Festivalbericht: Metalfest (AT) 2011

27.05.2011 - 29.05.2011 Mining am Inn

Was vor zwei Jahren, als ich das letzte Mal dort war, noch Summer Nights Open Air hieß, ist heute Teil des Metalfest-Open Air-Zusammenschlusses: Unter diesem Titel nämlich finden seit letztem Jahr an zwei Terminen an fünf Orten in Zentraleuropa Festivals statt, die sich den überwiegenden Teil des Billings teilen.
War das Summer Nights seinerzeit noch auf Burg Frauenfeld beheimatet, ist man nun nach Schloss Mamling in Mining am Inn umgezogen, oder eher „weitergezogen“, – ist das Festival damit noch nichtmal einen ganzen Ort weiter den Inn entlang gewandert.
Mit guten Erinnerungen an das letzte Summer Nights geht es also dieses Mal nach Mining.

Freitag, 27.05.11
(Mainstage) Die EXCREMENTORY GRINDFUCKERS eröffnen, nachdem das Wetter zu diesem Zeitpunkt noch falsche Hoffnung macht und sich relativ harmlos gibt, für mich das Festival: Die Hannoveraner erlitten Anfang 2011 einen herben Line-Up-Rückschlag, als Sänger Rufus die Band verließ. Als Ersatz kam Horn von Jack Slater, der durchaus Hoffnung machte, seinen Vorgänger angemessen ersetzen zu können, ist er doch bei den Brutal Deathern ein absoluter Sympath. Sympathisch ist wie immer auch die optische Komponente, vor allem bei Sänger und Keyboarder Hirn, der komplett die Bühne komplett in Kleidern mit Leopardenfell-Muster entert. Grundsätzlich stellt man sich bei den GRINDFUCKERS ja sowieso auf eine Show in trockenen Tüchern ein, was kann bei dieser Band schon schiefgehen? – Einiges, wie sich nach nicht allzulanger Spielzeit herausstellt: Denn auch, wenn sich die Band bemüht gibt, und von der Songauswahl durchaus ein interessantes Set zusammenstellt, will der Funke hier einfach nicht so recht überspringen. Selbst die witzigsten Passagen funktionieren heute live nicht so richtig und wirken statt dessen schlichtweg platt und gekünstelt. Gesanglich mag Horn Rufus ja in nichts nachstehen… der Spassfaktor jedoch hat hier jedoch definitiv gelitten.
[Marius Mutz]

(Mainstage) Nach dem ehrlichgestagt auch etwas hinter meinen Erwartungen zurückgebliebenen Auftritt der Grindfuckers sind die Thrasher TANKARD an der Reihe: Mit einem (natürlich) schwerpunktmäßig auf das aktuelle Album „Vol(l)ume 14“ ausgerichteten Set wissen die Frankfurter der Publikum recht schnell auf ihre Seite zu ziehen: Gerade Fronter Gerre, den man nach seiner Diät-Wette mit Ex-Sodom-Drummer Bobby kaum wiedererkennt, weiß durch seine sympathische Art zu überzeugen: Eine auf die Bühne geworfene Kutte wird selbstverständlich angezogen, höflich entschuldigt er die knappen Ansagen mit dem Zeitdruck der Festival-Runningorder… und auch, wenn das Publikum noch nicht so ganz in Konzert-Stimmung zu sein scheint, können sich TANKARD nicht über mangelnde Resonanz beklagen. Vielleicht kein legendärer Auftritt, aber zumindest grundsolide, wie man es von der Band live wie auf Platte gewöhnt ist.

