Konzertbericht: Abbath w/ 1349, Vltimas, Nuclear

05.02.2020 München, Backstage (Halle)

Im Hinblick auf seine Karriere scheint Abbath die Trennung von Immortal nicht allzu sehr geschadet zu haben: Mit seinem Soloprojekt ABBATH ist der sympathische Norweger weltweit gefragt. Doch obwohl das Billing der „Outstrider“-Europatour mit ABBATH, 1349 und der Supergroup VLTIMAS viel hermacht, scheint Skepsis angebracht: Noch im November 2019 mussten ABBATH das Südamerika-Leg der Tour unter unrühmlichen Umständen abbrechen.

Die Ungewissheit, ob zwei Monate Pause und eine Entziehungskur ausgereicht haben, um Abbath wieder zu alter Stärke zu verhelfen, scheint den Kartenvorverkauf nicht befeuert zu haben. So findet die München-Show statt im Backstage Werk in der kaum halb so großen, dafür dann aber gut gefüllten Backstage Halle statt.

Den Anfang machen, mehr oder minder überraschend, NUCLEAR. Denn obwohl die Band aus Chile eingeflogen ist, wird sie auf den Konzertflyern nicht einmal erwähnt. Wohl nicht zuletzt deswegen stehen um 19:00 Uhr schon zahlreiche Zuhörer vor der Bühne, die statt Vltimas nun erst einmal Thrash Metal geboten bekommen. Dass der Kern der Truppe (ehemals als Escoria) bereits seit 1995 zusammenspielt, merkt man NUCLEAR an: Zwar ist ihr Songmaterial recht generisch und klingt auch bei genauem Hinhören ziemlich gleichförmig – durch ihre Spielfreude und technische Souveränität können sich NUCLEAR in knappen 30 Minuten trotzdem die Sympathien des Publikums erarbeiten. Ob es wirklich vier Bands hätten sein müssen, sei dahingestellt – unter den gegebenen Umständen ist eine Thrash-Band aber zumindest eine konsequent anders geartete Ergänzung im auch sonst sehr vielseitigen Billing dieser Tour.

  1. Confront
  2. God Forsaken Life
  3. Violence That Burns
  4. Killing Spree
  5. No Light After All
  6. On Killing
  7. Apátrida

Um 20:00 Uhr folgt mit VLTIMAS nämlich ein wilder Mix aus Death- und Black-Metal. Die Band um Rune „Blasphemer“ Eriksen (Ex-Mayhem), David Vincent (Ex-Morbid Angel) und Flo Mounier (Cryptopsy) präsentiert sich live exakt so, wie man es sich erhofft: Technisch brillant und in bester Stimmung. Während die Instrumental-Fraktion von VLTIMAS (ergänzt um Livemusiker an Bass und Gitarre) bei astreinen Soundverhältnissen durch Geschwindigkeit und Tightness für offene Münder sorgt, präsentiert sich Vincent in Hut und Mantel als freundlicher Geschichtenerzähler: Mit düsterer Stimme leitet er geschickt zwischen den Songs über – und präsentiert sich auch gesanglich in erfreulich guter Verfassung. Dass die Songs zwischen Mayhem-esker Vertracktheit und stumpfem Geballer schwanken, stört live deutlich weniger als bei den Studioversionen der Songs auf dem VLTIMAS-Debüt. So vergeht die 45-Minuten-Show zwischen dem Opener „Something Wicket Marches In“ und dem finalen „Marching On“ tatsächlich wie im Flug. Dass VLTIMAS offensichtlich für so manchen Fan die Hauptattraktion im heutigen Billing darstellen, ist nach dieser Darbietung absolut nachvollziehbar.

