Konzertbericht: Pain w/ Moonspell, Support

10.11.2012 München, Backstage Werk

Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass PAIN sich das letzte Mal in München die Ehre gaben – bei ihrem schlichtweg beeindruckenden Auftritt am 11.10.2011 in der Backstage Halle. Damals im kleinen Rahmen einer Headliner-Tour mit Engel und Turmion Kätilöt im Gepäck unterwegs, kehren die Schweden um Mastermind Peter Tägtgren dieses Mal im Tross einer Rock-The-Nation-Tour zurück in Bayerns Landeshauptstadt. Begleitet werden sie dabei von gleich vier Bands, die stilistisch vielleicht zueinander, jedoch zumindest auf den ersten Blick nicht so recht zum Headliner passen wollen.

Los geht es um 18:45 mit SCAR OF THE SUN. Sonderlich dankbar ist dieser frühe Slot gewohntermaßen nicht, und auch, wenn der Großteil der Ticketkäufer an diesem Samstag wohl nicht durch Berufstätigkeit entschuldigt ist, hält sich die Zuschauerdichte vor der Bühne noch arg in Grenzen. Wirklich verwunderlich ist das indessen nicht, sind die Athener auch nicht unbedingt, was man einen Geheimtipp nennen könnte – zumindest, was ihre Live-Darbietung angeht: Ist die Musik für sich genommen schon belanglos, ist es hier vor allem Sänger Terry Nikas, welcher sich nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert. Ob es an schlechtem Monitorsound oder doch an mangelndem Talent liegt, kann man natürlich nie mit Gewissheit sagen – Fakt ist: Schön klingt nicht, was der Grieche hier abliefert. Das sieht auch das Publikum so, so dass sich die Reihen während der halbstündigen Show zusehens lichten und der Applaus wohl eher der sympathischen Art des Fronters gilt denn der musikalischen Leistung.

Weiter geht es um 19:30 mit LAKE OF TEARS aus Schweden. Bereits 1992 gegründet, hat man es hier mit einer deutlich routinierteren Truppe zu tun – eine Tatsache, die man dem Fünfer musikalisch auch durchaus anmerkt. Hinsichtlich ihres Auftretens präsentiert sich die Band jedoch ebenfalls nicht eben mitreißend – wirken die Musiker mitunter doch so motiviert, als würde sie grade bei Rewe an der Kasse Klopapier scannen. Das ist insofern durchaus schade, als die Musik der Skandinavier auf Platte so interessant wie vielseitig klingt: Von doom-metallisch („Greater Art“), akustisch („Headstones“) oder layed back („Crimson Cosmos“), über Gothik („Forever Autumn“) bis hin zu feinstem Düster-Rock härterer Gangart („Illwill“) hat die Band in ihrer Karriere schließlich schon so einiges ausprobiert – und das eigentlich stets mit Erfolg.
In anderem Kontext wäre eine Darbietung in dieser Form vielleicht auch vollkommen in Ordnung gegangen – im Hinblick auf den doch eher brachialen Headliner des heutigen Abends jedoch will zumindest bei mir keine Stimmung für die eher sanften Klänge aufkommen.

Und damit sind wir bei einem generellen Problem dieser Tour, das sich bei den im Anschluss auftretenden SWALLOW THE SUN nochmals verdeutlicht: Es sind heute nicht nicht einzelne Vorbands, die nicht ins Programm passen – bei dieser Tour ist der Headliner fehl am Platz.
So fügen sich SWALLOW THE SUN mit ihrem ebenfalls eher Kiffer- als Rockerqualitäten aufweisenden Dark Metal eigentlich perfekt zwischen Lake Of Tears und Moonspell ins Lineup – dass da im Anschluss noch In-Your-Face-Elektro-Rock kommen soll, mutet eher skurril an.
Das Publikum scheint daran jedoch auch keinen Gedanken zu verschwenden und feiert die Herren aus dem finnischen Jyväskylä eine Dreiviertelstunde lang ab, wie man es von ihren Touren mit Bands wie Insomnium kennt.

