Konzertbericht: Batushka w/ Schammasch, Trepaneringsritualen

18.01.2018 Salzburg, Rockhouse (Bar)

BATUSHKA und SCHAMMASCH verbindet einiges: Beide haben sich dem so genannten „orthodoxen“ Black Metal verschrieben, beide zelebrieren eher Rituale denn Live-Shows und beide erfahren derzeit einen echten Hype: Nach Okkult-Black-Metal scheint der sakral inspirierte Black Metal das nächste große Ding zu sein. Insofern ist nur konsequent, dass beide Bands nun gemeinsam auf Tour gehen.

Während die Tour in anderen Städten Hallen mit einer Kapazität von um die 500 Besuchern füllt, macht Salzburg einmal mehr die Ausnahme: Knapp 50 Tickets im Vorverkauf, vielleicht nochmal so viele an der Abendkasse reichen aus, die Rockhouse Bar mehr als gut zu füllen. Es herrscht intime Underground-Atmosphäre – bei den neuen Stars der Szene. Was will man mehr?

Mit TREPANERINGSRITUALEN gehört die erste halbe Stunde des Abends einem Mann: Thomas Martin Ekelund. Mit blutüberströmten Armen und einem Sack über dem Kopf verstört schon der Anblick des stämmigen Schweden – die Musik tut ihr Übriges. Zu düsteren Beats röchelt und schreit Eklund in seiner halbstündigen One-Man-Show, was die Lunge hergibt. Musikalisch ist das Resultat, das ein wenig an eine Black-Metal-Version der EBM-Band Wumpscut erinnert, gewiss Geschmackssache, zumal über die Zeit nicht all zu viel passiert. Eine maximal düstere Atmosphäre kann man der Show jedoch nicht absprechen.

Nach halbstündigem Umbau gehört die Bühne um 21:00 Uhr SCHAMMASCH: Wie beim Headliner, ist die Atmosphäre auch hier schon durch viele Parallelen zu religiösen Kulten spirituell aufgeladen: Edle Kutten prägen die Show, die sich ansonsten vornehmlich in Dunkelheit und Nebel abspielt. Für letzteren sorgen nicht nur Weihrauch und Nebelmaschine, sondern dem unlängst gekippten Rauchverbot in Österreichs Bars sei Dank, auch die Zuschauer – der Preis für die intime Atmosphäre im Rockhouse. Die jedoch ist es wert: Näher an der Band, mehr ins Geschehen auf der Bühne involviert als in der Rockhouse Bar kann man als Fan kaum sein.

Musikalisch steht das groovende Drumming, das Erinnerungen an Rotting Christ weckt, im Vordergrund – die Riffs hingegen verschwimmen eher in der Durchschnittlichkeit geschrammelter Black-Metal-Riffs. Problematisch wird es beim sakral anmutenden Klargesang: Gerade mit den in diesem Aspekt schlicht perfekten Batushka im Nacken können SCHAMMASCH hier einfach nicht so recht punkten. Mag sich die 50-minütige Show der Baseler gegen Ende auch etwas ziehen, vermag der heutige Auftritt doch die Idee hinter SCHAMMSCH zu vermitteln und die Stärken der Band zu betonen.

Nach weiteren 40 Minuten Umbau ist es um 22:30 Uhr schließlich Zeit für die große Messe mit BATUSHKA: Kerzen, Schädel, Weihrauchbrenner und Weihwasser stehen bereits bereit, als die Musiker und Fronter Варфоломей in ihren dem orthodoxen Priestergewand nachempfundenen Gewändern prozessionsartig die Bühne betreten.

Mit „Ектения I: Очищение“ beginnen die Polen ihr Set direkt mit dem Opener ihres bislang einzigen, konsequenterweise „Litourgiya“ betitelten Albums – das sie im Folgenden bei perfekten Soundverhältnissen in Gänze durchspielen werden. Mehr noch als bei anderen Bands ist die Darbietung klar Geschmackssache – entweder man ist von der absolut stimmigen Inszenierung direkt mitgerissen, oder schnell gelangweilt: Варфоломей entzündet Kerzen, schwingt mal das Thuribulum, um die Bar einzuräuchern, mal den Aspergill, um das Publikum mit Weihwasser zu besprengen – zuletzt küsst und zeigt er die Ikone, die den Rest der Show in der Bühnenmitte auf einem Altar aufliegt. Über diese absolut perfekte Adaption einer religiösen Liturgie inklusive der zu Songtexten umfunktionierten Gebete hinaus passiert auf der Bühne wenig: Das Minenspiel der Musiker bleibt hinter Masken verborgen und schon aus Platzgründen bewegen sich die Musiker nicht von der Stelle.

Das stört aber ebensowenig wie die Tatsache, dass BATUSHKA – wie sollte es auch anders sein, ist das Album doch nur etwas über 40 Minuten lang – als Headliner statt der angekündigten Stunde ebenfalls nur knappe 50 Minuten spielen: Die packende, intensive Atmosphäre, die die Polen in dieser Zeit heraufzubeschwören in der Lage sind, wirkt noch nach, als die Roadies das Equipment verpacken und die Fans die Bar verlassen.

