mutterland“, um uns auf einen größeren Teil davon zu beziehen, der auch für uns eine angestammte Heimat ist.

Auf eurem Bandfoto tragen zwei eurer Musiker Shirts von Graveland und Nargaroth – zwei Bands, die hierzulande nicht unumstritten sind. Vor allem die erste wird wegen ihrer ideologischen Ausrichtung auch dem NSBM zugeordnet. Ist euch das bewusst, ist das für euch ein Thema – und wo steht ihr politisch?
HELGRIND ist eine Band, die nicht in diese Richtung geht und das machen wir auch ganz klar. Wir respektieren diejenigen, die Neigungen zu der einen oder anderen Seite haben, aber wir denken, dass Separatismus und Zersplitterung der Menschen nur Schwäche bringt. Man muss sich nur daran erinnern, dass die so genannten „großen“ Zivilisationen, die Autoren solch brillanter Ideen, den Gipfel des menschlichen Verfalls und der Perversion erreicht haben. Die Idee, dass Millionen von Menschen in Städten zusammengepfercht sind, ist unnatürlich, einer politischen Partei, welcher Art auch immer, anzugehören, ist ebenfalls unnatürlich und so ist es auch, Sklave eines blutigen und autoritären Wüstengottes zu sein, der all dein Geld will … das hat nichts mit dem kulturellen Hintergrund Europas und seiner Menschen zu tun. Es ist alles Teil eines finsteren Plans zum Teilen und Beherrschen, und während wir uneins sind und uns gegenseitig bekämpfen, mästet sich der wahre Feind der Menschheit an unseren Gütern und parasitiert an ihren Tempeln. Die Antwort darauf, wer wir sind, ist nicht politisch, sondern religiös. Einer der vielen Mechanismen, die der Feind hat, um an der Macht zu bleiben, besteht darin, die Vergangenheit zu kriminalisieren. An dieser Stelle kommen Rob Darken und Graveland ins Spiel. Erneut lade ich dich ein, nicht an der Oberfläche zu bleiben und dich in das Thema und die Texte von Graveland zu vertiefen. Nationalstolz, Legenden, Schlachten, Patriotismus und Hass auf den christlichen Eindringling … wenn ihn das zu einem Verbrecher macht, dann sind wir nicht weit davon entfernt.

Ganz allgemein: Wie werdet ihr mit eurem Musikstil in Kuba angenommen – gibt es eine Szene und Fans dieser Musik, oder zielt ihr ganz auf die europäische Szene?
In Kuba folgen wohl nur wenige Leute wirklich diesem Genre, vielleicht wegen des amerikanischen Einflusses in der Metal-Musik und auch wegen unserer geographischen Lage. Aber man kann sagen, dass die Szene wächst und wir als Band haben mittlerweile auch Fans in unserer Szene, die sich mit diesem Stil beschäftigen. Aber ja, wir konzentrieren uns auf die europäische Szene, wir teilen unsere Musik mit Fans und Musikern aus verschiedenen europäischen Ländern und es ist schön, sagen zu können, dass sie meistens angetan sind und unsere Musik genießen.

Danke für das Gespräch. Zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:
Quorthon:
Ein Künstler, der seiner Zeit voraus und stolz auf seine Vergangenheit war.
Deutschland: Wiege eines historisch unterschätzten Volkes.
Zigarren:
Tod und unnötige Krankheit in einer schicken Schachtel.
Wikinger:
Mystisches germanisches Volk, das in der Populärkultur verhöhnt wird
Schnee:
Eine der perfektesten und schönsten Schöpfungen der Natur
Fidel Castro: Zu dieser Persönlichkeit gibt es unterschiedliche Auffassungen in der Band, deshalb geben wir dazu lieber keine Aussage ab, um keine Empfindungen zu verletzen.
Amon Amarth:
Ein Sprungbrett, um sich für heidnische und germanisch-mythologische Themen zu begeistern.

Nochmals vielen Dank für eure Zeit. Die letzten Worte gehören euch!
Danke für deine Zeit und Mühen! Wir hoffen, dass unsere Musik und unsere Botschaft die Ohren vieler Menschen auf der ganzen Welt erreichen wird und es wäre eine Ehre, in Deutschland und in ganz Europa auftreten zu können, einem Kontinent, dessen Geschichte und Kultur uns als Band existieren lässt. Wir schicken euch eine Umarmung aus Kuba.

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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