Konzertbericht: Mac Miller w/ Edgar Wasser

2012-07-05 München, TonHalle


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Nein, liebe Freunde härterer Gitarren-Musik, soweit ist es sicherlich noch nicht gekommen. Dennoch dürfte es kein Geheimnis sein, dass wir in der Redaktion mehr hören als nur Metal und irgendwelche Scheuklappen bei uns quasi nicht existent sind. Daher dürfte es für die Meisten auch wenig überraschend sein, dass unsere Freude groß ist, als klar wird, dass wir trotz (oder gerade wegen?) unseres sehr genrebezogenen Namens zu Gast beim Auftritt des US-Hip-Hop-Shootingstars MAC MILLER in der Münchner TonHalle sein dürfen. Im Gegensatz zu unserem Bericht vom Casper-Konzert im März diesen Jahres, welches sich durch Bandsound, schweißtreibende Mosh-Pits und ein bunt gemischtes Publikum charakterisieren lassen kann, ist bereits im Vorfeld klar, dass das sich im Falle des Sunshine-Rappers aus den USA bietende Bild wesentlich traditioneller ausfallen wird – und so ist es auch: Während bei einschlägigen Metal-Konzerten lange Haare und schwarze T-Shirts dominieren, bietet die TonHalle bei Konzertbeginn um 20.00 Uhr ungefähr in der gleichen Relation New-Era-Caps und – sobald diese abgenommen werden – Tyson-Schnitte.
Und doch wird bereits jetzt deutlich, dass sich die Fans verschiedener Genres immer mehr mischen – denn obwohl wir optisch sicherlich etwas aus dem Rahmen fallen, werden wir von niemandem skeptisch gemustert. So muss eine offene Musik-Kultur aussehen.


Bevor es mit dem 20 jährigen Mac Miller aus Pittsburgh losgeht, ist es nun zunächst an Support-Act EDGAR WASSER, die Anwesenden mit seinem traditionellen, deutschsprachigen Hip-Hop zu überzeugen. Die TonHalle ist dabei bei Konzertbeginn überraschend „leer“: Zwar ist der mittlere Bereich bis hin zum Mischpult gesteckt voll und verbreitet in der gesamten Halle eine beachtliche Wärme, doch die Außenbereiche neben den Säulen, sowie der gesamte hintere Hallenbereich sind nur vereinzelt mit Menschen gepunktet. Der junge Rapper lässt sich davon aber nicht beeindrucken und feuert einen Track nach dem anderen ab. Die Texte sind gewitzt und teilweise provokant, die Beats knallen mit glasklarem Sound aus den Boxen, der DJ macht seine Sache richtig gut (und spart auch nicht mit gelegentlich Scratch-Einlagen, um zu zeigen, dass hier mehr getan wird als nur Play gedrückt) und EDGAR WASSER selbst rappt unglaublich tight. Seine Stimme liegt dabei irgendwo zwischen einem weniger wütenden Sido und Nico von K.I.Z., sein Auftreten ist selbstbewusst, aber nicht so arrogant, wie es seine Texte gelegentlich vermuten lassen könnten.
Dass der Junge definitiv Spaß an diesem Gig hat, zeigen zwei Einlagen ganz besonders: Zum einen das spontan für Aggro-TV gedrehte Video, in welchem er sehr zu seiner Freude vom Publikum tatkräftig mit einem – von ihm eingeforderten – lautstarken „Halt die Fresse!“ unterstützt wird, zum anderen der als „FreeStyle“ angekündigte Track, welcher durch ein fallengelassenes Mikro und ähnliche Späße gewollt offensichtlich in Vollplayback aus den Boxen schallt. Als EDGAR WASSER kurz vor Schluss einen angestimmten Song abbricht und seinen DJ mit einem „Der Beat ist total scheiße, mach mal was Geileres“ dazu animiert, „Mein Block“ von Sido zu samplen um darüber dann astreinen seinen Text zu rappen, ist die Sache geritzt – auch wenn die „Mac Miller!“-Rufe nun den Beifall fast übertönen und der Schlussapplaus für den beeindruckenden Jungrapper nach 30 Minuten nicht so groß ausfällt wie verdient.
Dennoch wird EDGAR WASSER in Zukunft sicher von sich hören lassen – auch wenn der Trend derzeit eher Richtung Pop-Rapper wie Cro zu gehen scheint.