  1. Ектения I: Очищение
  2. Ектения II: Благословение
  3. Ектения III: Премудрость
  4. Ектения IV: Милость
  5. Ектения V: Святый вход
  6. Ектения VI: Упование
  7. Ектения VII: Истина
  8. Ектения VIII: Спасение

Wenn das religiöse Konzept der Band im Ganzen für eine Black-Metal-Band auch etwas sonderbar anmutet und sich die Message nicht gleich erschließt, muss man BATUSHKA zugestehen, dass sie das, was sie tun, zur Perfektion gebracht haben. Da können SCHAMMASCH heute, trotz absolut souveränder Show, nicht ganz mithalten. Gemeinsam mit TREPANERINGSRITUALEN stellen die Schweizer trotzdem die perfekte Ergänzung zu den polnischen Senkrechtstartern dar.

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2 Kommentare zu “Batushka w/ Schammasch, Trepaneringsritualen

  1. Also erstmal: Schammasch kommen aus Basel und nicht aus Bern..aber ist ja fast dasselbe..

    Ich hab die drei einen Tag vorher in Essen gesehen (die Setlist wird zu 99,99% die selbe gewesen sein), aber um ehrlich zu sein, frag ich mich ob du wirklich die gleichen Bands gesehen hast. Schammasch und Durchschnitts-Geschrammel? Allein 30 der 50 min haben sie ihre EP „The Maldoror Chants“ gespielt. Auf der gibt es genau einen „klassischen“ Black Metal Song („Chimerical Hope“) – der Rest ist viel mehr Ambient und Doom Metal. Das ist weder wirklich viel Black Metal, und schon gar kein „Durchschnittsgeschrammel“. Und auch die anderen Songs von Triangle z.B. „Metanoia“ haben damit wohl kaum was zu tun.

    Der Vergleich zwischen dem Gesang von Batushka und Schammasch hinkt meiner Meinung nach ziemlich: Batushkas Gesang soll Sakralgesang der orthodoxen Kirche darstellen. Schammaschs Gesang hat mit „sakral anmutend“ kaum bzw. nur ganz vereinzelt was zu tun (keine Ahnung, was der Autor da gehört hat..) und besteht größtenteils aus Flüstern und Sprechgesang. Batushka versucht mit ihrem Gesang die Atmosphäre einer Messe zu kreieren, und setzt diesen viel sparsamer/subtiler ein. Bei Schammasch dagegen soll der Gesang eine Geschichte erzählen (falls nicht bekannt, „The Maldoror Chants“ ist ein Konzeptalbum..) und dessen extrem düstere Atmosphäre einfangen, und schafft das meiner Meinung nach auch ziemlich gut (hört euch einfach die EP mal an, insbesondere die Songs „These Tresses Are Sacred“/“May His Illusion Last Until Dawn’s Awakening“). Beides funktioniert auf seine Art und Weise extrem gut, aber ist meiner Meinung nach kaum vergleichbar, da es vollkommen unterschiedlich klingt und klingen soll, und ne ganz andere Funktion für die Musik hat.

    Auch wenn als Fan sicherlich etwas voreingenommen bin, die Darstellung von Schammasch hier ist an vielen Stellen schlecht recherchiert oder schlicht und ergreifend falsch..

    1. Hallo & Danke für deinen Kommentar!
      @Herkunftsort: da hast du recht – ein solcher Lapsus sollte nicht passieren, passiert aber natürlich trotzdem hin und wieder. Danke für den Hinweis, das wurde natürlich umgehend ausgebessert.

      @Geschrammel: Das ist im Kontext nicht ganz so negativ gemeint, wie es vielleicht verstanden wurde. Fakt ist: Ein Großteil der Riffs bei Schammasch besteht aus durchgehenden 16tel-Akkorden, was nunmal wenig Raum für Akzentuierung im Gitarrenspiel lässt. Gerade live gehen da die kompositorischen Nuancen gerne mal unter – was bleibt, sind eben „durchgeschrammelte“ Riffs, die vornehmlich durch das (positiv erwähnte) Schlagzeug akzentuiert werden. Auch auf Platte finde ich Schammsch persönlich allerdings weit weniger „speziell“, als der Ruf, der ihnen vorauseilt, glauben macht.

      @Sakral/Orthodox: Richtig, das Bandkonzept von Schammasch und Batushka unterscheidet sich inhaltlich ohne Zweifel. Wer jedoch in Roben, mit Weihrauch und Kerzen im Vorprogramm von Batushka auftritt, braucht sich nicht wundern, wenn er am Ende nicht als abgefreakte Avantgarde-Truppe verstanden wird, sondern sich einem direkten Vergleich ausgesetzt sieht. Zumal Text/Konzept in der Live-Umsetzung nunmal eine dem Auftreten untergeordnete Rolle spielen. Und da kokettieren Schammasch nunmal mit genannten Attributen sehr wohl und wohl auch wissentlich mit sakralen/orthodoxen Elementen.

      Ich hoffe, damit etwas zur Klärung der Sichtweisen beigetragen zu haben – bleib uns als Leser treu!

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