  1. Something Wicked Marches In
  2. Praevalidus
  3. Total Destroy
  4. Monolilith
  5. Truth And Consequence
  6. Last Ones Alive Win Nothing
  7. Everlasting
  8. Diabolus Est Sanguis
  9. Marching On

Nach einer knappen halben Stunde Umbau wird es schließlich schwarz(metallen): Mit 1349 steht eine der technisch versiertesten und musikalisch extremsten Bands der Szene auf der Bühne. Schon Schlagzeuger Frost allein bietet ein fulminantes Spektakel – wenngleich er sich dazu hinter einer Kessel-und-Becken-Burg verschanzt. Mehr fürs Auge bietet da Fronter Ravn, der mit seiner beachtlichen Größe und massivem Nietenschmuck in wenig Licht und viel Nebel getaucht genau das ausstrahlt, was er in der Musik mit seiner bitterböse Stimme ausdrückt. Doch auch das Soundbrett, das 1349 als klassisches Quartett mit nur einer Gitarre auspacken, ist beachtlich: Dem überaus fähigen Tontechniker ist zu verdanken, dass Songs wie „Manifest“, „Abyssos Antithesis“ oder der Bandhit „I Am Abomination“ nicht wie so oft in Soundbrei untergehen, sondern ein wahres Black-Metal-Inferno entfachen. Auf echtes Feuer – wie das bei 1349 fast schon routinemäßige Feuerspucken – müssen die Norweger heute (wohl aufgrund der Hallengröße) verzichten. Ansonsten bekommen Fans heute nicht zuletzt dank des spannenden Materials von „The Infernal Pathway“ eine rundum perfekte 1349-Show geboten.

  1. Sculptor Of Flesh
  2. Through Eyes Of Stone
  3. Slaves
  4. I Am Abomination
  5. Striding The Chasm
  6. Manifest
  7. Atomic Chapel
  8. Dødskamp
  9. Abyssos Antithesis

Um kurz vor halb Elf ist es dann Zeit für ABBATH. Die Frage, ob Abbath selbst schon wieder in der Verfassung ist, eine gute Show abzuliefern, steht den Fans nun förmlich ins Gesicht geschrieben. Schon nach dem Opener „Hecate“ ist klar: Er ist es! Sieht man davon ab, dass Abbath sich mit einem Teleprompter gegen Blackouts absichert, wirkt er wie neu geboren: Souverän in Gesang und Stage-Acting, gut aufgelegt, aber doch nicht lächerlich. Zwar zeigt der „Gene Simmons des Black Metal“ immer wieder eine seiner berühmten Grimassen. Doch Abbath vermeidet es zugleich, aus der Show eine Klamauk-Veranstaltung zu machen: So lassen ABBATH die Immortal-Klassiker „Against The Tide (In The Arctic World)“, „One By One“ und „In My Kingdom“ ebenso authentisch klingen wie die rockige I-Nummer „Warriors“.

Im Mittelpunkt der Show steht jedoch erwartungsgemäß das aktuelle Album „Outstrider“, welches das Set mit sechs Songs klar dominiert. Dass das Songmaterial live so gut funktioniert, liegt nicht zuletzt an der Souveränität, mit der die Band performt: Obwohl Bassist Rusty Cornell erst im Januar wieder eingestiegen ist, präsentieren sich ABBATH – durch eine starke Lichtshow, Nebelsäulen als Showeffekt und den guten Sound stimmig in Szene gesetzt –  60 Minuten lang als starke Einheit. Wenngleich das Publikum erstaunlich ruhig bleibt, merkt man den Fans die Erleichterung doch an: Weiter von „argentinischen Verhältnissen“ könnte diese Show kaum entfernt sein.

  1. Hecate
  2. Count The Dead
  3. Bridge Of Spasms
  4. The Artifex
  5. Warriors (I-Cover)
  6. Ashes Of The Damned
  7. Harvest Pyre
  8. Against the Tide (In the Arctic World) (Immortal-Cover)
  9. One By One (Immortal-Cover)
  10. Calm In Ire (Of Hurricane)
  11. Outstrider
  12. In My Kingdom Cold (Immortal-Cover)
  13. Winterbane
  14. To War!

Vier Bands, die extremen Metal spielen, können hintereinander schnell mal ermüdend sein. Nicht so heute: Der gelungene Stilmix, der von Thrash über Death und Black bis hin zum Black ’n‘ Roll von ABBATH reicht, trägt dazu sicherlich bei. Entscheidend aber ist, dass heute vier Bands ausnahmslos ihr Bestes geben. Abgerundet durch über alle Shows hinweg perfekte Sound- und Lichtbedingungen und eine angenehm gut gefüllte, aber nicht überfüllte Halle macht das die Veranstaltung zu einem Konzertabend, der rundum positiv in Erinnerung bleibt.

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