Nach einer halbstündigen Pause, von welcher lediglich knapp zehn Minuten dafür benötigt werden, das DJ-Pult anzupassen und einen Mikroständer in den hinteren Bereich der Bühne zu stellen, erlischt das Licht und Jubel brandet im Publikum auf. Sogleich stürmt MAC MILLER höchstpersönlich – heute mit rotem New-Era-Cap – nebst einem noch jüngeren Sidekick die Bühne und lässt sofort „Blue Slide Park“ vom gleichnamigen ersten Album des Internet-Stars ertönen. Im Vergleich zu Edgar Wasser sind die Bässe hier wesentlich fetter und lassen die Hosenbeine flattern, der Gesang könnte eine Spur lauter sein, insgesamt ist der Sound das ganze Konzert über (vor allem im Vergleich zum ebenfalls hier veranstalteten Konzert der letzten Casper-Tour) ziemlich gut. MAC MILLER selbst hat sichtlich Spaß am von der ersten Sekunde an voll mitgehenden Publikum und spart auch nicht an Motivationsaufrufen à la „Munich, make some noise!“, welche umgehend mit lauterem Jubel beantwortet werden. Im Vergleich zu Edgar Wasser ist die TonHalle nun auch im hinteren Drittel der Halle ordentlich gefüllt, ausverkauft ist die Location an diesem Donnerstag-Abend allerdings gewiss nicht.
Als MAC nach dem dritten Song kurz Luft holt und ein leises „The next song… is crazy“ ins Mikro spricht und darauf folgend „Knock Knock“, einer der Internet-Hits vom ersten Mix-Tape „K.I.D.S.“ ertönt, flippen die Anwesenden völlig aus: Neben dem klassischen Hand-im-Takt-heben springt die gesamte TonHalle auf Kommando den gesamten Song über durch. Das Konzert folgt einer klar erkennbaren Dramaturgie, so dass nach einigen Party-Tracks immer wieder ein eher R’n’B lastiger Song seinen Weg ins Set findet, das Publikum wieder etwas runterkühlt, um es schließlich mit einem Hit wieder steil gehen zu lassen. So wird auch die Ansage „When I wrote my first song… man, it felt like the best day ever“ und der anschließende Hit vom gleichnamigen Mixtape begeistert aufgenommen. Für Spaß ist ebenfalls gesorgt, wenn MAC mit dem Publikum in immer lauter werdende „Say fuck you Mac Miller!“ „FUCK YOU MAC MILLER!“ Sprechchöre einsteigt und mit seinen etwas albern wirkenden Tanzeinlagen über die Bühne wetzt.
Immer wieder fällt allerdings auf, dass MAC selbst nicht eben der beste Sänger ist: Oft setzt der Beat aus, damit er den Song nur mit seiner Stimme zu Ende bringen kann, was leider nur dann gut geht, wenn er keine Töne halten muss. Sobald er sich allerdings wieder auf das besinnt, was er wirklich kann, nämlich richtig tight und gut rappen, sind diese kurzen Einlagen schnell vergessen.
Nach knapp 50 Minuten verlässt MAC MILLER die Bühne, kommt dann allerdings umgehend wieder zurück, um diese nach einem Song wieder zu verlassen – nur um am Bühnenrand zu stoppen und mit einem „Haven’t we forgot something“ den Überhit „Donald Trump“ zu spielen. Danach ist es dann allerdings wirklich vorbei, das Licht in der Halle geht an und aus der Konserve erschallt „You Got To Fight For Your Right (To Party)“ von den Beastie Boys. Ein Aufruf, dem das nass geschwitzte Publikum an diesem noch jungen Abend wohl nur all zu gerne nachkommt…

Was MACs Aussage für die vorangegangenen und folgenden Gigs der Tour bedeutet, dass das Konzert heute länger dauern würde, da sie kein Zeitlimit gestellt bekommen hatten, sei dahingestellt. Sicher, mit den diversen Mixtapes und seinem ersten Album im Gepäck wären wohl auch 90 Minuten Set drin gewesen. Das ändert aber nichts daran, dass die an diesem Abend dargebotenen 60 Minuten eindrucksvoll unter Beweis stellen konnten, dass immer wieder spannende Künstler aus der US-amerikanischen Hip-Hop-Ecke nachkommen und auch live voll zu überzeugen wissen. Umso schöner, wenn das neben den anwesenden Rap-Fans auch Freunde anderer Musik zu goutieren wissen.

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