Konzertbericht: Laibach

04.03.2018 München, Muffathalle

Seit Anbeginn seiner Karriere ist das immer mehr zur Band gewordene Künstlerkollektiv LAIBACH immer wieder für Überraschungen gut – sei es eine eigenwillige Sammlung gecoverter Landeshymnen („Volk“, 2006), der Soundtrack zur Mond-Nazi-Kommödie „Iron Sky“ oder ein Auftritt in Pjönjang zum nordkoreanischen Liberation Day. 2016 lieferten LAIBACH die Musik zur Theateradaption des Nietzsche-Klassikers „Also sprach Zarathustra“ durch das Anton Podbevšek Teater, die im März 2017 im slowenischen Novo Mesto Premiere feierte. Nun gehen LAIBACH auf Tour, um ihr Werk selbst live auf der Bühne zu präsentieren.

Während der Saal mit einem monotonen Sound Endlosschleife beschallt wird, füllt sich die mit einer Tribüne in der hinteren Hallenhälfte teilbestuhlte Muffathalle stetig: Am Ende – beziehungsweise zum Showbeginn – sind alle Sitzplätze besetzt, und auch der Stehplatz-Bereich ist angenehm gefüllt.

Wenig überraschend steht „Also sprach Zarathustra“ dann auch im Mittelpunkt des Sets, das LAIBACH um 20:30 (allerdings c.t.) mit „Von den drei Verwandlungen“ von eben jenem Werk beginnen: Von den insgesamt 12 Songs des auf CD leider sehr sprrigen Machwerkes werden in der heutigen Setlist ganze neun berücksichtigt. Die Songs, teils gänzlich instrumental, teils mit Charakterkopf Milan Fras und der bezaubernden Mina Špiler am Mikrophon, wissen live mal mehr, mal weniger zu überzeugen. Zu sehr experimentellen Sounds, die bisweilen an die norwegische Avantgarde-Formation Ulver erinnern, lassen LAIBACH durchgehend Visualisierungen über die Leinwände flimmern.

Zwar haben diese aus ästhetischer Sicht durchaus ihren Wert, lassen einen thematischen Kontext zu den Songs und deren Texten jedoch gänzlich vermissen. Im Ganzen wirkt deswegen sowohl die Musik als auch die Show etwas zerfahren, willkürlich und inhaltsleer. Und auch, wie gut das Werk von Friedrich Nietzsche beispielsweise durch die stump wiederholte Phrase „Dunkel ist die Nacht“ repräsentiert wird, kann diskutiert werden. Die Reaktionen des Publikums bleiben eher verhalten – ob nun aus entrückter Verzückung oder gesundem Unverständnis für das Gebotene ist schwer zu sagen.

Die zweite Hälfte des Sets setzt sich aus altem Material zusammen – und alt meint hier mitunter wirklich alt: So finden neben zwei Cover-Songs „Anti-Semitism“ („WAT“, 2003),„Brat Moj“ („Laibach“, 1985) und „Ti, Ki Izzivaš“ („Nova Akropola“, 1986) ebenso ihren Weg ins Set wie „Wirtschaft ist tot“ und das in gewohnt fürchterlichem Französisch vorgetragene „Le Privilege Des Morts“ von „Kapital“ (1992). Wenn die Songs im kraftvollen, modernen Sound der Show auch nur noch wenig mit den teilweise doch sehr rohen Original-Versionen gemein haben, verfehlen sie ihre Wirkung nicht.

Spätestens nach „Brat Moj“ ist das Publikum zum ersten Mal an diesem Abend wirklich laut – und auch die folgenden Nummern erfahren signifikant mehr Zuspruch als das „Zarathustra“-Material. Obwohl „Bossanova“ und das Blind-Lemon-Jefferson-Cover „See That My Grave Is Kept Clean“ in der Zugabe diese Reaktionen nochmals zu toppen vermögen, bleiben die beiden Songs die einzigen gespielten Stücke vom noch aktuellen 2014er-Werk „Spectre“. Der ansonsten immer gerne gespielte Hit „The Whistleblowers“ bleibt heute ebenso in der Kiste wie das Opus-Cover „Leben heißt Leben“ oder der Band-Klassiker „Tanz mit Laibach“.

    1. Von den drei Verwandlungen
    2. Ein Untergang
    3. Ein Verkündiger
    4. Von Gipfel zu Gipfel
    5. Das Glück
    6. Die Unschuld II
    7. Das Nachtlied II (smrcanje)
    8. Das Nachtlied I (dunkel)
    9. Als Geist
    10. Vor Sonnen-Aufgang
    11. New Parnassus
    12. Cold Song (Henry-Purcell-Cover)
    13. Anti-Semitism
    14. Brat Moj
    15. Le Privilege Des Morts
    16. Ti, Ki Izzivaš
    17. Wirschaft ist tot

  1. Bossanova
  2. See That My Grave Is Kept Clean (Blind-Lemon-Jefferson-Cover)

Mit anderthalb Stunden bieten LAIBACH als einzige Band des Abends dem Fan eine dem Eintrittspreis (Abendkasse: 33€ Stehplatz / 38€ Sitzplatz) durchaus angemessene Spielzeit. Ob einem das Gebotene an sich das Geld wert ist, hängt allerdings stark davon ab, was man sich von dem Abend erwartet hat und in wie weit der Besucher bereit ist, sich den experimentellen Klängen gegenüber zu öffnen.

So klingt „Also sprach Zarathustra“ live zwar ohne Frage kraftvoller als auf dem wenig dramatischen, sehr zerfahrenen und insgesamt nicht überzeugenden Album, kann aber auch so dargeboten nur teilweise begeistern. Das anschießende Oldschool-Set macht zwar nicht nur Mina, die sich zu Beginn der Zugabe „Bossanova“ ein vorfreudiges Lächeln nicht verkneiffen kann, sondern auch dem Publikum sichtlich mehr Spaß – vermag die vorangegangene, musikalisch eher durchwachsene Darbietung dennoch nicht ganz zu kompensieren. Schlussendlich bleibt „Also sprach Zarathustra“ nicht LAIBACHs Glanzstück.

Daran ändert auch die Live-Atmosphäre nichts. LAIBACH selbst dürften sich um diese Einschätzung wenig scheren – wie sich die Band stets wenig um Meinungen und Kritik geschert hat. Am Ende bleiben LAIBACH Kunst – und damit auf ihre Art über Musikkritik erhaben.

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Ein Kommentar zu “Laibach

  1. Hier die verbliebenen Tour-Termine:

    06.03.2018 Mannheim MS Connexion Complex
    08.03.2018 Hamburg Kampnagel
    17.03.2018 Rostock M.A.U. Club
    18.03.2018 Köln Die Kantine
    20.03.2018 Leipzig Taubchenthal

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