Konzertbericht: Harakiri For The Sky w/ Vinsta

04.09.2021 Wien, WUK

Dass die Planung von Konzerten während einer Pandemie ein organisatorischer Albtraum ist, haben HARAKIRI FOR THE SKY auf die harte Tour gelernt. Zweimal musste die ursprünglich für den 23. Januar 2021 angesetzte Release-Show zu ihrem hervorragenden vierten Album „Mære“ verschoben werden, um ein knappes Dreivierteljahr später endlich doch noch stattfinden zu können. Die Location – das WUK nahe der Wiener Volksoper – blieb zwar dieselbe, den Support-Slot füllen beim als „The 3rd Attempt“ beworbenen Event anstelle von Empyrium und Karg jedoch VINSTA aus. Was für manche enttäuschend sein mag, kann man jedoch durchaus schicksalhaft nennen, holt die ebenfalls österreichische Prog-Death-Metal-Band damit doch ihr gleichwohl COVID-19-bedingt ausgefallenes Live-Debüt nach.

Unter den Umständen der immer noch nicht überstandenen Pandemie erweist sich das WUK schon beim Betreten als Glücksgriff: Nicht nur werden 3-G-Nachweis und Contact-Tracing-Registrierung am Eingang vom Personal konsequent und ohne allzu lange Wartezeiten geprüft. Der mit seinen Backsteinfassaden an eine weniger heruntergekommene Version der Arena Wien erinnernde Innenhof bietet sich auch dafür an, die im Konzertsaal obligatorischen Masken abzunehmen, frische Luft zu schnappen und sich mit einem Getränk vom Imbissstand endlich wieder mit anderen Metalheads auszutauschen.

Vinsta KonzertfotoDiese erscheinen schon zu Beginn des Auftritts von VINSTA um 20:15 Uhr in beachtlicher Zahl vor der Bühne. Dass es sich um das allererste Konzert der Salzburger Antwort auf Opeth handelt, merkt man der Band nicht bloß aufgrund des ungewöhnlich großen Publikums wenig bis gar nicht an. Das Quintett spielt sein hauptsächlich aus Songs von „Drei Deita“ (2019) zusammengesetztes Set ohne viel Gerede und lässt sich dabei keinerlei Anfängerfehler zu Schulden kommen. Dank des wunderbar klar definierten Sounds und der soliden Performance der Newcomer kommt die Stärke ihres Materials im Zuge des Konzerts voll und ganz zur Geltung.

Vinsta KonzertfotoSowohl in den mächtigen Prog-Death-Tracks wie „Raunocht“ als auch in den besinnlichen, wundersamen Passagen wie den im Original auf dem Hackbrett gespielten, hier nun auf die Clean-Gitarre umgemünzten Arrangements von „Oafocha Loda“ kommt jedes Bandmitglied zum Zug. Insbesondere mit den verspielten Basslines und Leadgitarren sowie der urig klingenden E-Geige sorgen VINSTA im Zuge der Show immer wieder für eindrucksvolle Highlights. Einzig der kleinlaute Gesangspart im abschließenden „Tiafn“ lässt zwar keine Unsicherheit, aber wohl eine gewisse Vorsicht durchscheinen. Diese ist vielleicht auch der Grund dafür, dass die Band einen leicht steifen Eindruck macht – ein angesichts der musikalisch und soundtechnisch raffinierten Darbietung leicht zu schluckender Wermutstropfen. Was VINSTA im Scheinwerferlicht an Feuer vermissen lassen, macht das Publikum am Ende indes mit lautstarkem Applaus wett.

  1. Intro
  2. Schwoaze Låckn
  3. Oafocha Loda
  4. Raunocht
  5. Fiachtn
  6. Tiafn

Harakiri For The Sky KonzertfotoAn Intensität mangelt es dem Auftreten der um 21:30 Uhr aufspielenden HARAKIRI FOR THE SKY definitiv nicht. Die Dringlichkeit, die ihrem schwermütigen Post-Black-Metal seit jeher und somit auch dem diesen Abend prägenden „Mære“ innewohnt, merkt man insbesondere dem Sänger J.J. deutlich an. Rast- und ziellos schwankt der Frontmann über die Bühne, legt sich das Mikro samt Kabel wie einen Strick um den Nacken und gestikuliert aufgebracht, während die Instrumentalisten den Raum mit mächtigen Riffs und Blast-Beats zum Beben bringen. Dass HARAKIRI FOR THE SKY sich zwischen den Songs noch wortkarger als ihre Vorband geben, stört bei so viel unbändiger Energie ebenso wenig wie J.J.s gewöhnungsbedürftiger, weil sehr heiserer Schreigesang.

Harakiri For The Sky KonzertfotoEin nicht unwesentlicher Schwachpunkt der Headliner-Show ist allerdings die Tonqualität. Wüsste man nicht, dass Gitarrist M.S. die ungestümen Songs auch nach dem luftigen Intro von „Sing For The Damage We’ve Done“ immer wieder mit gefühlvollen, filigranen Melodien auflockert, könnte man sie inmitten der grob dröhnenden Klangkulisse glatt überhören. Ohne dämpfenden Gehörschutz tut man sich heute schwer damit, die Songs der Österreicher gebührend zu bewundern. Mit ihren besonders eingängigen Hits wie „You Are The Scars“ oder dem Placebo-Cover „Song To Say Goodbye“, das passenderweise am Ende der Setlist steht, gelingt es HARAKIRI FOR THE SKY dennoch, die Zuschauer*innen abzuholen und zum enthusiastischen Mitfiebern zu bewegen. Die (leider unbeantwortet bleibenden) Rufe nach einer Zugabe sprechen für sich: HARAKIRI FOR THE SKY ist ihre lang ersehnte Rückkehr auf die Bühne geglückt.

Harakiri For The Sky Konzertfoto

Wer sich nach Monaten der unpersönlichen Streaming- und Abstandskonzerte nach einer „richtigen“ Live-Show gesehnt hat, kam im WUK nun endlich einmal wieder auf seine Kosten. Mochten VINSTA in puncto Bühnenpräsenz und HARAKIRI FOR THE SKY bezüglich des Sounds Luft nach oben gehabt haben und einige Sicherheitsmaßnahmen nach wie vor nötig gewesen sein, so hat sich das Warten auf die stilistisch vielseitige „Mære“-Release-Show am Ende doch gelohnt. Während VINSTA sich mit ihrem Einstand als fähige Live-Musikgruppe erwiesen, zeigten HARAKIRI FOR THE SKY mit ihrer inbrünstigen Performance, warum gerade Metal unbedingt live gehört und gespürt werden möchte.

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Fotos von: Stephan Rajchl

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