Weiter hätte es an dieser Stelle mit NEAERA, ARKONA, SUCICIDAL ANGELS, EQUILIBRIUM, AMORPHIS, KATAKLYSM und SABATON gehen sollen – allein der nun einsetzende, starke Regen lässt die Auftritte zumindest für mich wortwörlich ins Wasser fallen.
[Moritz Grütz]

(2nd Stage) Auch KRISIUN fallen in die nicht eben kurze Schlechtwetterphase des Festivals, für die brasilianischen Death Metal-Veteranen nimmt man dieses Manko aber noch gelassen hin, immerhin spielen sie auch in der Zeltbühne. Ironischerweise ist die KRISIUN-Show auch die einzige des Festivals, der ich beigewohnt habe, bei der der Pfeiler in der Mitte der Partytent-Bühne die Atmosphäre nicht vollständig ruiniert hätte. Denn KRISIUN sind so underground, dass es auf der Bühne fast schon zwangsweise nach Baustelle aussehen muss. Man kann sich kaum entscheiden, ob man sich nun mehr über die Danksagungen an den Underground, die am laufenden Band vom Stapel gelassen werden oder die tighte Performance freuen, oder sich gerade deswegen eher über den nicht komplett brillianten Sound ärgern soll. Die Meister des straighten, technischen, aber eben nicht verfrickelten, sondern einfach nur übelst bolzenden Death Metals sind wie immer perfekt aufeinander eingespielt und bestreiten den Auftritt extrem routiniert – das finale „Bloodcraft“ steht exemplarisch für das Potenzial der Band, das man weder in Europa, noch in Südamerika wirklich zu erkennen scheint. Eine der besseren Shows an diesem Festival.
[Marius Mutz]

(2nd Stage) Nachdem die Bands des Nachtmittags dem Dauerregens zum Opfer gefallen waren, bieten nach einer eher langweiligen Secrets Of The Moon-Show WATAIN die letzte Chance für den heutigen Tag, Konzertluft zu schnuppern. In Anbetracht der Bühnen-Deko ist dies jedoch wörtlicher zu verstehen als wünschenswert – stinkt das auf der Bühne aufgestellte Arsenal aus sterblichen Überresten verschiedenster Tiere doch recht markant. Doch auch sonst ist das, was WATAIN showtechnisch auffahren, wie von der Band gewohnt, schlichtweg beeindruckend: Wo andere Kapellen sich auf einige Deko-Aufsteller, Fackeln oder Side-Drops beschränken, fahren WATAIN hinsichtlich der Bühnen-Deko die ganz schweren Geschütze auf: Mit an die 50 brennende Elementen, von Kerzen über Fackeln und Feuertöpfen bis hin zu brennenden Dreizacken, diversen Schädeln, Knochen und verwesenden Kadaverteile, Ketten und Seiten-Bannern ausstaffiert gleicht die Bühne mehr einer Theaterbühne oder dem „realen“ Schauplatz einer schwarzen Messe, denn einer Festival-Bühne – ein Feature, welches seinen Tribut in Form einer merklich überzogenen Umbaupause fordert, nicht zuletzt, weil bereits vor Konzertbeginn ein Feuerwehrmann einen in Flammen aufzugehen drohneden Fackelständer löschen muss. Hat die Show dann jedoch ersteinmal begonnen, beweisen die Herren aus Uppsala ein weiteres Mal ihre beeindruckende Bühnenpräsenz: Professionell und perfekt aufeinander eingespielt liefern WATAIN eine wahrlich mitreißende Show ab, die gleichermaßen vom bösem Black Metal wie auch den bandtypischen, rockigen Passagen lebt und durch das perfektionierte Bühnenbild in einem einzigartigen Setting abläuft.
Und auch, wenn das Setting mit relativ schlechtem Sound und dem doch merklich störenden Stützpfeiler des Zirkuszeltes inmitten der Bühne alles andere als optimal ist, kann hier eigentlich nur in Superlativen gesprochen werden – beweisen WATAIN doch ein weiteres Mal, dass sie gerade Live mit zum Besten gehören, was die Black Metal-Szene derzeit zu bieten hat.
[Moritz Grütz]

Samstag, 28.05.11
Auch heute das das Bild prägende Element: Regen. Regen, wohin das Auge schaut, in Mengen, die zumindest bis zum frühen Nachmittag selbst den Gang zur Zeltbühne unzumutbar werden lassen.

