Konzertbericht: Gorgoroth w/ Melechesh, Incite, Earth Rot

16.03.2017 München, Backstage (Halle)

Für die einen waren GORGOROTH seit dem Einstieg von Fronter Gaahl und Alben wie „Destroyer“ oder „Incipit Satan“ nicht mehr die alten, für die anderen nach dem Ausstieg des Fronters und seines Kollegen King Ov Hell nach dem großen Namensrechtsstreit mit Bandgründer Infernus todgeweiht. Am Ende erweist sich beides als falsch: Auch 2017, 25 Jahre nach Gründung der Band, gehören GORGOROTH weiterhin zur Speerspitze des truen Black Metals. Zur Feier des Jubiläums gehen die Norweger auf die „Blood Stains Europe 25th Anniversary Tour“ und beehren gemeinsam mit MELECHESH, INCITE und EARTH ROT auch die bayerische Landeshauptstadt, München.

Mit der Tatsache, dass die beiden Vorbands einem anderen Genre zuzuordnen sind als die beiden Hauptbands, spielen die Veranstalter etwas auf Risiko – gilt der gemeine Black Metaller doch im Allgemeinen nicht eben als der aufgeschlossenste Musikhörer. Dennoch ist die Backstage Halle bereits ansehnlich gefüllt, als EARTH ROT um 19:00 den Abend eröffnen. Die Black-Deather aus dem australischen Perth danken es dem Publikum mit engagiertem Auftreten: Den Ausfall einer der beiden Gitarren gegen Ende der Show wissen die verbliebenen drei Musiker gekonnt zu kompensieren – die Sympathien des Publikums sind ihnen damit sicher.

Eben darauf können sich die US-Metaller INCITE nicht verlassen: Stilistisch ist die Band um Richie Cavalera, Stiefsohn des Sepultura- und Soulfly-Gründers Max Cavalera, der absolute Außenseiter im Billing. INCITE bleibt deswegen nur die Flucht nach vorne: Früh spielt Richie die „Metal-Brothers“-Karte und sticht damit alle Black-Metal-Puristen aus: INCITE finden mit ihrem Groove Metal überraschend viel Anklang beim Publikum. Erst, als gegen Ende des Sets tatsächlich ein Moshpit entsteht, wird es dem einen oder anderen Black Metaller doch zu bunt. Musikalisch sind INCITE keine Offenbarung – nach der Hälfte des halbstündigen Sets ist eigentlich alles gesagt. Dass sie dank ihres engagierten Auftretens vor dem Gorgoroth-Publikum bestehen können, muss man den Jungs aus Phoenix, Arizona allerdings hoch anrechnen.

Stilistisch sehr eigen, jedoch zumindest aus der gleichen Sub-Szene wie der Headliner, sind MELECHESH: Die Black Metaller mit den orientalischen Einflüssen wissen live seit jeher zu überzeugen – daran ändern auch die häufigen Besetzungswechsel nichts, mit denen sich Bandkopf Ashmedi herumzuschlagen hat. Auch heute kommen MELECHESH verglichen mit der letzten Show wieder mit neuem Personal – der rundum perfekten Darbietung der Band ist das jedoch nicht anzumerken: Souverän wie eh und je spielen sich MELECHESH quer durch ihre Diskographie und sparen dabei natürlich nicht an Hits: „Ladders To Sumeria“, „Grand Gathas Of Baal Sin“ oder „Rebirth Of The Nemesis“ sind dabei nur drei der insgesamt neun Songs, die MELECHESH in einer Dreiviertelstunde darbieten. Persönlich sympathisch, musikalisch unverwechselbar und technisch über jeden Zweifel erhaben, avancieren MELECHESH schnell zum heimlichen Headliner des Abends.

  1. The Pendulum Speaks
  2. Tempest Temper Enlil Enraged
  3. Ladders To Sumeria
  4. Grand Gathas Of Baal Sin
  5. Deluge Of Delusional Dreams
  6. Multiple Truths
  7. Defeating The Giants
  8. Triangular Tattvic Fire
  9. Rebirth Of The Nemesis

Um kurz nach 22:00 Uhr ist es schließlich Zeit für den Jubilar. Der Einladung zum gemeinsamen Geburtstagsritual sind unterdessen zahlreiche Jünger gefolgt, die Halle ist mittlerweile mehr als gut gefüllt. Und wenn die große Geburtstagsüberraschung auch ausbleibt, so bekommen die Fans doch zumindest exakt das, was sie erwarten durften: In der Live-Besetzung weiterhin angeführt von Taake-Fronter Hoest bieten GORGOROTH ihren Fans eine astreine Black-Metal-Show. Während der mittlerweile wohlbeleibte Bandleader Infernus seine Riffs souverän herunterspielt, erweist Hoest sich einmal mehr als absoluter Glücksgriff: Während er den Songs mit seiner hasserfüllten Stimme wie immer genau den richtigen Charakter verleiht, sorgt er mit seiner Ausdrucksstärke, Gestik und Mimik quasi im Alleingang für die für einen gelungenen Auftritt nötige Bühnenpräsenz der Band. Dass die übertriebenen Nieten-Stulpen schon 2003 bei Dimmu Borgir lächerlich aussahen? Geschenkt. Dass sich während der Show keiner der Saiteninstrumentalisten bemerkenswert von der Stelle rührt? Egal. Dass die Norweger mit „Kala Brahman“ nur einen einzigen Song von ihrem aktuellen Album „Instinktus Bestialis“ zum Besten geben? Zugegebenermaßen überraschend, aber auch nicht weiter dramatisch. Und selbst die Tatsache, dass GORGOROTH schlussendlich keine volle Stunde auf der Bühne stehen und (natürlich) trotz Zugaberufen nach „Unchain My Heart!!!“ nicht nochmal zurückkehren, dürfte keinen Fan negativ überraschen.

  1. Bergtrollets Hevn
  2. Aneuthanasia
  3. Prayer
  4. Katharinas Bortgang
  5. Revelation Of Doom
  6. Forces Of Satan Storms
  7. Ødeleggelse Og Undergang / Blood Stains The Circle
  8. Cleansing Fire
  9. Destroyer / Incipit Satan
  10. Krig
  11. Kala Brahman
  12. Unchain My Heart!!!

Ob GORGOROTH oder MELECHESH schlussendlich die Gewinner des Abends sind, lässt sich nur anhand des persönlichen Musikgeschmacks beurteilen. Hinsichtlich ihrer durchweg starken Shows geben sich die beiden Formationen heute nichts. Durch die beiden genrefremden Vorbands EARTH ROT und INCITE überraschend kurzweilig ergänzt, bietet die „Blood Stained Europe“-Tour ein rundum gelungenes Setting, um den Geburtstag der norwegischen Black-Metal-Legende zu feiern.

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