Konzertbericht: Omnia

2012-03-10 Backstage, München

„Real music, for real people“ – so eröffnet OMNIA-Frontmann Sic den Abend im Münchner Backstage. Und fasst ihn gleichermaßen passend zusammen. Während nebenan lautstark der Soulfly-Albenrelease gefeiert wird und im anderen Gebäude die Raggaebeats wummern, spielen OMNIA lebendige Akustikmusik. Von Herzen, für Herzen.

Man muss kein Fan von Teebaumöl, Räucherstäbchen und Dinkelkeksen sein, um das Flair dieser Musik zu spüren und genießen zu können. Die Betonung liegt hierbei allerdings auf „können“, denn OMNIA decken mit ihren nicht alltäglichen Instrumenten eine ungewohnte klangliche Bandbreite ab, die man in diesem Zusammenspiel am ehesten noch von Faun oder Neun Welten kennt. „Pagan Folk“ als Überbegriff trifft es im Kern, nicht aber als Gesamtes.
Didgeridoos im Einklang mit Gitarren, Schlagzeug und Flöten, dazu wahlweise ein Klavier und/oder mehrstimmiger Gesang. Bereits die ersten Lieder wie „Tine Beltaine“ zeigen, wie sich diese gegensätzliche und doch harmonische Mixtur anhören muss. Nach dem furiosen Auftakt, gekrönt vom „Sidhenearlahi Set“, lassen es OMNIA kurzzeitig ruhiger angehen: „NIIV“ und „Free“ sind eher konventionelle Balladen – tiefgründig, aber nicht zu speziell. Es sind willkommene Auszeiten im Tanzmarathon, genau wie die eindringlichen Ansagen vom selbsternannten „Pope Of Paganism“. Ganz egal, ob zunehmende Urbanisierung, staatliche Überwachung, Regierungen oder das Anderssein – Sics Botschaften kommen spürbar und sichtlich von Herzen, sind aber nicht immer das, was man gemeinhin als realitätsnah bezeichnen könnte. Müssen sie auch nicht, denn auch fernab vom Inhalt unterhält der ultragrüne Punk mit Sprüchen im gebrochenen Deutsch wie „Du hast einen Vogel im Kopf“. Dies ist gleichzeitig die Überleitung zu „Toys In The Attic“, dem englischsprachigen Äquivalent zu dieser deutschen Redewendung. Aber auch bei Omnia erkennt man inzwischen: There’s a method in their madness.

Zwar sind und bleiben Sic und Jenny die einzigen beiden Musiker, die vom Licht ganzheitlich erfasst werden, doch Daphyd am Didgeridoo und Philip an der Gitarre spielen sich mehrfach in den Vordergrund, u.a. bei ihrem „Drum’n’Didge“-Part. Neuschlagzeuger Rob hält sich dafür während des gesamten Auftritts im Hintergrund und spielt solide wie unaufgeregt seinen Part. An achter Stelle folgt schließlich der Song, der OMNIAs momentane Kernbotschaft am passendsten zusammenfasst: „I Don’t Speak Human“ – und genausowenig wie sie für die breite Masse sprechen, machen sie auch Musik. Doch obwohl der Text Gegenteiliges verheißt, sind die Inhalte klar und verständlich. Dies ist eine der großen Gemeinsamkeiten der aktuellen Werke „Wolf Love“ und „Musick & Poetree“ mit deren Vorgängern wie „PaganFolk“ oder „Alive!“. Wirkte manches aus früheren Jahren musikalisch noch etwas sperrig und unstrukturiert, so sind die OMNIA-Kompositionen heutzutage für ein breiteres Publikum geeignet. Entsprechend voll (wenngleich nicht ausverkauft) ist auch das Münchner Backstage. Und auch die langjährigen Fans werden nicht enttäuscht, sind beispielsweise „Alive“, das beschwörerische „Wytches‘ Brew“ und das instrumentale Edelstück „Richard Parker’s Fancy“ auch Teil der aktuellen Clubtour-Setliste. Nur das Instrumentarium ist hier und da ein anderes: So sieht man Jenny vermehrt am Klavier und weniger an der Harfe.

Derlei Änderungen sind besonders für OMNIA-Fans nichts Neues: So hat Sänger Steve alias Sic „Dance Until We Die“ bereits mit drei verschiedenen Partnern gerappt, im aktuellen Fall ist es Didgeridoo-Spieler Daphyd. Qualitativ unterscheiden sich die drei Versionen kaum, lediglich Maral als weibliches Gegenstück wirkte von der Stimme bzw. Stimmung nicht optimal. Mit dem Ohrwurmaufruf zu freier Liebe im Wald namens „Love In The Forest“ leiten OMNIA schließlich in den Schlussteil über. Dort wird es (nach dem kleinen Einspieler „Noodle The Poodle“) u.a. mit „Saltatio Vita“ noch einmal tanzwütig, bevor im Zugabenblock bei „Cornwall“ die entsprechenden Flaggen geschwenkt werden – vor und auf der Bühne. Ein versöhnliches Ende, wäre da nicht das beinahe vergessene „Morrigan“ mit seinem eindringlichen „Kill! Maim! Fight! Slay! Die!“. So wird ganz zum Abschluss eben doch nicht zusammen in Träumen geschwelgt, sondern enthusiastisch im Chor geschrien. Ein Stilbruch zu vielen anderen Konzerten, aber für OMNIA wiederum passend, hatte doch besonders Sic eines seiner verbreitenden Zitate in die Tat umgesetzt: The Pope Of Paganism brought back the fun in fundamentalism. Und in noch vielem mehr.

Setliste:
01. Tine Beltaine
02. Auta Luonto
03. Sidhenearlahi Set
04. NIIV
05. Free
06. Toys In The Attic
07. Drum’n‘Didge
08. I Don’t Speak Human
09. Alive
10. Thunder’n‘Lightning
11. Wytches‘ Brew
12. Richard Parker‘s Fancy
13. Dance Until We Die
14. Love In The Forest
15. Noodle The Poodle
16. Saltatio Vita
17. Etrezomp Ni Kelted
18. Fee Ra Huri

19. Cornwall
20. Morrigan

Publiziert am von und Uschi Joas

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert