Konzertbericht: Gwar w/ Betzefer

2011-06-23 München

Die Warnungen vor Konzerten der Trash-Metal-Gruppe GWAR sind in Szenekreisen bekannt: Sie reichen von „Zieh bloß alte Klamotten an, die schmutzig werden können“ bis „Das ist mit Worten nicht zu beschreiben“. All diesen zweifelhaften Ankündigungen zum Trotz stolzierten ca. 500 meist in Weiß gekleidete Konzertbesucher am 23. Juni in das Münchner Backstage. Für sie alle gab es ein ganz persönliches Souvenir: ein von GWAR gebatiktes Oberteil. Sonst gaben sich die Monster vergleichsweise handzahm.

Die Technik war im Gegensatz zum Hallenboden mit Plastikfolie abgeklebt für sämtliche Sauereien, die da kommen mögen. Doch nur sehr mühsam füllte sich die Halle. Es wirkte beinahe so, als hätten die Gäste noch großen Respekt davor in die Nähe der Bühne zu gehen. Als pünktlich um 20.15 Uhr der israelische Support Act Betzefer startete, begannen wenige verhalten mitzurocken. Nur ein kleiner Trupp direkt am Absperrgitter unterstützte die Band tatkräftig mit Anfeuerung und Headbanging. Frontmann Avital Tamir nahm dies wohlwollend zur Kenntnis, da seine eigene Haarpracht dafür denkbar ungeeignet ist. Betzefer ließen sich durch die mager besuchte Location nicht irritieren und verbreiteten ihren soliden Mix aus Trash Metal und Hardcore über gut 45 Minuten. Zum Ende hatten sich die Israelis ausreichend Gehör verschafft, um fernab von Höflichkeitsapplaus nach lauten Zugabe-Rufen noch eine letzte Nummer folgen zu lassen.

Weitere Stücke waren aus Zeitgründen nicht möglich, denn schon wurde ein riesiges Schlagzeug mit monströsem Schiffsteuerrad an der Vorderseite aufgebaut. Die Monstermusiker von GWAR ließen nicht lange auf sich warten. Mit dem Erlöschen des Lichtes und dem ersten Ton gab es kein Erbarmen mehr. Zwar verschossen die Trash Musiker an diesem Abend nur rotes Kunstblut, doch auf der Bühne rollten Köpfe und andere Körperteile en masse. Dies hielt die Geköpften und Verkrüppelten jedoch nicht davon ab, noch ordentlich Headbanging zu betreiben und die Fans in den ersten Reihen völlig in roter Farbe einzunässen. Die Anhänger hatten dabei den größten Spaß und beinahe fühlte man sich in den Film „Blade“ versetzt, als bei einer der ersten Szenen die Sprinkleranlage in der Vampirdisco Blut statt Wasser versprüht.

Im Vergleich zum Vorjahr verlief die Show abseits des Farbenspiels beinahe ruhig: Von der Eröffnungsnummer mit Queen Mum, der die Brüste abgeschnitten wurden, mal abgesehen, gab es mit Osama Bin Laden nur noch ein weiteres Opfer, welches von Frontmann Oderus Urungus mit seinem riesigen Gemächt oral penetriert wurde. Das übrige gegenseitige Monster-Abgehacke verlor nach den ersten zwei bis drei Mal seinen Reiz.
2010 hatten Gwar u.a. noch den Papst (in hakenkreuzbespickter Robe), Prinz Charles und ein überdimensionales Rattenmonster im Gepäck, dem der Kopf abgetrennt wurde und dessen offene Halsröhre von Oderus ebenso bedacht wurde wie 2011 der Mund von Osama. Ob diese Elemente wirklich gefehlt haben, sei dahingestellt. Allerdings haben GWAR showtechnisch eindeutig Abstriche gemacht. Siehe auch die Verwendung von lediglich einer einzigen Farbe über den gesamten Abend hinweg.

Unterhaltsam blieb es dennoch, vor allem für Neulinge, wobei der musikalische Aspekt des Auftritts mehr zu einer Randnotiz verkam. Manche Ansagen von Oderus klangen so, als ob sie direkt vom Band kamen und sein durch die Maske genuschelter „Gesang“ spottet prinzipiell jeder Beschreibung. Nur gegen Ende hin gab es kleine Steigerung, bevor die Trash Metaler das finale Kapitel eröffneten: Im Zugabenteil schwang der Sänger sein überdimensioniertes Geschlechtsteil direkt vor den Gesichtern am Bühnenrand und ejakulierte minutenlang in hohem Bogen über die gesamte Menge hinweg. Pregnant by GWAR!

Es ist schwer in Worte zu fassen, was GWAR abliefern. Schlachtfeld, Gemetzel, blutüberströmte Monster on stage und besudelte Menschen im Publikum, die alles feiern bis zum Abwinken. Für Außenstehende muss sich das alles sehr absurd und jenseits des guten Geschmacks anhören. Aber es ist schon ein Erlebnis wert und macht sogar teilweise Spaß, solange sich die Inhalte nicht mehrfach wiederholen. GWAR würden Loridi jedenfalls zum Frühstück verspeisen. Und wer mit tiefschwarzem bis makabrem Humor gesegnet ist, wird hier seine Freude haben. Auf Wunsch mit neuem T-Shirt-Design inklusive.

Publiziert am von und Uschi Joas

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