Konzertbericht: Gaahls Wyrd w/ Tribulation, Uada, Idle Hands

28.02.2019 München, Backstage (Halle)

Im Dezember 2017 war Ex-Gorgoroth-Sänger Gaahl erstmalig mit seiner neuen Band GAAHLS WYRD auf Europatour – noch komplett ohne neues Material, mit einem Best-Of-Programm von Gorgoroth und Trelldom. Mit TRIBULATION aus Schweden als Co-Headliner sowie den beiden US-Bands UADA und IDLE HANDS im Gepäck kehren die Norweger nun zurück. Noch nicht dabei haben sie hingegen ein Album – wenngleich mit dem 31. Mai mittlerweile immerhin ein Veröffentlichungstermin steht.

Bevor im Backstage der Black Metal regiert, stehen erst einmal IDLE HANDS auf dem Programm. Warum genau, bleibt wohl das Geheimnis des Bookers: Stilistisch haben sich die Jungs aus Portland, Oregon, nämlich einem Mix aus Post-Punk und Dark Wave verschrieben, der sie eher für einen Support-Slot von Bands wie Grave Pleasures, oder – größer gedacht – The Cure qualifizieren würde, denn für den Job als Opener in diesem Black-Metal-Billing. Verträumte Melodien, gefühlvolle Soli und wohl in Anlehnung an die genannten Bands gewollt emotionslos vorgetragener Gesang – IDLE HANDS bieten wahrlich nicht, was man hier erwartet. Dass sie damit trotzdem gut ankommen, ist vor allem der Coolnes zuzuschreiben, mit der IDLE-HANDS-Fronter Gabe Franco und seine Mitstreiter diesen Elefant im Raum einfach übergehen und so souverän wie hingebungsvoll ihr Ding durchziehen. Am Ende wäre aber vermutlich allen mehr damit gedient gewesen, hätte man sich die Band in diesem Billing gespart und ihnen dafür auf einer etwas passenderen Tour vor einem für den Stil empfänglicheren Publikum eine richtige Bühne geboten.

Krasser könnte der Kontrast jedenfalls kaum ausfallen, als wenig später UADA übernehmen. Schließlich bietet die Band, die im Fahrwasser von Mgła und Konsorten zu ihrem Hype fand, Black Metal in seiner geradlinigsten Form. Mit tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen, in Nebel und steriles Weißlicht getaucht, setzen UADA ganz auf die hypnotische Wirkung zelebrierter Monotonie: Mit fast beeindruckender Stoik wiederholen sie ihre Riffs immer und immer wieder, wobei lediglich das Schlagzeug gelegentlich zwischen aggressiv schwarzmetallen und treibend punkig variiert. Zumindest für detailverliebte Songstrukturanalytiker bieten UADA damit wenig Reize – doch auch im direkten Vergleich zu ihren polnischen Vorbildern können UADA nur bedingt bestehen: Zwar machen die Amerikaner ihre Sache durchaus ordentlich und können auch angemessenen Applaus ernten – gegen Ende der rund 35 minütigen Show hat man hier aber defintiv alles gehört.

Dass gegen Ende der Umbaupause Édith Piaf aus den Boxen klingt, lässt bereits erahnen, dass erneut ein Stilwechsel bevorsteht. Und in der Tat: Zwar sind TRIBULATION im weiteren Sinne noch als Black Metal zu klassifizieren: Allein die Show der Schweden hat mit dem üblichen martialischen, testosterongeschwängerten Gehabe, das die Szene prägt, wenig zu tun. Vor allem Gitarrist und Bandleader Jonathan Hultén zieht die Blicke auf sich: Mit seiner Kostümierung als schwarze Witwe, vor allem aber seinen eleganten Tanzschritten erinnert seine Darbietung bisweilen fast an Ballett. Darüber hinaus läuft heute leider nicht alles ideal: Während die 70-minütige Show generell etwas darunter leidet, dass die verspielten Melodielinien der Songs oft im nicht optimal gemischten Sound untergehen, verspielen TRIBULATION mit unnötig langen, nur in der Theorie „atmosphärischen“ Pausen zwischen ihren Stücken die Sympathien des Publikums. Dass Hultén zwischendurch fast noch seinen Schleier an den Räucherstäbchen am Bühnenrand in Flammen setzt und später auch noch fast einen ganzen Song lang wegen einer gerissenen Saite ausfällt, passt gut ins Bild der Show, bei der einfach nichts so recht klappen will: Das hat man von TRIBULATION leider (zum Glück?) schon besser gesehen.

