Festivalbericht: Hörnerfest 2007

22.06.2007 Brande-Hörnerkirchen

Im Grunde stand das Hörnerfest 2007 für mich unter keinem guten Stern. Zum einen musste ich meine Fotografin (in Fachkreisen auch Freundin genannt) verspätet aus Rom einfliegen lassen, wo sie zuvor auf Kursfahrt verweilte. Außerdem versprach Wettergott Thor am Freitag Übles, denn auf der A23 Richtung Elmshorn schüttete es wie aus Eimern. Noch hinzu kam, dass wir beim ersten Versuch die Einfahrt zum „Festivalgelände“ kräftig verpassten, da die Annahme „Brande-Hörnerkirchen – kleiner Ort, da findet man das bestimmt sofort“ völlig daneben lag. Bereits vor der Ortseinfahrt wiesen ziemlich kleine Schilder den Weg Richtung Hörnerfest, so dass wir leider erst eine Stunde nach Anfang ankamen.
Sobald die Zelte aufgeschlagen bzw. der VW T3 abgestellt war – nebenbei konnte man noch die letzten Klänge von ORCSHOP vernehmen, die Iron Maiden’s „Fear Of The Dark“ mittelalterisierten – ging’s los zu einer ersten Inspizierung des Geländes. Das am selben Orte und stattfindende Headbanger’s Open Air wird nicht umsonst als „Größte Gartenparty der Welt“ bezeichnet, und so konnte auch das Hörnerfest gleich mit heimeliger Gemütlichkeit punkten. Absolut super war die Bühne, die nicht nur klasse gezimmert aussah, sondern auch geschickt plaziert war. Direkt vor den Brettern war eine freie Fläche, die zum ausgiebigen Mosh und Tanz einlud, weiter dahinter ein großes Partyzelt mit Bänken, von wo aus man die Bands in Ruhe anschauen konnte, ohne auf Tuchfühlung zu verzichten.
Mit VOGELFREY konnten wir dann die erste Band unter die Lupe nehmen. Der grundsolide Mittelalterrock konnte schon eine beachtliche Menge vor der Bühne versammeln, ohne dass man von Überfüllung sprechen konnte. Ähnlich sah’s bei RAGNARÖEK aus, die dazu auch mit Schmiedehammer-Takt und Pyro-Einsätzen aufwarten konnten, insgesamt ging man auch etwas härter mit den Instrumenten um.
Nach dem obligatorischen Festival-Bekannte-Abklappern wurde das Wetter nun doch gelegentlich unangenehm und wir verzogen uns erst einmal auf das ein oder andere Trankopfer in den Bus. Gegen Mitternacht wurde es dann wieder ernst, NASTRANDIR lockte. Durch eine leichte Running Order-Verschiebung kamen wir dann noch in den Genuss den Rest der Feuershow von MANNSTOLL zu bewundern. Die Mädels waren mir mit ihrem Orientalischen Tanz-Programm schon einmal auf einer Bühne begegnet, und auch die Feuershow, die leider etwas verdeckt vor der Bühne stattfand, wusste zu gefallen. Nun aber zu Nastrandir: Die mittlerweile sieben Jungs, die bereits einen Vertrag mit Twilight auf der Haben-Seite haben, waren die härteste Band des Festivals, hatten aber mit dem schlechtesten Sound zu kämpfen. Der frische und energische Viking Metal der Lübecker konnte ansonsten aber nicht nur mich, sondern eine ganz schön große Horde Rübeschüttler überzeugen. Neben dem eigenen Material von der im September erscheinenden Debütalbum „Zwischen Horizonten“ pfefferten Nastrandir auch zwei Coversongs in die Meute: Für „Gods Of Thunder Of Wind And Of Rain“ holte man Bathory aus dem Grabe, und wie mir Drummer Ragnar im Vorfelde angekündigt hatte, gab man auch einen Song „der ältesten Viking Band“ Torfrock zum Besten: „Rollo der Wikinger“. Leider litt in dieser Version aufgrund ihres stark angezogenen Tempos und des erwähnten Breiklanges der Wiedererkennungswert. Nichtsdestotrotz ein gelungener Auftritt, der mächtig Lust auf das Album macht. Ärgerlich nur, dass es mir am Folgetag aufgrund des reichlich ins Publikum geschenkten Mets gar nicht gut ging.
Nach auskuriertem Kater ging es dann am Samstag weiter, Punkt 15 Uhr standen wir bei THE PINTS vor der Bühne. Unsere Erwartungen, fetzigen Irish Folk Rock dargeboten zu bekommen, wurden keineswegs enttäuscht, und trotz der „frühen“ Uhrzeit konnten die Frankfurter auch einige Andere mitreißen. Zu Klassikern wie „Whiskey In The Jar“, „Star Of The County Down“, „Ride On“ oder „Dirty Old Town“ tanzte, schunkelte oder schmuste eine begeisterte Masse, so dass Sänger Holger sich mehrfach dazu hinreißen ließ, uns als das beste Publikum, was sie je hatten, zu preisen. Natürlich verwies man auch noch auf ihre Hauptband Nachtgeschrei, die zu späterer Stunde ebenfalls noch auftreten sollte. In Zeiten von Flogging Molly, Dropkick Murphy’s oder Fiddler’s Green ist eine Band wie The Pints natürlich keine Besonderheit mehr, aber gute Laune verbreiten können sie dennoch bestens!