(Mainstage) Pünktlich zu DESTRUCTION scheint es ein wenig aufzureißen, so dass recht optimistisch der Weg zur Bühne angetreten wird – allein, der Schein trügt, und nicht lange nachdem das Thrash-Trio die Bühne betreten hat, regnet es schon wieder Bindfäden. Das Publikum lässt sich davon jedoch nicht beeindrucken und feiert die Baden-Württemberger dennoch vorbehaltslos ab – eine Loyalität, für die sich Fronter Schmier mehrfach ehrlich beeindruckt bedankt.
Im Gegenzug liefern DESTRUCTION jedoch auch eine wahrlich sehenswerte Show: Mit einer gelungenen Tracklist aus alten Klassikern wie dem Evergreen „Nailed To The Cross“ und neuen Songs wie „Hate Is My Fuel“ hauen die Herren eine Thrash-Granate nach der anderen raus – und wissen dabei mit echter Spielfreude zu begeistern – eine Tatsache, die umso mehr erfreut, als dass ich die letzten beiden Shows der Truppe als vergleichsweise langweilig und lustlos heruntergespielt empfunden hatte. Zwar ist der Sound, wie leider des öfteren an diesem Wochenende, alles andere als sahnig, DESTRUCTION jedoch machen dies durch ihre Darbietung fast vergessen – ist Leidenschaft doch immernoch die entscheidende Komponente einer Live-Show.

(Mainstage) Direkt im Anschluss an die deutschen Thrasher steht mit „PRIMORDIAL from the Republic of Ireland“, wie Sänger Alan nicht müde wird, zu betonen, ein weiterer Hochkaräter auf dem Programm – und offenbar sogar einer, der dem Wettergott gefällt, hört es langsam doch sogar auf zu Regnen:
Wie gewohnt true gecorpsepaintet betritt der Fronter die Bühne und zieht durch sein einnehmendes Wesen und wie auch sein markantes Äußeres sofort alle Aufmerksamkeit auf sich – die One-Man-Show kann beginnen. Doch war gerade der letzte Auftritt, den ich von den Iren zu sehen bekam (Release-Gig in München), von fast übertriebenem Pathos geprägt, hält Alan heute erfreulicher Weise das richtige Maß zwischen Selbstdarstellung und Sachdienlichkeit ein – sehr zum Wohle des Gesamteindrucks. So steht heute mehr denn beim letzten Mal die Musik im Vordergrund, und damit brauchen sich die Herren ja nun wahrlich nicht zu verstecken. Stücke wie die Band-Hymne „Coffin Ships“ wissen auch an einem Nachmittag mitzureißen – allein mit dem neuen Material tue ich mich immernoch schwer, laboriert dieses doch gerade live an den Längen, welche schon in den Studioversionen schwer zu leugnen sind. Dennoch ein starker Auftritt, der auch ob des etwas besseren Wetters die Festivalstimmung wieder etwas zu heben in der Lange ist.
[Moritz Grütz]

(Mainstage) Bei THE BLACK DAHLIA MURDER hapert es dann leider sowohl am Sound als auch am Slot. Der fiese Black/Death-Metal, der, wenn er genug Druck hat, durchaus beeindruckende Atmosphäre zu schaffen weiß, bietet bei zwar einigermaßen differenziertem, aber komplett sterilen Sound relativ wenig Anreize, zumal wenn er, einigermaßen überraschend, bei Sonnenschein vorgertragen wird. Hier beißen sich vermutlich Bekanntheit der Band mir meiner Meinung nach bestehender Notwendigkeit, für jeden Act möglichst passendes Setting zu schaffen: Für das immerhin auch nachmittags dunkle Partytent wahrscheinlich zu groß, für einen Nachtslot auf der Hauptbühne offenbar zu klein. THE BLACK DAHLIA MURDER überzeugen trotz guter Performance leider mal wieder nicht, ich weiß mit dem Sound einfach absolut nichts anzufangen, wenn die Atmosphäre wegfällt. Mal wieder die Bestätigung, dass die Band in Clubs gehört, wo sie die Zerstörung nach Maß, für die sie prädestiniert sind, perfekt praktizieren können.
[Marius Mutz]