Spätestens angesichts der Euphorie, mit der MOONSPELL begrüßt werden, ist klar: Auf Pain kommt heute alles andere als ein Heimspiel zu – war das zugegebenermaßen hochwertige Band-Triplett aus dem Düsterrock-Sektor doch ohne Zweifel der stärkere Publikumsmagnet als das Soloprojekt des Hypocrisy-Fronters.
Der wahre Headliner-Gig des Abends beginnt dementsprechend bereits um kurz nach halb zehn, als die Portugiesen um Fernando Ribeiro am Mikrophon die Bühne betreten. So souverän dieser in seiner Position als Sänger und Frontmann auch sein mag – der Aufzug, in dem er sich heute auf die Bretter wagt, ist dann doch jenseits des guten Geschmacks: In Latex-Leggins, Netzoberteil und Römerhelm (!?) erinnert er ein wenig an eine Persiflage auf Morbid-Angel-Kopf David Vincent – und ob es das wirklich braucht, darf durchaus in Frage gestellt werden.
Musikalisch lässt die Band nichts anbrennen und nimmt durch regelmäßige Versuche, die Leute zum Mitklatschen zu animieren, auch gekonnt das Publikum mit: Über eine volle Stunde hinweg wird dieses hier augenscheinlich bestens unterhalten … kein Wunder eigentlich, stimmt hier vom Sound über das Licht bis hin zum Auftreten der Band (von Ribeiros Outfit-Fail einmal abgesehen) aber auch eigentlich alles. Gemessen am Applaus, mit dem die Band nach einer vollen Stunde schließlich verabschiedet wird, bleibt nur eine Frage im Raum stehen: Ist heute eigentlich überhaupt jemand wegen Pain gekommen?

„Ja, aber…“ dürfte die Antwort lauten – denn auch, wenn man das ein oder andere PAIN-Shirt im Publikum sieht, ist die Halle kurz vor Beginn des Headliners doch merklich leerer als während der vorangegangenen Auftritte: Verglichen mit dem Auftritt in der zugegebenermaßen deutlich kleineren, dafür jedoch gesteckt vollen Backstage-Halle im vergangenen Jahr, stehen die Reihen heute eher licht – Körperkontakt kann nahezu überall im Werk problemlos vermieden werden und sogar ein Platz in den ersten Reihen muss hier nicht erst hart erkämpft werden.
Dass das selbst für eine Band wie PAIN keine optimalen Ausgangsbedingungen sind, braucht wohl kaum dazugesagt werden, kommt in solchem Setting im Allgemeinen doch eher selten Partylaune auf. Und in der Tat – als PAIN mit dem flotten „I’m Going In“ loslegen, ist die Stimmung ungefähr so gedrückt wie der Sound. Verdenken kann man dies den Fans, die heute nur für PAIN gekommen sind, kaum – galt es vom Einlass um 18:00 ab gerechnet bis zum Showbeginn um 22:55 doch an die fünf Stunden herum zu bringen.
Gerade gemessen an dem in allen Belangen perfekten Gig der Band im vergangenen Jahr enttäuscht das, was hier und heute geboten ist, aber auch objektiv gesehen in nahezu allen Punkten: Der Sound ist zunächst richtig schlecht und auch nach einigen Nachbesserungen des Tontechnikers noch weit von berauschend entfernt – und auch, wenn die Band sich professionell bemüht … so ganz können PAIN ihren Frust über die enttäuschende Situation nicht verbergen. Verübeln kann man es ihnen kaum – sich vom gefeierten Headliner zum sprichwörtlichen „fünften Rad am Wagen“ degradiert zu sehen, ist ohne Zweifel alles andere als motivierend – für die Fans, die trotz des stolzen Preises von 30€ allein des Headliners wegen gekommen sind, macht das die Gesamtsituation jedoch nicht besser. Dass PAIN die Bühne um 23:50, nach nichtmal einer Stunde Spielzeit also, zugabelos verlassen, passt da nur all zu gut ins Bild – und rundet den Konzertabend auf seine Weise stimmig ab.

Setlist PAIN:
01. I’m Going In
02. End Of The Line
03. Monkey Business
04. Zombie Slam
05. Dirty Woman
06. The Great Pretender
07. It’s Only Them
08. Same Old Song
09. Shut Your Mouth

Wer sich an diesem Abend im Backstage eingefunden hat, weil ihn das Gesamt-Lineup beziehungsweise das Düsterrock-Dreigespann aus LAKE OF TEARS, SWALLOW THE SUN und MOONSPELL gereizt hat, dürfte sich heute wohl bestens unterhalten gefühlt haben. In diesem Fall waren die 30€ für den Eintritt auch defintiv gut investiertes Geld. All jene jedoch, die die „Into Darkness“-Tour als PAIN-Tour mit umfangreicherem Support-Programm missinterpretiert hatten, wurden heute eines Besseren belehrt.
Und so zeigt sich an diesem Fallbeispiel ein weiteres Mal mehr als deutlich die Ambivalenz der Riesentouren von Rock The Nation – wird hier doch gerne mal die ein oder andere Band wohl lediglich aus Namedropping-Gründen ins Lineup genommen und die Treue der Fans ausgenutzt, um so das ein oder andere Ticket mehr zu verkaufen. Denn realistisch gesehen wäre diese Tour ohne PAIN in ansonsten gleicher Zusammenstellung auch kein schlechteres Konzert gewesen – höchstens etwas schlechter besucht.

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