Als nächstes Pflichtprogramm standen am Spätnachmittag ODROERIR auf der Bühne. Leider verspäteten sich die Thüringer Heiden ziemlich, so dass die ohnehin schon wieder angeschlagene Running Order weiter zu leiden drohte. Deswegen kam man leider nicht mehr in den Genuss des im Soundcheck noch angestimmten Krachers „Iring“. Offensichtlich wusste die Band bereits, dass ihre Spielzeit gekürzt würde, weswegen Stickel, Fix und Co etwas gestresst und missmutig wirkten. Ein toller Auftritt wurde es dennoch: Stilecht in den Trachten ihrer Ahnen gekleidet, mit Rundschilden auf der Bühne, im Gepäck auch einen neuen Song von der folgenden Scheibe „Götterlieder II“ – im Grunde gab’s nichts zu meckern. Sängerin Natalie machte eine gute Figur und den Pflichtsong „Zur Taverne“ gab’s auch. Nur zu kurz war es! Zahlreiche Zugaberufe konnten auch nicht verhindern, was Stickel aussprach: „Wir dürfen leider nicht mehr.“ Ob es nun an der Band oder am Veranstalter gelegen hat, enzieht sich meiner Kenntnis, jedenfalls bleibt der Trost, dass man auf der herbstlichen VIKING WARRIOR RAID TOUR 2007 auch in Hamburg beehrt werden wird. Sicherlich wird auch der ein oder andere Hörnerfest-Besucher dort anzutreffen sein, gefühlte 7 Millionen fliegende Haare sprechen eine eindeutige Sprache.
Nun gönnten wir uns abermals eine letzte Auszeit, um über den netten kleinen Mittelaltermarkt zu tingeln. Was da war, war zwar wirklich schön und auch die Preise für Speis und Trank waren fair, allerdings könnte man nächstes Jahr quantitativ das Lager noch vergrößern, was sicherlich der Atmosphäre zuträglich wäre.
Nach ausgiebigem Gepose auf der nächsten Wiese und einer letzten Stärkung war POTENTIA ANIMI an der Reihe. Dass hierbei derartige Profis am Werke sind, war mir vorher nicht bewusst. Die unheilige Bruderschaft stand zunächst mit ihren Mönchsmasken still da und rührte sich erst nach einigen Minuten gekonnten Abwartens. Dann ging es aber feurig-frivol los: Etwa eineinhalb Stunden nutzten die Berliner um den Holsteinern den Satan aus(oder ein-?)zutreiben, dass es nur so hallelujahte! Neben den ohnehin schon überaus witzigen Songs (allen voran „Gaudete“) konnten die Ansagen, die meist den armen Bruder Schnabausus Rex verunglimpften, für kräftiges Gelächter sorgen. Sehr beeindruckend war, wie der angeblich 19-jährige, durch seinen liederlichen Lebenswandel so gealterte Schnabausus bei all dem Theater so bierernst bleiben konnte. Der Höhepunkt seiner Darbietung war das Anziehen einer auf die Bühne geworfenen Unterhose, die er ohne mit der Wimper zu zucken unter sein Bischofsgewand zog, nicht ohne dabei sein bestes Stück zu entblößen.
Musikalisch kamen die industriell-tanzbaren Rockrhythmen in Verbindung mit der irren, synthetisch klingenden Geige ebenfalls toll an. Gekrönt wurde der Auftritt durch ein leider etwas zu sehr in die Länge gezogenenes Geigensolo, welches sogar diverse Hard Rock-Legenden zitierte. Alles in allem eine sehr spaßige Nummer, die ich so toll gar nicht erwartet hätte!
Nun kamen als Intermezzo abermals MANNSTOLL auf bzw. vor die Bühne und lieferten eine zweite Episode ihrer Feuershow ab. Auch wenn hin und wieder eine Fackel zu Boden fiel, war das Spektakel bei untergegangener Sonne durchaus sehenswert, aber wie gesagt, das nächste mal bitte auf der Bühne oder auf freier Fläche!