(2nd Stage) Im Zelt geht es derweil mit den Tourkollegen EVOCATION weiter: Mit „Apocalyptic“ veröffentlichten die Schweden unlängst ein wahres Machtwerk griffigen Death Metals, welches ihnen nicht zuletzt die Chance einbrachte, mit Amon Amarth und eben The Black Dahlia Murder auf Tour zu gehen. Da diese Tour komplett vom Metalfest gebucht wurde, bietet sich nun den Schweden die Möglichkeit, sich dem Publikum auf der Zeltbühne zu präsentieren. Dass dieses wirklich zahlreich erschienen ist, zeigt dabei bereits im Vorhinein, dass EVOCATION auf dem richtigen Weg sind – der Auftritt schließlich lässt daran keinen Zweifel mehr: Energiegeladen, perfekt aufeinander eingespielt und alles in allem wirklich mitreißend liefern EVOCATION eine beispielhafte Show ab – spätestens beim finalen Titeltrack „Apocalyptic“ hat die Band das Publikum gänzlich im Griff – eine einwandfreie Vorstellung.
[Moritz Grütz]

(Mainstage) Vor der Hauptbühne hat sich unterdessen doch mal wieder eine recht beträchtliche Anzahl an Schaulustigen eingefunden, als CRADLE OF FILTH diese betreten. Diese bleibt der Band auch die Show über erhalten, obgleich wiederum im Gesamten von mehr als einer soliden Show kaum zu sprechen ist. Dafür zeichnet sich vor allem der immer undifferenzierte, oft schwankende Sound verantwortlich, der kaum echten Hörgenuss aufkommen lässt. Da hilft auch gute Songauswahl, die den Zuschauer quer durch die Bandgeschichte führt, wenig. Vielleicht beweisen „Her Ghost In The Fog“, „From The Cradle To Enslave“ und „Nymphetamine“ in Kombination aber auch nur, dass die verschiedenen Alben der Truppe sich gar nicht so gut miteinander vertragen: Man wartet eher auf einzelne Songs und freut sich jeweils auch über diese, eine einheitliche Stimmung will kaum aufkommen.
Diesmal scheint dies allerdings eine Einzelmeinung zu bleiben, ein Großteil der Fans scheint gut auf den Sound einzusteigen und am Ende können sich CRADLE OF FILTH über fehlenden Zuspruch nicht beklagen.
[Marius Mutz]

(2nd Stage) Dass es DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT zu einer Underground-Legende des deutschen Black Metal geschafft haben, ist nicht abzustreiten – warum, bleibt mir jedoch auch nach dem heutigen Tage ein Rätsel: So ist die Bühne im Zelt mit überdimensionalen invertierten Kreuzen und dergleichen zwar „angemessen“ dekoriert (wobei man dazusagen muss, dass nach der beeindruckenden Show von Watain am Vorabend mit Bühnenschmuck nurnoch schwer zu punkten ist…) und zugegeben, einen Song lang fasziniert Onielnars Gesang durchaus, hat die Dame doch die wohl extremste Stimme im deutschen Metal – allein kann all das nicht darüber hinwegtäuschen, wie langweilig sowohl das Songmaterial, als auch, leider, die Bühnenshow ist: Über ein wenig Blutgespucke geht es hier während der ersten Hälfte der Show nicht hinaus, so dass ich mich beruhigten Gewissens, DNS zumindest einmal gesehen zu haben, in Richtung Main Stage zu Amon Amarth begebe.