  1. Lady Death
  2. Melancholia
  3. The Lament
  4. The Motherhood Of God
  5. Suspiria De Profundis
  6. Cries From The Underworld
  7. The World
  8. Ultra Silvam
  9. Nightbound
  10. Strange Gateways Beckon
  11. Lacrimosa

Was man, so viel ist schnell klar, von GAAHLS WYRD so nicht behaupten kann: Schon als die Norweger ansatzlos mit „Sign Of An Open Eye“ vom letzten Gorgoroth-Album in der Besetzung Gaahl-King-Infernus in ihr Set starten, haben Gaahl und Konsorten das Publikum in der Hand: Während Gaahl mit gewohnt eisiger Miene Zuschauer fixiert, wie in Zeitlupe die Devilhorns erhebt oder regungslos in die Ferne blickt, macht die Saitenfraktion – bestehend aus Lust Kilman (God Seed), Ole Hartvigsen (Kampfar) und Bassist Eld (u.a. Taake) mächtig Wirbel, lässt die Haare fliegen und schwingt in bester Poser-Manier die Instrumente. Das Konzept geht voll auf – gewinnen doch beide Fraktionen durch den Kontrast an Wirkung.

Auch musikalisch lässt die Darbietung kaum Raum für Kritik: Wahrlich mächtig, und doch differenziert schallt der erbarmungslose Black Metal von GAAHLS WYRD aus den Boxen. Einziger Wermutstropfen: Mit dem bereits vorab veröffentlichten „Ghosts Invited“ haben Gaahl und seine Mitstreiter zwar ein neues Stück als Vorgeschmack auf „GastiR – Ghosts Invited“ dabei – ein weiterer, bislang komplett ungehörter Song wäre aber fraglos die Krönung des Sets gewesen. So müssen sich die Fans auch diesmal mit dem Material von Gaahls ehemaligen Bands zufriedengeben. Bei Hits wie „Carving A Giant“ (Gorgoroth), „Alt Liv“ (God Seed) oder „Til Et Annet“ (Trelldom) fällt das aber auch nicht schwer.

  1. Sign Of An Open Eye (Gorgoroth-Cover)
  2. Carving A Giant (Gorgoroth-Cover)
  3. From The Running Of Blood (God-Seed-Cover)
  4. Aldrande Tre (God-Seed-Cover)
  5. Fra Mitt Gamle … (Trelldom-Cover)
  6. Til Et Annet (Trelldom-Cover)
  7. Ghosts Invited
  8. Høyt Opp I Dypet (Trelldom-Cover)
  9. Wound Upon Wound (Gorgoroth-Cover)
  10. Sannhet, Smerte Og Død (Trelldom-Cover)
  11. Incipit Satan (Gorgoroth-Cover)
  12. Exit – Through Carved Stones (Gorgoroth-Cover)
  13. Alt Liv (God-Seed-Cover)
  14. Prosperity And Beauty (Gorgoroth-Cover)

Dass Gaahl seine gewohnt rar gesähten Ansagen diesmal sogar auf Deutsch macht und – nach 70 Minuten Show – direkt im Anschluss an das finale „Prosperity And Beauty“ (Gorgoroth) bereitwillig Hände schüttelt und Autogramme gibt, rundet das Bild vom abgeklärten Fronter, der er seit seiner Rückkehr in die Szene mit GAAHLS WYRD zu sein scheint, ab: Hier ist ein Mann mit sich im Reinen – nicht zu übertreffendes Charisma und eine entsprechend mächtige Darbietung seiner GAAHLS WYRD ist die direkte Konsequenz. Wenngleich TRIBULATION heute leider nicht in gewohnter Manier überzeugen konnten und sich an UADA wiewohl IDLE HANDS die Geister scheiden, ein Konzertabend, den man nicht verpasst haben möchte.

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