Konzertbericht: Dødheimsgard w/ Diskord

20.06.2016 Erfurt, From Hell

DØDHEIMSGARD sind immer für Überraschungen gut. Allgemein, weil man bei den experimentellen Black Metallern nie weiß, wann sie und ob sie überhaupt wieder aktiv werden; im Speziellen, weil DØDHEIMSGARD erst wenige Tage vor ihrem geplanten Auftritt im Erfurter From Hell verkündeten, dass der Posten des Sängers ab sofort vakant ist und vorerst durch Mastermind und Gitarrist Vicotnik belegt werden wird – aber auch, dass ihre Show beim Under The Black Sun gecancelt wurde. Glück für alle angereisten Thüringer an diesem Montag, dass es dabei geblieben zu sein scheint, denn: Pünktlich öffnen sich die Tore des From Hell für einen Abend, der im Zeichen norwegischen Metals steht.   

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Mit etwa einer halben Stunde Verspätung betritt das Trio DISKORD die Bühne, vor der sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als 30 Leute tummeln. Womöglich ist diese Verspätung dem ungeduldigen Warten auf mehr Besucher geschuldet, denn die drei Herren aus Norwegen schauen mehrmals vom Backstage-Bereich in das wenig gefüllte From Hell. Wohl mit der traurigen Erkenntnis ausgestattet, dass nicht mehr Gäste ihrer als Death Metal angekündigten Musik lauschen werden, beginnen DISKORD ein knapp 40 Minuten währendes Set, an dessen Ende der Zuhörer entweder Freund oder Feind der Skandinavier ist.

Diskord band

Denn ihre Form des Death Metal ist weder straight noch leicht zugänglich, sondern lebt besonders von dem virtuosen Spiel des ambitionierten Bassisten, dessen Fingerfertigkeit an die neuen Alben von Obscura und Rivers Of Nihil erinnert. Somit ist es der Bass, der die Blicke auf sich zieht und dem eh lediglich einzigen Gitarristen die Show stiehlt; womöglich würde eine Gitarre mehr auf der Bühne eine ausgeglichenere Saitenfraktion schaffen und dem Gitarren-Spiel mehr Druck verleihen. So vermag es dem Konzertbesucher nicht recht gelingen, DISKORDs Mischung aus Death Growls, die jeder der drei abwechselnd von sich gibt, und den Technical-Death-Anleihen als ein harmonisches Stück Musik wahrzunehmen.

Dødheimsgard logo
Nach einer flinken Umbaupause betreten bereits DØDHEIMSGARD die Bühne; erstaunlich der Wandel, den der vor Konzertbeginn noch ungeschminkte, dunkle Kleidung tragende Vicotnik hinlegte, welcher sich nun mit allerlei spirituellen Accessoires begleitet und Mullbinden um den Armen gewickelt auf der Bühne tummelt. Eingeleitet mit einem langen Intro und eben jenem Frontmann, der mit geschlossenen Augen und anmutigen Gesten in die Show leitet, beginnen DØDHEIMSGARD ihr einstündiges Set. Ein Set, mit dem sie sich versöhnlich mit dem Publikum stimmen, dessen größte Sorge wohl eine Setlist nur bestehend aus neueren Liedern war, vorrangig vom aktuellen „A Umbra Omega“ (2015). Jedoch legen die Norweger ihren Fokus auf Songs vergangener Tage, wohl wissend, dass das Material vom aktuellen Output schön auf der CD anzuhören ist, live aber schwerlich ankommen könnte.

Dødheimsgard band

Besonders charmant wie sympathisch sind die Ansagen von Vicotnik bezüglich der Tracks vom 1999er Werk „666 International“, dessen Entstehung er auf „too much drugs“ sowie „too much acid“ zurückführt, oder jenen zu „Supervillain Outcast“ (2007), dessen Lieder er mit einem „from the album that everyone hates“ ankündigt. So tief scheint der Hass der Zuschauer jedoch nicht zu sitzen, denn bereits bei den ersten Tönen von „Sonar Bliss“ sowie „The Snuff Dreams Are Made Of“ herrscht eine Begeisterung, die DØDHEIMSGARD auch mit den Songs von ihren ersten beiden Alben erzielen können.

Nach knapp zwei Stunden Spielzeit endet dieser viel zu kurze Abend, an dem DISKORD neugierig auf ihre Platten machen und DØDHEIMSGARD natürlich eine gelungene Show abliefern. Auch wenn die Instrumentierung des Openers stellenweise uneinheitlich wirkt, überrascht zumindest der Bassist mit einem wunderbar zu lauschendem Spiel sowohl auf einem herkömmlichen Bass als auch auf einem elektronischen Upright Bass. Ein Gimmick, welches die Pioniere auf dem Gebiet des avantgarden Black Metal nicht benötigen, sind ihre Songs doch seit 1999 eine einzige Überraschung. Und als eben solche ist auch die Wahl ihrer Songs für den Abend zu benennen, die lediglich die Hörer enttäuscht zurücklässt, die sich mehr Material vom aktuellen Album gewünscht hätten.    

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