Die Schweden als Legende zu bezeichnen, ist es vielleicht noch etwas verfrüht – allein, was man AMON AMARTH nicht absprechen kann, ist, dass sie ihre Musik nicht anders als Bands wie Manowar oder Iron Maiden bereits jetzt zu einer Marke haben werden lassen: Die Bandshirts unterscheiden sich nur marginal, die Songs, objektiv betrachtet, ebenso, und wenn man ehrlich ist, hat sich auch an der Bühnenshow der Schweden seit ich sie 2004 das erste Mal live sah, eigentlich nichts geändert. Und doch ist die Band wohl der Szeneaufsteiger des vergangenen Jahrzehnts, haben sie sich doch von der Clubband zum Festivalheadliner hochgespielt, Tendenz streng monoton steigend.
So ist es kein Wunder, dass auch heute (von den eingefleischten Darkened Nocturn Slaughtercult-Fans einmal abgesehen) wohl kaum ein Festival-Besucher nicht vor der Mainstage steht, um sich den Auftritt der Schweden zu Gemüte zu führen. Hatte mich der Auftritt der Wikinger auf ihrem Tourstop in München vergangene Woche noch mit schlechtem Sound und merklich zu Routine verkommenem Stageacting enttäuscht, wissen AMON AMARTH heute deutlich mehr zu überzeugen. Nicht nur der Sound drückt die mächtigen Triolen-Riffs kräftig aus den Boxen, auch wirkt Fronter Johan Hegg deutlich ehrlicher begeistert als zuletzt, so dass man ihm kleine Fehler wie die Ansage „Next song is from the ‚Avanger‘-Album: ‚Death in Fire‘!“ gerne nachsieht. Spätestens, als nämlich für „Guardians Of Asgaard“ L.G. Petrov von Entombed auf die Bühne gebeten wird, meint man Hegg das Feuer der Begeisterung eines kleinen Jungen aufflammen zu sehen – ein wahrer Höhepunkt des Abends, nicht zuletzt natürlich der gelungenen Live-Umsetzung der Album-Kollaboration wegen.
Dass die Band sich bei allem Ruhm und aller Größe dennoch immer wieder mal den ein oder anderen Schnitzer erlaubt und ganz allgemein bisweilen recht schlampig an die Darbietung ihrer Ohrwurm-Melodien geht, passt dabei recht gut ins Bild der überraschend groß gewordenen Band – für größeres prädestinierte Musiker sind hier nämlich, so ehrlich muss man sein, nicht am Werk. Auch showtechnisch ist der, wie auch jeder andere Auftritt der Band, nicht unbedingt das, was man als sonderlich beeindruckend bezeichnen sollte: Ob nun das ständige, gekünstelte Lachen des Fronters oder die Bewegungsabläufe und Laufwege der Musiker auf der Bühne, die komplett durchchoreographiert zu sein scheinen – wirklich souverän ist all das, kritisch betrachtet, nicht. Doch auch, wenn man sich fast bildlich vorstellen kann, dass Hegg einem Quarterback im Football gleich, unter seinen Armstulpen Zettel mit „Spielzügen“ oder Laufwegen versteckt hält, nach denen die Band dann ihre Positionen auf der Bühne wechselt, ist das Bild, das bei den Fans ankommt, doch, wenn auch ein wenig spontanes, so doch ein sehr sortiertes, in sich stimmiges. Und so wage ich zu behaupten: Wenn es derzeit eine Band gibt, die das Potential dazu hat, in einigen Jahren die Rolle alter Größen wie Maiden einzunehmen und Stadien zu füllen oder zumindest zu einer Konstante in der Szene mit stets gefüllten Hallen zu werden, wie es Motörhead seit Jahrzehnten sind, dann sind das AMON AMARTH. Nicht, weil sie beeindruckende Musiker wären, und auch nicht, weil sie die beste derzeit aktive Live-Band der Metal-Welt sind – sondern schlicht, weil sie mit dem, was sie tun, den Nerv der Szene getroffen haben.
[Moritz Grütz]

Sonntag, 29.05.11
Welch Überraschung: Das Wetter scheint Nachsicht mit den gebeutelten Festivalgängern zu haben: Statt Regenjacke ist Sonnencreme das Utensil der Wahl, so dass die Laune doch gleich einmal ein paar Level ansteigt.

