Konzertbericht: Hatebreed w/ Carcass, Skeletal Remains, Waves Like Walls

10.06.2025 München, Backstage (Werk)

Der Sommer ist da und mit ihm die Festivals, aber auch die schweißtreibenden Clubshows von Genregrößen wie HATEBREED, die zwischen ihren Open-Air-Auftritten einige Headliner-Shows gebucht haben. Was das Billing anbelangt, bekommen Fans sogar mehr für ihr Geld als eigentlich angekündigt: Nachdem CATTLE DECAPITATION ihre eigene Tour spontan absagen mussten, konnten SKELETAL REMAINS in diesem Tour-Tross unter schlüpfen.

Suboptimal ist das allerdings für WAVES LIKE WALLS, die statt um 19:00 Uhr bereits um 18:45 Uhr auf die Bühne geschickt werden: Im Werk stehen zu diesem Zeitpunkt vielleicht 200 Fans. Genug Platz zum Moshen wäre also, und der fette Breakdown-HC der Ingolstädter hat (auch ohne Bassist) ordentlich Wumms. Dennoch bleibt es bei zaghaften Mosh-Pit-Ansätzen, bis sich Fronter Michael Marketsmüller kurzerhand selbst in die Crowd mischt und einen Moshpit startet. Diese ist zwar mittlerweile erfreulich stark angewachsen – wirklich dicht drängen sich die Leute aber erst für das Abschlussfoto vor die Bühne. Irgendwie nett, aber auch irgendwie schade.

Mehr Andrang herrscht da bei der Bonus-Band SKELETAL REMAINS. Zumindest den krachenden Death-Thrash-Riffs nach zu urteilen sind die Amerikaner aus Kalifornien auch wirklich da. Verlässlich bestätigen lässt sich das erst, als sich die Nebelschwaden nach einigen Songs etwas (!) lichten. Vielleicht ist die schlechte Sicht aber auch in umgekehrter Richtung sinnvoll: So dürfen SKELETAL REMAINS nicht direkt merken, dass das Publikum ob der groben Metal-Walze etwas ratlos dreinblickt. Geschüttelte Haare und gereckte Fäuste lassen sich aber auch von der Seite betrachtet nur in den ersten zwei Reihen beobachten und auch der Applaus ebbt stets schnell ab. Zum finalen Track reichte es immerhin zu einem kleinen Circle-Pit – ansonsten ist die 35-Minuten-Show in diesem Tour-Package für SKELETAL REMAINS wohl oder übel, was sie eben ist: eine Notlösung.

Obschon CARCASS mit ihrem Death-Rock musikalisch auch nicht besser zum Headliner passen, herrscht hier direkt eine ganz andere Stimmung. Kein Wunder: Man muss kein Fan der Engländer sein, um sich von deren Coolness und Groove mitreißen zu lassen. Ob nun Jeff Walker, der vom Outfit her auch Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens sein könnte, dabei aber mehr Rock-Attitüde hat als so mancher Insignien-behängte Poser, oder Bill Steer, der in seinen Schlaghosen massig 70’s-Rock-Vibe versprüht, während er betont lässig den Death ’n‘ Roll von CARCASS runterzockt – die Herren haben Stil. Vor allem aber liefert die Truppe bei perfekt ausbalanciertem Sound eine beeindruckend tighte Performance ab. Dass Walker nebenher Plektren wie Kamelle ins Publikum feuert, freut die Fans in den ersten Reihen. Dass er zwischendurch allerdings – mitunter ohne Vorwarnung und im Dunklen – Wasserflaschen hinterher schmeißt, ist im wahrsten Sinne des Wortes überflüssig. Zumindest aber ist ihm so die ungeteilte Aufmerksamkeit der Fans gewiss, obwohl sich die Show gegen Ende doch etwas zieht.

  1. Unfit For Human Consumption
  2. Buried Dreams
  3. Incarnated Solvent Abuse
  4. No Love Lost
  5. Death Certificate
  6. Dance Of Ixtab (Psychopomp & Circumstance March No. 1 In B)
  7. Genital Grinder
  8. Pyosisified (Still Rotten To The Gore)
  9. 316L Grade Surgical Steel
  10. This Mortal Coil
  11. Corporal Jigsore Quandary
  12. Heartwork

Eine gänzlich andere Stimmung herrscht da von der ersten Minute beziehungsweise dem ersten Takt des Openers „I Will Be Heard“ an bei HATEBREED. Groove gibt es auch hier reichlich, allerdings nicht durch rockiges, sondern im besten Sinne „stumpfes“ Hardcore-Riffing. Und davon gibt es in der folgenden Stunde massig: 19 Songs haben die Herren um Jamey Jasta mitgebracht – darunter natürlich die Klassiker wie „This Is Now“, „Perseverance“, „Live For This“ und als krachenden Abschluss „Destroy Everything“. Mit „Honor Never Dies“ hat sich sogar ein etwas seltener gespielter Song ins Set gemogelt, ansonsten gibt es ausschließlich „No-Brainer“, in jeder Hinsicht. Und das ist auch gut so – denn nichts anderes als Kopf abschalten und losmoshen will man schließlich auf einem HATEBREED-Konzert.

Mit ihrer Vollgas-Performance bieten HATEBREED dazu auch wirklich die perfekte Basis – wennschon der Sound leider nicht mehr so glasklar ist wie noch bei CARCASS. Nur der von SHADOWS FALL als Bassist ausgeliehene Matt Bachand will da nicht so recht ins Bild der energetischen Hardcore-Band passen – vom Look und Stage-Acting her wäre der Mann mit dem grimmigen Blick und seinem BELPHEGOR-Shirt bei einer truen Black-Metal-Band besser aufgehoben. Spielerisch steht der gelernte Gitarrist dem geschassten Langzeit-Bassisten Chris Beattie aber in nichts nach, sodass die Songs auch „untenrum“ kräftig aus den Boxen drücken. Mit dem in seiner Wucht von HATEBREED bis heute unübertroffenen „Destroy Everything“ endet die Show nach 60 Minuten – viel ist das zwar nicht, bei drei Vorbands und den schweißtreibenden Temperaturen im Backstage Werk aber dennoch hinreichend.

  1. I Will Be Heard
  2. Empty Promises
  3. This Is Now
  4. Proven
  5. A Stroke Of Red
  6. Everyone Bleeds Now
  7. As Diehard As They Come
  8. Perseverance
  9. Smash Your Enemies
  10. Looking Down The Barrel Of Today
  11. Tear It Down
  12. Before Dishonor
  13. Live For This
  14. To The Threshold
  15. Honor Never Dies
  16. Driven By Suffering
  17. Last Breath
  18. Seven Enemies
  19. Destroy Everything
Wenn man ganz ehrlich ist, wäre dieser Abend ohne SKELETAL REMAINS wohl entspannter gewesen – doch Metal heißt auch Solidarität, und man kann sich ja in etwa vorstellen, wie viel Geld die Band durch eine spontan ausgefallene Tour verloren hätten. Insofern ist es eine mehr als faire Geste von HATEBREED (oder dementsprechend verantwortlichen Booker), die Truppe an Bord genommen zu haben. Ansonsten bekommt man hier und heute genau das, was man sich von einem Abend mit CARCASS und HATEBREED erwartet. Mehr muss es ja auch gar nicht immer sein.

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