Den Abschluss des Hörnerfestes markierten die Franken von KROMLEK, die sich seltsamerweise als „KromleK aus dem schönen BAYERN“ vorstellten. Die wohl weitestgereiste Gruppe fiel vor allem durch das ausgesprochen kitschige Bühnenoutfit des Alphavargs und seiner Mitstreiter auf. Fell und Schminke ist immer schwierig so einzusetzen, bei Turisas schaut’s cool aus, bei KromleK nicht. Rein optisch gefielen mir die Schweinfurter beim Ragnarök besser, oft ist weniger halt mehr. Aber was zählt, ist selbst bei optisch opulenten Konzerten die Musik. Und die war schlicht und ergreifend gut! Man bot eine solide Mischung aus der Debüt-EP und dem aktuellen Album, natürlich fehlten die Mitbrüller „KromleK“ und „Herjan“ nicht. Schunkeln, tanzen, bangen allerorten: Der Headlinerstatus am Samstag tat den Mannen durchaus gut und zeigte, dass zwei, drei härtere Gruppen absolut nicht verkehrt sind. Was aber überflüssig erschien, war die obertheatralische Selbstinszenierung Alphavargs, als er, um den vor drei Jahren verstorbenen Valfar der Norweger von Windir zu ehren, die Hände faltete und gesenkten Hauptes den Namen des Toten anrief. Das dabei erklingende Windir-Lead („Ætti Mørkna“) war wirklich eine gute Idee, aber das Gepose wäre wirklich nicht nötig gewesen, Mr. Alphavarg!
Dennoch blieben KromleK nicht in schlechter Erinnerung, denn auch beim Ragnarök hatte mich die Band schon positiv überrascht. Etwas mehr Sein als Schein das nächste mal, und ich bin wieder begeistert.Somit ging das Hörnerfest nun musikalisch zu Ende, natürlich wurde hier und da noch die Nacht zum Tage gemacht, so ein Festival ist eben kein Kindergeburtstag. Zeit, ein Fazit zu ziehen!
Es bleibt ein ganz großes Lob an die Veranstalter, die aus dem kleinen Garten ein wirklich tolles Mittelalter/Rockfestival gemacht haben. Um es gleich vorweg zu nehmen: Kritikpunkte wären höchstens in der Ausschilderung zu finden und in der Zeiteinräumung für Umbaupausen, so dass man sich nicht wieder in der Running Order verzettelt. Ansonsten kann man sich eigentlich über nichts beklagen. Vom Festival an sich sollte es im Grunde gar nicht größer werden, gerade der Gartenpartycharakter macht es zu etwas Besonderem. Einzig wäre der Mittelaltermarkt, wie bereits erwähnt, noch ausbaufähig. Vom Gesamteindruck her war das Hörnerfest 2007 jedenfalls eine ganz große Nummer, so klein und heimelig das Gelände auch war, so viel Charme hatte es auch. Nächstes Jahr gern wieder!

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