Um 12:00 ist es dann Zeit für ARAFEL, die Bühne zu betreten. Bekanntheit erlangte die Folk-Black Metal-Band aus Israel unlängst durch die Verpflichtung von Ex-Equlibium-Sänger Helge. Gänzlich das Genre gewechselt hat der blonde Front-Hüne dabei nicht, ist das, was die Band ansonsten durchweg südländischen Typs darbietet, doch gar nicht all zu weit von Bands wie eben Equilibirum oder auch Eluveitie entfernt: Durch Keyboard-Samples untermauerter Folk-Black Metal, veredelt durch eine Geige (und deren Spielerin) steht hier auf dem Programm.
Für die frühe Stunde ist es vor der Mainstage bereits überraschend voll, wohl nicht zuletzt, weil der Tag im Kontrast zum bisherigen Festival-Verlauf nur leicht bedeckt, bisweilen gar sonnig beginnt. Doch auch die Musik von ARAFEL rechtfertigt den frühen Gang vor die Bühne durchaus, ist das, was die Band hier abliefert, doch sowohl bezüglich des Stage-Actings als auch von der Musik selbst her durchaus gekonnt aufgezogen. Ob es daran liegt, dass hier bisweilen, wie ich meine, eine zweite Gitarre eingesampled wird, oder ob der Sound-Techniker heute mal nicht mit dem falschen Fuß aufgestanden ist, ist nicht zu sagen – Fakt ist, dass sogar der Sound hier überraschend gut ausfällt. Insgesamt ein durchaus gelungener Auftritt.

Nach einem musikalisch durchschnittlichen, showtechnisch absolut lächerlichen Heimspiel der Extreme Metaller BELPHEGOR, bei dem Sänger Hellmuth sich nicht nur einmal armselige 3.Reich-Anspielungen nicht verkneifen kann (im Stile von „Heil Österreich! Eine Schande, dass man das heute nicht mehr sagen darf… aber ich lasse mir das nicht verbieten, deshalb: Heil Österreich!!“ oder, nach mäßigem Jubel: „Österrreich? Das ist nicht das Össterrreich von frrrüherrr!“), ist mit SODOM nach Destruction und Tankard die dritte deutschen Thrash-Legende an der Reihe, dem Metalfest-Publikum einzuheizen.

„Einheizen“ im wahrsten Sinne des Wortes ist heute allerdings mehr als überflüssig, erlaubt sich das Wetter doch offenbar einen Scherz mit den Festivalgängern: Wo es vom Anreise-Donnerstag bis Samstag Nacht quasi ohne Unterlass in Strömen geregnet hat, brennt nun, sehr zum „Ärger“ von Tom Angelripper, die Sonne vom Himmel. So beschwert dieser sich gleoch zu Beginn der Show scherzhaft, dass bei einer satanistischen Band wie ihnen überhaupt die Sonne scheine, und fordert den für Sommerfestivals charakteristischen Wasserschlauch, mit dem das Publikum abgespritzt wird – wie auch die während der Show in größeren Mengen von der Sodom-Crue verteilten Wasserflaschen ein Beweis für wahre Fannähe und Szenezusammenhalt. Auch sonst gibt sich die Band gewohnt sympathisch und präsentiert sich äußerst spielfreudig: Egal, ob Klassiker wie „M16“ oder das Material vom starken, aktuellen Album wie „In War And Pieces“ – trotz fast unerträglicher Hitze bleibt hier kein Haar ungeschüttelt. Überraschend gut ist der auf dem Metalfest ansonsten eigentlich durchgehend unerträglich schlechte Sound, so dass SODOM nach einer Dreiviertelstunde mit „Ausgebombt“ einen durchweg gelungenen Gig beschließen.
[Moritz Grütz]

Mit WINTERSUN steht nun sicherlich für viele der Grund, überhaupt eines der Metalfeste zu besuchen, auf dem Programm: Die gefühlt jahrzehntelang nur noch durch Statements zu Verschiebungen des neuen Albums in Erscheinung getretenen Finnen wollen heute nämlich sogar einen neuen Song spielen. Richtig, einen Song vom berühmt-berüchtigten „Time“, das, nachdem „Chinese Democracy“ doch erschienen und auch „Duke Nukem Forever“ nicht mehr wegdiskutierbar ist, alleine den Mythos des immer angekündigten und nie erschienen Produkts vertreten muss.
Rein optisch hat sich seit dem Earthshaker Fest 2006, als ich das letzte Mal die Ehre hatte, nichts getan: Was Jari motiviert, mit WINTERSUN-Schriftzug bedruckte Dreiviertel-Hosen anzuziehen, ist nicht wirklich erkennbar und auch sonst erinnert die Band eher an finnische Touristen (falls es für die ein Klischeebild gibt), als an eine Truppe, die ihren ausnahmsweise völlig berechtigten Über-Hype durch ebenso atmosphärische wie anspruchsvolle Musik bravourös in den Sand setzte.
Etwas anderes hat sich jedoch sehr wohl geändert: WINTERSUN singen die Klarstimme jetzt zu dritt, was bisher DAS Manko an jeder Live-Show der Band war – Jari bekam es schlicht nicht auf die Reihe, den Album-Pathos angemessen auf die Bühne zu bringen. Jetzt klappt das einwandfrei und so darf man sich über eine perfekte Umsetzung der Songs vom Debut freuen – sogar der Sound stimmt mal. Da nur „Sadness and Hate“ und „Beautiful Death“ in der Setlist fehlen, ist auch eine recht ergiebige Angelegenheit.
Doch so groß die Freude sein mag, die „Klassiker“ wieder zu hören, wirklich gespannt ist man doch eher auf den neuen Song, der von Jari schließlich vor der Zugabe „Starchild“ als „The Way Of The Fire“ angekündigt wird. Um’s kurz zu machen: Der Song bestätigt eindrucksvoll, was im Prinzip schon seit 2005/06 vermutet. Zumindest nach diesem Song zu urteilen scheint „Time“ nicht die göttliche Eingebung zu sein, die man sich aufgrund der überlangen Wartezeit vielleicht erwartet hatte. Und ja, ich habe auch „Winter Madness“ nicht beim ersten Hören kapiert und dementsprechend wächst vermutlich auch „The Way Of The Fire“ auf Album, aber was man live hier präsentiert bekommt, ist, wäre es nicht mit anspruchsvollsten Instrumentalspuren gespickt, ziemlich unspektakulär. Verfrickelter Melodic Black Metal (oder wie man dieses Genre nennen mag), der zwar gut auf die Mütze gibt, sich ansonsten aber nicht unbedingt unverzichtbar macht. Nichts jedenfalls, wofür man sieben Jahre brauchen muss. Finde ich.
Dennoch ist der WINTERSUN-Auftritt wegen der alten Nummern für mich das Highlight des Festivals, man wird mal wieder daran erinnert, was man an dem Album damals hatte und warum man eigentlich so sehnsüchtig auf einen Nachfolger wartet. Ärgerlich nur, dass der Appetizer nicht unbedingt suggeriert, dass diese Erwartungen wirklich erfüllt werden.
[Marius Mutz]

Dass das Fazit eines durchregneten Festivals nur selten all zu positiv ausfällt, ist klar. Allein, auch abseits des wohlwollend als „durchwachsen“ zu bezeichnenden Wetters konnte das Metalfest nicht durchweg überzeugen. Ob nun Kleinigkeiten wie eine Zeltbühne, bei der ein Stützpfeiler in der Mitte der Bühne steht, oder organisatorische Fehltritte wie der, dass, wer sich am offiziellen Infopoint wegen einer Running-Order-Verschiebung erkundigt, lediglich die Auskunft bekommt, dazu müsse man bitte an der Kasse fragen, da man am Infopoint keinen Funk habe, lassen nurnoch den Kopf schütteln. Dass zudem nachts auf dem Campingplatz keine Securitys anzutreffen waren, und diese sich, hatte man sie gefunden, schließlich nicht zuständig fühlten, wenn von zwei bis fünf aus einem privaten Partyzelt lautere Musik brüllte, als aus dem offiziellen Partyzelt (!!!) rundete diesen Gesamteindruck nur ab.
Auch das neue Areal konnte mich wenig überzeugen: Zwar für ein Festival durchaus geeignet, ist es schlicht ein Witz, hier mit „Schloss Malming“ zu werben und so den Eindruck zu erwecken, die Atmsphäre des im Burghof der Burg Fraunstein abgehaltenen Summer Nights sei beim Locationwechsel erhalten geblieben – von einem Schloss ist hier nämlich nichts zu sehen.
Wenn auch kein absoluter Fehlgriff, so muss ich doch sagen, dass hier an einigen Stellen noch deutlicher Nachholbedarf besteht, bevor das METALFEST mich voll zu überzeugen weiß.
[Moritz Grütz]

Publiziert am von Marius Mutz und

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